Schönborn: Nächster Papst wird wohl kein Europäer sein
Der nächste Papst wird nach Einschätzung von Kardinal Christoph Schönborn „wahrscheinlich kein Europäer sein". Das schrieb der Wiener Erzbischof in seiner Wochenkolumne in der Zeitung „Heute" (Freitag) mit Blick auf das immer internationaler werdende Kardinalskollegium. Papst Franziskus wird am Samstag im Petersdom insgesamt 20 Kirchenmänner aus aller Welt zu neuen Kardinälen erheben. Unter den neuen Purpurträgern sind zwei aus Brasilien, zwei aus Indien, je einer für Singapur, Nigeria, Ghana, Paraguay, Osttimor, Korea und auch einer für die Mongolei. „Europa ist vertreten durch vier Ernennungen, die USA mit einer. In einigen Jahren wird Europa nur mehr vier Prozent der Weltbevölkerung haben.“ Dazu würde die Abkehr einer Zentrierung auf Europa passen.
Seit seiner eigenen Kardinalsernennung im Jahr 1998 hätten sich Welt und Kirche verändert, so Schönborn. „Damals waren die Europäer unter den Kardinälen noch die Mehrheit. Heute sind sie unter den Neuernannten eine Minderheit."
Zeichen der Einheit sein
Papst Franziskus habe in seinem Pontifikat von Anfang an stark auf die wachsende Kirche in Asien, Afrika und Lateinamerika gesetzt, erklärte der Wiener Erzbischof: „Die Kardinäle werden den nächsten Papst wählen. Er wird wahrscheinlich kein Europäer sein. Seine Aufgabe wird es freilich sein, in dieser zerrissenen Welt ein Zeichen der Einheit zu sein."
Schönborn nimmt von Samstagnachmittag bis Dienstagabend im Vatikan an der von Papst Franziskus einberufenen Kardinalsversammlung (Konsistorium) teil. Wie auch mehrere weitere Kardinäle von außerhalb ist der Wiener Erzbischof bereits in Rom angekommen. So begleitete er am Donnerstag eine Delegation des International Catholic Legislators Network (ICLN) zu einer Audienz beim Papst.
Offizieller Start am Samstagvormittag
Offizieller Start der Kardinalsversammlung ist der Samstagvormittag. Bei einer Pressebegegnung stehen neun der 20 Kardinäle, die am Samstagnachmittag im Petersdom von Papst Franziskus neu in das Kardinalskollegium aufgenommen werden, den Journalisten aus aller Welt Rede und Antwort. Unter den Teilnehmern sind Erzbischof Arthur Roche, Leiter der vatikanischen Gottesdienstbehörde, und der Erzbischof von Manaus in Brasilien, Leonardo Ulrich Steiner.
Das Konsistorium beginnt am Samstag um 16 Uhr mit der feierlichen Kreierung der neuen Kardinäle und wird von übertragen. Danach wollen sich alle im Vatikan versammelten Kardinäle und der Papst mit der Heiligsprechung von zwei Seligen befassen: Kandidaten sind der Ordensgründer und „Vater der Migranten", Giovanni Battista Scalabrini (1839-1905), sowie der argentinische Missionar Artemide Zatti (1880-1951). Im Anschluss empfangen die neuen Kardinäle in separaten Räumen im Apostolischen Palast ihre jeweiligen Gäste zu den traditionellen „Höflichkeitsbesuchen".
Papstbesuch in L'Aquila am Sonntag
Den Sonntagvormittag (28. August) nutzt Papst Franziskus für einen Besuch in der Abruzzenstadt L'Aquila. Dort nimmt er an der traditionsreichen Ablass-Wallfahrt der „Perdonanza Celestiniana" teil. Die jährlich am 28. und 29. August stattfindende Pilgerfahrt geht auf Papst Coelestin V. zurück, der als erster Papst zurücktrat. Außerdem trifft Franziskus Opfer des schweren Erdbebens von 2009 und besucht die wegen der Bebenschäden nach wie vor gesperrte Kathedrale von L'Aquila. Am frühen Sonntagnachmittag reist er in den Vatikan zurück.
Weitere offizielle Treffen mit allen Kardinälen sind für Montag und Dienstag angesetzt. Dann werden die Anwesenden mit dem Papst über die seit Anfang Juni umgesetzte Kurienreform „Praedicate Evangelium" sprechen. Im Vorfeld der Beratungen wurde zuletzt auch über eine mögliche Reform der Regeln für die nächste Papstwahl, das Konklave, spekuliert. Auch die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hatten Veränderungen an der Konklaveordnung vorgenommen.
Während der Montag bisher keinen veröffentlichten Tagesablauf hat, steht am Dienstag ein Termin fest: Am frühen Abend um 17.30 Uhr feiert Papst Franziskus eine Messe mit den neuen Kardinälen im Petersdom. Auch diese wird von übertragen.
Nun 227 Kardinäle, 132 wahlberechtigt
Das Kardinalskollegium ist formal das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, für die Papstwahl zu sorgen, wie es im Kirchenrecht (Can. 349) heißt. Nach den Kardinalserhebungen am Samstag steigt die Gesamtzahl der Kardinäle von 207 auf 227. 132 von ihnen haben das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet und wären damit bei einem künftigen Konklave wahlberechtigt. Schon am 3. September erreicht aber Kardinal Gregorio Rosa Chavez aus El Salvador die Altersgrenze von 80 Jahren und verliert damit sein Stimmrecht.
(kap - schw)
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