Kongo: Kirchenvertreter werben für Friedenspakt
Man habe die Gesprächspartner überzeugen wollen, „dass der bewaffnete Kampf keine Lösung ist“, und ihnen den Vorschlag eines „Sozialpaktes für Frieden und Zusammenleben in der Demokratischen Republik Kongo“ unterbreitet, erklärte der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz des Landes, Donatien Nshole.
Seitens der M23 war bei der Begegnung am Mittwoch u. a. Corneille Nangaa, Koordinator des politischen Flügels der Miliz, vertreten. Auf Kirchenseite nahmen neben Nshole auch Vertreter der protestantischen „Kirche Christi im Kongo“ (Église du Christ au Congo, ECC) teil. Bereits zuvor hatte die ökumenische Delegation Gespräche mit dem kongolesischen Präsidenten Felix Tshisekedi in der Hauptstadt Kinshasa geführt. Hinter allem stehe das Bemühen, „alle politischen Parteien zu sensibilisieren, die für die Lösung der Krise und den Aufbau eines dauerhaften Friedens wichtig sind“, sagte Generalsekretär Nshole.
Der Bischofskonferenz-Vertreter sagte nach dem Treffen, die Rebellenführung habe sich offen für Dialog gezeigt. Er sei überzeugt, dass es Raum für Verhandlungen gebe, um den Konflikt friedlich zu lösen, so Nshole. „Wir haben unsere Dynamik für den Dialog erläutert, und unsere Gesprächspartner haben sich bereiterklärt, daran teilzunehmen.“ Die Initiative „Sozialpakt für den Frieden und das Zusammenleben in der Demokratischen Republik Kongo“ zielt darauf ab, Dialog unter Einbeziehung aller Beteiligten, einschließlich der Rebellen und soziopolitischen Akteure im Exil, zu suchen.
Um der Initiative mehr Rückhalt zu verleihen und die gesamte Region über die Grenzen Kongos und Ruandas einzubeziehen, haben die Kirchenvertreter auch Nachbarländer um Unterstützung gebeten. Kontaktiert wurden dabei der Präsident von Simbabwe, Emmerson Mnangagwa, der zugleich amtierender Präsident der „Southern African Development Community“ (SADC) ist, sowie Kenias Präsident William Ruto als Präsident der „East African Community“ (AEC).
Vormarsch der Miliz dauert an
Die offenbar von Ruanda unterstützte M23-Miliz hatte nach ihrer Einnahme von Goma - der Hauptstadt der kongolesischen Provinz Nordkivu - am 3. Februar „aus humanitären Gründen“ eine Waffenruhe ausgerufen, die am 4. Februar in Kraft trat. Der Waffenstillstand sei seither jedoch gebrochen worden und habe im Grunde nur den Rebellen und der ruandischen Armee gedient, ihre Truppen mit Waffen, Munition und Proviant zu versorgen, vermeldete der römische Pressedienst Fides in den vergangenen Tagen unter Bezugnahme auf kirchliche Beobachter. Augenscheinliches Ziel sei es, den Vormarsch in Richtung Süden fortzusetzen und auch Bukavu, die 200 Kilometer südlich gelegene Hauptstadt der Provinz Südkivu, sowie dessen strategisch wichtigen Flughafen einzunehmen.
Auf diplomatischer Ebene wird die Krise im Osten der Demokratischen Republik Kongo auf dem Gipfeltreffen der Afrikanischen Union in Addis Abeba (Äthiopien) an diesem Wochenende erörtert werden. Dass dabei mehr herauskomme als Versprechen von Sanktionen gegen Ruanda, die dann jedoch nicht eingehalten werden, wird von Kirchenvertretern der Region bezweifelt.
In Goma geht unterdessen das Drama um Hunderttausende von Vertriebenen weiter, die zum Verlassen ihrer temporären Unterkünfte gezwungen wurden, weil laut den M23-Rebellen „die Sicherheitslage wiederhergestellt“ worden sei. Mit diesem „politischen Schachzug“ wollten die neuen Herren demonstrieren, dass sie die Situation unter Kontrolle hätten, vermuten Beobachter aus der Region. Die Dörfer, in welche die Menschen zurückkehren sollten, seien in einigen Fällen 30 bis 40 Kilometer von Goma entfernt – „ohne dass es eine Garantie dafür gibt, dass sie ihre Häuser und die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben vorfinden“. Deshalb versuchten viele, weiterhin in Goma unterzukommen.
„Apokalyptische Verhältnisse“
Wie dramatisch die humanitäre Situation in der Region ist, verdeutlichen die Berichte internationaler Beobachter. Der Österreicher Marcus Bachmann von „Ärzte ohne Grenzen“, der sich derzeit in Bukavu befindet, sprach am Freitag gegenüber der Austria Presse Agentur (APA) von „dystopischen, apokalyptischen Verhältnissen“ und von Panik in der Bevölkerung. Die Milizen gingen „extrem brutal“ vor, Leichen ihres Eroberungszuges würden jetzt noch laufend geborgen und das Ausmaß der Katastrophe sei noch nicht absehbar, so der Einsatzleiter. Laut offiziellen Angaben wurden in dem aktuellen Konflikt bisher rund 3.000 Menschen getötet und Hunderttausende vertrieben.
Wie Bachmann erklärte, sei mancherorts die Infrastruktur angesichts der Zigtausenden Binnenflüchtlinge zusammengebrochen, und es gebe teilweise keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mehr. Gefährlich sei die Situation für die Zivilbevölkerung vor allem in den Zonen hinter der Frontlinie, die „auf beiden Seiten extrem militarisiert“ seien. Es komme immer wieder zu Übergriffen auf die Bevölkerung, zu Zwangsrekrutierungen und sexueller Gewalt.
Der erneut aufgeflammte Konflikt im Osten des Kongo hat seit Anfang 2022 Tausende Menschen das Leben gekostet und mehr als eine Million in die Flucht getrieben. Der Kongo, die UNO und mehrere westliche Länder beschuldigen Ruanda, die M23-Rebellen zu unterstützen und zu bewaffnen. Die kongolesische Regierung wirft Ruanda vor, es auf die wichtigen Rohstoffe der Region - darunter Gold, Nickel, Kobalt, Kupfer und das Erz Coltan - abgesehen zu haben. Ruanda wiederum spricht vom Schutz seiner territorialen Sicherheit und der Volksgruppe der Tutsi im Kongo.
(kap – sk)
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