Klimavertriebene? Eine Betroffene aus Mosambik erzählt
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
20 Jahre lang lebte Maria Magdalena Issau in Beira, der zweitgrößten Stadt Mosambiks, wo sie am Strand mit Fisch handelte, um ihre Familie zu ernähren. Doch von Jahr zu Jahr verschmälerte sich ihre Lebensgrundlage - ganz physisch. „Der Strand erodierte, immer öfter kamen Flutwellen“, erzählt Frau Issau in der Vatikan-Pressekonferenz. „2014 zerstörte eine riesige Überschwemmung viele Häuser. Das vertrieb viele Familien für immer. Auch ich verlor mein Hab und Gut und alle meine Lebensmittel, aber wir mussten weiter dort leben, ich hatte keine Möglichkeit, mit meiner Familie anderswo unterzukommen und für alle zu Essen zu besorgen.“
Das Schlimmste stand der Familie noch bevor. Im März 2019 zog der Zyklon Idai durch Ost-Mosambik und hinterließ nichts als Zerstörung. Wenig später, so berichtete Frau Issau, wurden 618 Familien in ein Umsiedlungszentrum 60 km von Beira entfernt gebracht. „Die Regierung gab uns pro Familie ein Grundstück von 20 mal 30 Metern, ein Zelt und stellte ein Standrohr für Wasser auf. Die Familien erhielten auch ein Stück Land zur Bewirtschaftung. Aber weil das zu weit weg lag, hörten viele auf, es zu nutzen.“
Häuser für die Allerärmsten, Hütten für alle anderen
Erst vor ein paar Monaten begann eine NGO, in der Siedlung 200 Häuser für Bedürftige, Witwen und Waisen zu bauen. Frau Issau, die neben ihren fünf eigenen Kindern zwei verwaiste Neffen betreut, kam zum Zug. Andere Familien hatten weniger Glück, sie leben nach wie vor in Zelten oder Hütten.
Die katholische Kirche versucht den Klimavertriebenen in Mosamik zu helfen, bekräftigt Maria Magdalena Issau, die selbst nicht katholisch ist. Von der Umsiedlung an seien Kirchenleute sehr präsent gewesen. „In den ersten Monaten kam der Bischof vorbei, um sich über unsere Situation zu informieren und sich mit uns zu solidarisieren. Die Pfarrei half bei der Verlegung der Decken für fünf Klassenzimmer, und sie baute eine Kapelle als Zeichen der katholischen Präsenz unter den Menschen, wo regelmäßig katechetische Treffen und Feiern stattfinden.“ Die Gemeinde verteilte Kleider an alle und Milch an die Kinder und schaue besonders auf die Armen, hält Frau Issau fest. Auch wenn alles sehr schwierig bleibt.
„Eine Schule gibt es nur bis zur vierten Klasse, die größeren Kinder müssen ins nächste Dorf fünf Kilometer entfernt gehen“, erzählt die Klimavertriebene. „In der Siedlung gibt es keinen Strom, es gibt keine Arbeit und man kann keine Geschäfte machen, es gibt keine Projekte, um die Jugendlichen auszubilden oder die Menschen zu beschäftigen, und für die eine oder andere Arbeit müssen die Menschen viele Kilometer fahren. Die NGO, die uns Essen angeboten hat, hat ihre Tätigkeit vor einem Monat beendet und wir machen uns große Sorgen um unsere Zukunft.“
Soziale Folgen des Klimawandels sind enorm
Was aus den Ausführungen von Maria Magdalena Issau eindringlich spricht: Die sozialen Folgen des Klimawandels sind enorm. Und sie sind vielfach noch gar nicht erkannt. Der sucht das zu ändern. Von mehr als 33 Millionen Menschen, die 2019 flüchteten, wurden zwei Drittel infolge von Naturkatastrophen vertrieben, nicht wegen Krieg und Gewalt. Die Klimakrise entwickle sich gerade zum Hauptauslöser für Vertreibung auf der Welt, war bei der Vorstellung des Dokuments im Vatikan zu hören.
Die Kirche wird in dem Schreiben aufgefordert, sich für einen „ganzheitlichen ökologischen Wandel" einzusetzen, der Mensch und Natur gleichermaßen respektiere. Dies könne etwa mithilfe von Informationskampagnen und Bildungsinitiativen geschehen. Für Klimavertriebene sollten möglichst frühzeitig Hilfsprogramme auf den Weg gebracht werden. So sei es möglich, die schlimmste Not abzuwenden. Überdies wirbt das Papier für einen guten Dialog mit Regierungen und Entscheidungsträgern, um politisch Einfluss nehmen zu können und das Leben von Klimavertriebenen zu erleichtern.
(vatican news – gs)
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