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Gläubige in der Kathedrale der Heiligen Peter und Paul, Ulaanbaatar (Mongolei) Gläubige in der Kathedrale der Heiligen Peter und Paul, Ulaanbaatar (Mongolei) 

Vor Papstbesuch in der Mongolei: Ein Missionar berichtet

Pater Gilbert Sales von den Scheut Missionaren verließ die Mongolei im Jahr 2005 - von seiner Kongregation zu einem anderen Dienst auf den Philippinen gerufen. Zum Besuch von Papst Franziskus in dem asiatischen Land kehrt der Missionar nun zurück und erzählt seine Geschichte.

Im Gespräch mit dem vatikanischen Fidesdienst erinnert sich der Priester und Missionar der Kongregation vom Unbefleckten Herzen Mariens (CICM) (bekannt auch als „Scheut-Missionare, nach dem Namen des belgischen Ortes, in dem die Kongregation gegründet wurde) an die Anfänge der Mission in der Mongolei: 

„Am 10. Juli 1992 begaben wir uns auf Zehenspitzen in ein unbekanntes Land, gestärkt allein durch durch die Begleitung Jesu Christi, den wir bei jedem Schritt unseres Weges anriefen". Die katholische Kirche hatte ihre Missionstätigkeit in dem asiatischen Land erst Anfang der 1990er Jahre wieder aufnehmen können. Papst Franziskus besucht - als erstes katholisches Kirchenoberhaupt - das riesige zentralasiatischen Land vom 1. bis 4. September.

Das Christentum in seiner nestorianischen Form kam bereits im 7. Jahrhundert nach Zentralasien, in die Mongolei und nach China und hatte im Mittelalter zunächst einen großen Einfluss auf die Mongolen. Nach Erschütterungen und verschiedenen historisch-politischen Ereignissen, in der Ära des Kommunismus sowjetischer Prägung, waren jedoch alle Erfahrungen mit dem christlichen Glauben verschwunden, und es gab keine Kirchen oder Gläubigen im Lande. 

Der heute 60-jährige Missionar Pater Gilbert Sales berichtet Fides vom „Neubeginn" der christlichen Präsenz in der Mongolei: „Wir fühlten uns wie Fremde in einem Land, in dem wir weder die Sprache noch irgendwelche Menschen kannten. Aber uns fehlte nie der Glaube. Wir waren uns der Gegenwart Jesu unter uns sicher und vertrauten immer darauf, dass sich alles zum Guten wenden würde: Der Herr würde die Türen öffnen, an die wir klopften, und uns an der Hand durch die kalte, endlose Steppe führen, die wir um uns herum sahen. (...) Heute kann ich bezeugen, dass Gott tatsächlich alle Türen geöffnet hat, dass er uns seine Gnade und Liebe geschenkt hat, die auf mongolischem Boden Früchte getragen und die Kirche zum Leben erweckt hat."

Drei Missionare - Wiedergeburt des Christentums in der Mongolei

Neben Pater Gilbert Sales waren die beiden anderen Pioniere in der Mongolei der belgische Mitbruder Robert Goessens und der 2018 verstorbene philippinische Missionar Wenceslao Padilla, der später der erste Apostolische Präfekt der Mongolei werden sollte.

Die Anwesenheit der drei Missionare, die 1992 in der Mongolei ankamen, war der erste Schritt zu dem, was sie „eine Wiedergeburt" nannten. Der internationale politische Kontext hatte sich mit dem Fall der Berliner Mauer verändert, und die neue Regierung in Ulaanbaatar zeigte den Wunsch, die Beziehungen zum Heiligen Stuhl wiederherzustellen, der sich bereit erklärte, diplomatische Beziehungen aufzunehmen, mit der gleichzeitigen Vereinbarung, Missionare in das Land zu entsenden.

„Als der Heilige Stuhl seine Bereitschaft bekundete, eine Mission in der Mongolei zu gründen, waren wir begeistert: Es schien uns wie eine neue Gelegenheit und ein neuer Ruf Gottes. Tatsächlich hatten die Scheut-Missionare bereits Anfang des 19. Jahrhunderts die Absicht, eine Gemeinschaft in der Mongolei zu gründen", ein Projekt, das später wegen des Krieges aufgegeben wurde. „Damals, in meinen Dreißigern, war ich gerade zum Priester geweiht worden, und ich stellte mich zur Verfügung, nicht frei von Bedenken, aber im Vertrauen auf den Herrn Jesus. Er hat mich zu einer besonderen Mission berufen", erinnert sich Pater Gilbert.

