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Das Logo des Synodalen Wegs, den die katholische Kirche in Deutschland gestartet hat Das Logo des Synodalen Wegs, den die katholische Kirche in Deutschland gestartet hat  

D: Historiker sieht „breite Polarisierung“ in synodalen Debatten

Der Mainzer Kirchenhistoriker Claus Arnold sieht in den Debatten auf dem Weg zur Synode 2023 durch die gerade aktuellen Themen eine Polarisierung auf breiter Ebene in Deutschland, aber auch weltweit. Zugleich sieht er nicht die Gefahr einer Kirchenspaltung, sondern eines Massenexodus. Dies sagte er im Interview mit dem Domradio, in dem er die Synode historisch einordnet.

Der Kirchenhistoriker erklärt im Gespräch mit dem Domradio, dass schon das zweite Vatikanische Konzil die Kirche für die Moderne geöffnet hat und dort zahlreiche Veränderungen angestoßen wurden: „Das Zweite Vatikanum hat eben versucht, eine positive Verhältnisbestimmung zur Moderne zu vollziehen und sich damit eben deutlich abgesetzt von der Pragmatik des 19. Jahrhunderts. Dennoch gibt es doch auch starke Kontinuitäten, eben vor allem, wie sich die katholische Kirche als zentralistische Papstkirche darstellt, wie sie sich im 19. Jahrhundert noch stärker konstituiert hat. Das wirkt im 20. Jahrhundert und bis heute nach.“

Trotzdem sieht Claus Arnold auch inhaltlich einen Schritt nach vorne „zum Beispiel, was den Bereich der Liturgie angeht, was das Verständnis der Offenbarung angeht, was überhaupt die Berücksichtigung der geschichtlichen Dimension in der Theologie angeht, auch die Berücksichtigung des gläubigen Subjekts. Also, Glaube wird eben nicht mehr nur vor allem als Akt des Gehorsams verstanden.“

Deutschlands Vorreiterrolle beim Vatikanum

Dies sei jedoch im Vorfeld des Konzils nicht absehbar gewesen. So hätten sich zwar einzelne Länder ein „Vorreiterrolle“ gespielt, darunter neben Deutschland auch Frankreich und Belgien. Auf dem Konzil habe sich dann eine Dynamik in Richtung Reformen eingestellt. „Und, dann gab es eben diese Vorreiter-Gruppen, die dann sehr erfolgreich im Grunde genommen die Majorität der Bischöfe in die Richtung der Reformen dann auch gelenkt haben.

So hätten damals schon Theologen aus Deutschland, etwa Karl Rahner überlegt, wie sie Veränderungen anstreben können, obwohl diese nicht von der Weltkirche oder gar der Kurie vertreten wurden, so hätte es „gerade von Deutschland aus auch andere Perspektiven, die nicht der kurialen Vorbereitung entsprochen haben“, gegeben. „Das ist also im Grunde genommen nichts Neues.“

„Aber ich denke, heute haben wir diese ‚Kulturkampf‘-Themen, diese Ja-Nein-Themen, die vielleicht noch mal eine viel stärkere Polarisierung und eine Polarisierung auf breiterer Basis, als wir sie vom Zweiten Vatikanum hatten, hervorrufen.“

„Natürlich ist der Synodale Weg in Deutschland heute ganz anders strukturiert. Vor dem Zweiten Vatikanum gab es zwar auch Laien-Eingaben und so weiter. Also, es gab doch auch eine breite Beteiligung. Aber letztendlich war es eben konzentriert auf eine relativ kleine Gruppe von Bischöfen und Theologen, die sich darauf vorbereiteten, andere Perspektiven beim Konzil einzubringen. In dieser Institutionalisierung heute, wie wir es beim Synodalen Weg haben, ist das natürlich etwas anders aufgestellt.“

„Natürlich ist der Synodale Weg in Deutschland heute ganz anders strukturiert“

Kulturkampf der Themen

Vor allem seien es heute andere Themen, die in der Kirche diskutiert werden und die auch zu größeren Spannungen führen, so der Kirchenhistoriker: „Durch die Frage der Sexualmoral und letztendlich auch die Frage der Stellung der Frau in der Kirche sind nun auch Themen dabei, die eine stärkere Polarisierung hervorrufen, als wenn es nur um das Verständnis der Rolle des Papstes oder um die Religionsfreiheit geht.“

„Aber ich denke, heute haben wir diese ‚Kulturkampf‘-Themen, diese Ja-Nein-Themen, die ja auch in anderen christlichen Konfessionen - gerade die Anglikaner haben sich vor Kurzem mit der Homosexualität neu beschäftigt - die vielleicht noch mal eine viel stärkere Polarisierung und eine Polarisierung auf breiterer Basis, als wir sie vom Zweiten Vatikanum hatten, hervorrufen.“

„Ich sehe nicht eine Massen-Absetzbewegung Richtung Protestantismus oder zum Alt-Katholizismus oder gar eine neue Kirchen-Gründung. Ich glaube eher, dass hier die Gefahr eines Massenexodus besteht“

So sieht er auch das Zweite Vatikanum als Prozess. Ob so etwas auch bei der Synode 2023 passieren könnte, hänge stark von den Teilnehmern ab und davon, was die Gesamtkirche möchte. Bisher gebe es noch keine Dokumente „was aus Afrika, was aus Asien usw. an Impulsen zur Bischofssynode kommt. Es gibt schon gewisse Anzeichen.“


Dabei sieht Claus Arnold Papst Franziskus und die Kurie in der Pflicht, Spielräume zu schaffen und nicht wie bei der Amazonassynode eine klare Regie vorzugeben: „Dann kann sich vielleicht etwas Ähnliches ereignen (wie beim Zweiten Vatikanum), das man feststellt, dass man sich doch auf bestimmte Dinge auch weltkirchlich gesehen einigen kann. Ich denke, das ist jetzt auch nicht ausgeschlossen durch die letzte Äußerung der Kurie.“

Keine Tendenz zu Kirchenspaltung

Ob die Ergebnisse zu einer Kirchenspaltung führen, einer zweiten Reformation, könne er nicht sagen. „Andererseits sehe ich eher weniger die Tendenz zu einer Kirchenspaltung, sondern tatsächlich eben, dass der Säkularisierungsprozess sich rasant beschleunigt in einer Weise, der dazu führt, dass die katholische Kirche dann nicht mehr so dastehen und so die Rolle haben wird, wie sie die heute noch hat.“

Claus Arnold rechnet auch nicht mit einer „Massen-Absetzbewegung Richtung Protestantismus oder zum Alt-Katholizismus oder gar eine neue Kirchen-Gründung. Ich glaube eher, dass hier die Gefahr eines Massenexodus besteht“, so der Historiker.

Für ihn ist eher eine Herausforderung der Synode, dass die weltweite Kirche, etwa in Amerika oder in England, eher konservativer werde und dies die Bewegungsbereitschaft zu Reformen nicht födern würde.

(domradio - schw) 

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12. August 2022, 11:07