Belgien: Kirche bekräftigt Willen zur Aufarbeitung
Alexandra Sirgant - Pope
Am 10. November 2023 war vom belgischen Parlament ein neuer Ausschuss zur Untersuchung der kirchlichen Missbrauchsfälle in Belgien ins Leben gerufen worden. Zuvor hatte eine TV-Dokumentation des flämischen Fernsehens zu dem Thema in Belgien für Aufsehen gesorgt, im Norden des Landes gab es eine regelrechte Welle der Empörung. In der Reportage „Godvergeten“, übersetzt „Gottvergessen“, kamen rund 20 Personen zu Wort, die in ihrer Kindheit von einem Priester oder einer mit der Kirche in Verbindung stehenden Person missbraucht wurden.
Bei der Anhörung vor der Missbrauchskommission bekräftigten die Bischöfe des Landes am vergangenen Freitag erneut ihr Engagement für Betroffene und ihren Willen zur Aufarbeitung. „Wir wollen es besser machen“, betonte der Erzbischof von Mechelen-Brüssel, Luc Terlinden, danach im Interview mit Radio Vatikan. Die TV-Dokumentation habe in Belgien „enorme Emotionen ausgelöst, denn zum ersten Mal sah und hörte man Opfer sprechen, und zwar mit sehr eindringlichen Aussagen, denn es handelt sich um enormes Leid und um Verbrechen, die begangen wurden“, so der Bischof.
Luc Terlinden bedauerte zugleich, dass in der Fernsehdokumentation weder Kirchenführer noch Personen, die in den Meldestellen Aussagen Betroffener sammeln, angehört worden seien. Er warb dafür, anzuerkennen, was an Aufarbeitung und Prävention durch die Kirche bereits geleistet worden sei.
Prävention verstärkt
Bereits seit 1997 seien Meldestellen und gemischte Kommissionen eingerichtet worden, die sich um die Aufnahme von Opfern kümmerten. In Zusammenarbeit mit dem Parlament sei 2010 eine Schlichtungsstelle eingerichtet worden, die es Opfern, deren Fälle gerichtlich verjährt waren, ermöglicht habe, angehört und anerkannt zu werden. Diese Entschädigungen könnten bis zu 25.000 Euro betragen, so der Bischof. Er verwies weiter auf Präventionsmaßnahmen:
„Wir haben die Prävention verstärkt, insbesondere durch die Ausbildung von Seminaristen, aber auch durch regelmäßige und verpflichtende Sitzungen für alle, die in der Kirche Verantwortung tragen“, so Bischof Terlinden weiter. „Seit 2010 haben wir in ganz Belgien mehr als 60 Schulungen organisiert.“
Die Kirche wolle sich im Zuge ihrer Aufarbeitung auch an nicht-kirchliche Betroffene wenden und eine „umfassende Politik zur Bekämpfung des Missbrauchs“ in der Gesellschaft vorantreiben, kündigte Bischof Terlinden weiter an.
Seit Ende der 1990er Jahre
Der Missbrauchsskandal erschüttert die Kirche in Belgien seit spätestens Ende der 1990er Jahre. 2010 war das „annus horribilis“, als der damalige Bischof von Brügge, Roger Vangelhuwe, seinen Rücktritt einreichte und zugab, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs zutreffend seien. Im selben Jahr sprach ein Bericht (,Adriaensses‘-Bericht) von 500 Fällen sexuellen Missbrauchs in der belgischen Kirche. Damals setzte das Parlament eine erste Kommission zur Untersuchung von Fällen in der Kirche ein.
Ein weiterer Bericht der Bischofskonferenz zu Missbrauchsfällen wurde im Februar 2019 veröffentlicht. Für Ende März 2024 wird nun der Bericht der im vergangenen November eingesetzten Kommission erwartet.
Belgiens Kirche hatte den Vatikan zuletzt darum gebeten, im Fall des zurückgetretenen Bischofs Roger Vangheluwe für Klarheit zu sorgen, der wegen Missbrauchsvorwürfen 2010 von der Leitung der Diözese Brügge zurückgetreten war. Vangheluwe hatte eingeräumt, seine Neffen sexuell missbraucht zu haben.
(vatican news)
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