„Als der Heilige Stuhl seine Bereitschaft bekundete, eine Mission in der Mongolei zu gründen, waren wir begeistert“

Wichtig: Die Landessprache lernen

Der erste Schritt bei der Ankunft im Land war, wie bei jeder Missionsarbeit, das Studium der Landessprache: „Eine schwierige Sprache, die aus Lauten besteht, die nicht leicht auszusprechen sind. Wir lachten, als wir anfangs versuchten, diese Laute nachzuahmen, aber wir gaben nicht auf", erinnert er sich. Die Missionare vertieften sich in das Studium der mongolischen Sprache, besuchten die Universität in der Hauptstadt, und nach und nach verbreitete sich allein durch Mundpropaganda die Nachricht von ihrer Anwesenheit und der Möglichkeit, die Sakramente des katholischen Glaubens im Land zu empfangen.

„Das war die erste Form der Evangelisierung, eine eucharistische Mission: Jesus schenkte sich den Menschen und bot sich auch den Mongolen an“

„Wir feierten die Messe in einem Raum des Hauses, der als Kapelle genutzt wurde. Einige katholische Botschafter und Mitarbeiter westlicher Botschaften begannen, die Messe zu besuchen, und brachten Einheimische mit, die sich dafür interessierten. Das war die erste Form der Evangelisierung, eine eucharistische Mission: Jesus schenkte sich den Menschen und bot sich auch den Mongolen an", erklärt Pater Sales. Die Mission wurde dank informeller Kontakte und jener, die auf die Einladung „komm und sieh" reagierten, weitergeführt. „Wir haben jeden mit einem Lächeln und viel Freude empfangen. Die Menschen kamen zu uns, fragten uns nach dem Grund unseres Glaubens und stellten weitere Fragen über Jesus selbst. Wir begrüssten die ersten mongolischen Gottesdienstbesucher. Es fehlte uns nie an Vertrauen in Gott, der uns jeden Tag seine Liebe zeigte und handelte, indem er die Herzen berührte", bemerkt der Missionar.

„Wir begrüssten die ersten mongolischen Gottesdienstbesucher. Es fehlte uns nie an Vertrauen in Gott, der uns jeden Tag seine Liebe zeigte“

Erste soziale Aktivitäten der kleinen katholischen Gemeinde

Die drei Missionare begannen langsam, sich in einem völlig neuen Umfeld einzuleben, erste menschliche Beziehungen zu knüpfen und Freundschaften mit Einheimischen zu schließen, aber auch Kontakte zu zivilen, sozialen und kulturellen Einrichtungen zu knüpfen. Pater Gilbert Sales wurde bald zum Studenten der mongolischen Sprache und hielt im Gegenzug einen Englischkurs an der Universität, um junge Mongolen zu unterrichten.

Dies war auch der Ort, an dem die kleine katholische Gemeinde ihre ersten sozialen Aktivitäten startete. Pater Gilbert: „Ich sah viele Jugendliche, die allein auf der Straße lebten. Meine Kollegen an der Universität erklärten mir, dass es sich dabei um die Straßenkinder von Ulaanbaatar handelte, die auf eigene Faust lebten und in der kalten Jahreszeit (bei Temperaturen von bis zu 40 Grad unter Null) in die Kanalisation flüchteten, wo die Heizungsrohre verlaufen". Gilbert besuchte sie in ihren grauen, stinkenden Betonbehausungen und und stellte fest, dass dort viele Jungendliche zwischen acht und 15 Jahren kauerten - „alkoholabhängig, gewalttätig, krank und verletzlich, in einer Situation sexueller Promiskuität". Er sei immer wieder zurückgekommen, um diese jungen Menschen zu besuchen: „Ich nahm Essen mit und jedes Mal war es ein besserer Moment. Ich konnte bei manchen sogar den Hauch eines Lächelns erkennen”. Der Missionar gewann die Zuneigung mit unentgeltlichen Gesten der Zärtlichkeit und Freundlichkeit, „die diesen Kindern völlig unbekannt sind, die von der Gesellschaft misshandelt und verachtet werden". Langsam entstand Vertrauen bei dem Versuch, die Kinder und Jugendlichen diesem Leben am Rande der Gesellschaft zu entreißen.

