Angelus: Die Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Das heutige Evangelium erzählt von einem besonderen Wunder Jesu: Er geht nachts auf dem Wasser des Sees von Galiläa seinen Jüngern entgegen, die in einem Boot übersetzen (vgl. Mt 14,22-33). Die Frage ist: Warum hat Jesus dieses Zeichen gewählt? Wollte er nur Aufsehen erregen? Nein. Vielleicht aus einer dringenden und unvorhersehbaren Notwendigkeit heraus, um den Seinen zu Hilfe zu kommen, die durch den Gegenwind zu kentern drohen? Dabei war es doch Jesus selbst, der alles geplant hat, der sie am Abend aufbrechen ließ, ja sie sogar – wie es im Text heißt – ?dazu gedrängt“ hatte (vgl. V. 22). Vielleicht, um ihnen eine Demonstration seiner Größe und Macht zu geben? Aber das ist nicht seine Art. Aber warum dann? Warum hat er über das Wasser gehen wollen?
Hinter dem Gehen auf dem Wasser verbirgt sich eine Botschaft, die für uns nicht sofort zu erfassen ist. Damals galten große Wasserflächen nämlich als Sitz böser Mächte, die der Mensch nicht beherrschen konnte. Besonders wenn sie vom Sturm aufgewühlt wurden, waren tiefe Wasser ein Symbol für das Chaos und erinnerten an die Finsternis der Unterwelt. Nun befinden sich die Jünger mitten auf dem See, um sie herum nur Dunkelheit: sie haben Angst, unterzugehen, vom Bösen verschlungen zu werden. Und da kommt Jesus, der auf dem Wasser geht, also über diese Mächte des Bösen, und sagt zu seinen Jüngern: ?Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“ (V. 27).
Das ist die Bedeutung des Zeichens: die bösen Mächte, die uns Angst machen und die wir nicht beherrschen können, werden durch Jesus besiegt. Er, der auf dem Wasser geht, will uns sagen: ?Fürchtet euch nicht, ich werde eure Feinde unter meine Füße legen“- eine schöne Botschaft: Habt keine Angst. Nicht die Menschen sind die Feinde, sondern der Tod, die Sünde, der Teufel: diese Feinde zertritt der Herr für uns.
Christus sagt heute zu jedem von uns: ?Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“. Habt Vertrauen, denn ich bin hier, ihr seid nicht mehr allein in den unruhigen Gewässern des Lebens. Was also tun, wenn wir uns auf offenem Meer befinden und dem Gegenwind ausgeliefert sind? Was tun in der Angst, wenn wir nur Dunkelheit sehen und uns verloren fühlen? Wir müssen zwei Dinge tun, die die Jünger im Evangelium tun: Sie rufen Jesus an und nehmen ihn auf. Jesus anrufen und ihn aufnehmen, auf diese beiden Dinge kommt es an.
Sie rufen ihn an: Petrus geht ein Stück auf dem Wasser auf Jesus zu, doch dann erschrickt er, droht unterzugehen und ruft: ?Herr, rette mich!“ (V. 30). Ein schönes Gebet. Es drückt die Gewissheit aus, dass der Herr uns retten kann, dass er das Bedrohliche, unsere Ängste, überwindet. Ich lade euch ein, diesen Satz gemeinsam zu wiederholen. Sagen wir es dreimal: Herr, rette mich!
Und dann nehmen die Jünger Jesus im Boot auf. Der Text sagt, dass, sobald er ins Boot gestiegen war, ?sich der Wind legte“ (V. 32). Der Herr weiß, dass das Boot des Lebens, wie das Boot der Kirche, mit Gegenwind zu kämpfen hat und dass das Meer, auf dem wir segeln, oft rau ist. Er bewahrt uns nicht vor der Mühsal des Segelns, sondern drängt die Seinen – wie es im Evangelium heißt –, die Segel zu setzen: Er lädt uns also ein, uns den Schwierigkeiten zu stellen, damit auch sie zu Orten des Heils, zu Gelegenheiten werden, ihm zu begegnen. Er kommt uns in den Momenten der Dunkelheit entgegen und bittet uns, ihn aufzunehmen, wie in jener Nacht auf dem See.
Fragen wir uns also: Wie verhalte ich mich in meinen Ängsten? Mache ich allein weiter, aus eigener Kraft, oder vertraue ich auf den Herrn? Und wie steht es um meinen Glauben? Glaube ich, dass Christus stärker ist als die Wellen und die widrigen Winde? Aber vor allem: Segle ich mit ihm? Heiße ich ihn willkommen, mache ich ihm Platz auf dem Boot des Lebens, vertraue ich ihm das Ruder an?
Maria, Stern des Meeres, hilf uns in den Nächten des Lebens das Licht Jesu zu finden.
(vaticannews - wd/skr)
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