Ein Zentrum für Straßenkinder

So entstand die erste soziale und karitative Initiative der neuen Missionare: Ein Zentrum für Straßenkinder, das unter der Leitung von Pater Sales im Erdgeschoss eines Gebäudes in der Hauptstadt eingerichtet wurde -  das „Verbist Care Centre", das 1995 offiziell als Betreuungseinrichtung eröffnet wurde. Das Zentrum sorgte für Verpflegung, Unterkunft, medizinische Versorgung und einen Bildungsweg, der den Jugendlichen die Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglichte. „Viele haben inzwischen ihr Studium abgeschlossen, haben eine Arbeit und sind Familienväter. Mit einigen stehe ich immer noch in Kontakt. Sie sind unendlich dankbar für die Hilfe, die für sie lebensverändernd war. Ich sage ihnen immer, dass sie mit uns Gott loben sollen", sagt Pater Sales.

„Viele haben inzwischen ihr Studium abgeschlossen, arbeiten dauerhaft und sind Familienväter“

Die ersten Taufen

Das Zeugnis der Missionare zog schließlich auch die mongolischen Bürger an: „Wir begannen, die ersten Taufen zu feiern. Ich erinnere mich noch an die Ergriffenheit des ersten Täuflings, eines mongolischen Jungen, der von einem britischen Ehepaar adoptiert wurde und den Namen Peter erhielt. Wir sangen gemeinsam das Magnifikat: Es war das Werk Gottes, das getan wurde. In den ersten Jahren bildete sich eine Gemeinde von etwa dreißig mongolischen Katholiken. Es war wirklich eine kleine Gemeinschaft von Jüngern, mit einem Merkmal, das uns auszeichnete: die Freude. Die Freude, von Christus geliebt und gerettet zu werden und seine Liebe zu den Mitmenschen zu bringen", so der Missionar.

Das Wachstum der kleinen Kirche in der Mongolei

Nach und nach wurde die kleine Kirche in der Mongolei dank der Unterstützung des Heiligen Stuhls und von Wohltätern aus der ganzen Welt um pastorale und soziale Werke und Erfahrungen bereichert, und es entstanden verschiedene neue Ordensgemeinschaften. „Wenceslao Padilla, der für die Mission verantwortlich war, hatte sofort eine universelle Perspektive und wollte Kongregationen aus der ganzen Welt - jede mit ihrem eigenen Charisma - dazu aufrufen, zur Mission in dem grenzenlosen Land Zentralasiens beizutragen. Viele Orden reagierten positiv, und so kamen neue Missionare und Missionarinnen aus Asien, Afrika, Europa und Lateinamerika und halfen bei der Gründung von Pfarreien, Berufssschulen, Waisenhäusern, Altenheimen, Kliniken, Heimen Opfer häuslicher Gewalt und Kindergärten, die oft in Vororten errichtet wurden, in denen es keine Grundversorgung gab, und die vor allem armen Menschen und mittellosen Familien zugute kamen", erinnert sich Pater Sales.

Die erste katholische Kirche

„Nach etwa zehn Jahren wurde ein katholisches Pastoralzentrum eingerichtet und dann die erste Kirche gebaut, die heutige Kathedrale von Ulaanbaatar, die 2002 geweiht wurde. Unser Bischof Padilla (Apostolischer Präfekt seit 2002) sagte, es sei notwendig, eine Struktur und eine Kirche zu haben, um dem Land, den Behörden und der Bevölkerung die Idee einer stabilen Präsenz zu vermitteln und zu sagen: ,Wir sind hier in der Mongolei und wir wollen bleiben, wir sind nicht unsicher oder vergänglich, wir wollen für immer bei euch sein, wie die Liebe Gottes, die niemals vergeht", fährt der Scheut-Missionar fort.

Dann gab es schließlich die erste Berufung eines jungen Mongolen zum Priestertum; in der Zwischenzeit wurde die Arbeit von einheimischen Katecheten und Freiwilligen auf den Weg gebracht und konsolidiert, und es wurden Pfarreien eröffnet. Pater Gilbert Sales verließ die Mongolei im Jahr 2005 - von seiner Kongregation zu einem anderen Dienst auf den Philippinen gerufen -, als die Gemeinschaft der mongolischen Katholiken über 300 Gläubige zählte und die Mission über die Hauptstadt Ulaanbaatar hinaus expandierte.

Anlässlich des Besuchs von Papst Franziskus kehrt er nun mit großer Dankbarkeit in das Land zurück. Er wird viele der mongolischen Gläubigen, die sich liebevoll an ihn erinnern, treffen und wiedersehen können. Der Gemeinschaft, in der er ein Stück seines Herzens hinterlassen hat, will er sagen: „Geht mit Geduld voran. Der Geist weht, wann und wo er will, und er bringt Frucht. Lasst der Gnade Gottes Raum, um eure Schritte zu lenken. Der Herr hat Großes getan und wird Großes tun: Lasst uns gemeinsam das Magnifikat anstimmen".

(fides - sst) 

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28. August 2023, 11:17