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Friedhof von Mykolajiw in der Südukraine (2022) Friedhof von Mykolajiw in der Südukraine (2022)  (ANSA)

Ukrainischer Priester: Krieg tritt unsere Würde mit den Füßen

Roman Ostrovskyy ist Vizerektor des griechisch-katholischen Priesterseminars in Kyiv. Im Interview mit Radio Vatikan sagt er, auch im dritten Jahr des Konflikts in der Ukraine wolle man die Hoffnung nicht fahren lassen und weitermachen. Aber es sei schwierig, etwas zu planen: „Wir wissen ja nie, wohin die nächste Bombe fällt. Der Glaube hilft uns, auch an den dunkelsten Tagen weiterzumachen."

Svitlana Dukhovich und Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

„Spes non confundit“, „die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen",  dieser Vers aus dem Römerbrief (vgl. Röm 5,5) ist der Titel der , das diesen 24. Dezember beginnt. Angesichts von Kriegen und Ungerechtigkeit in der Welt wirbt Papst Franziskus für Zeichen der Hoffnung. Die Papstbulle zum Heiligen Jahr, in der es um die Hoffnung geht, hat auch der ukrainische Priester Roman Ostrovskyy aufmerksam gelesen. Der Bibelwissenschaftler hat in Rom an der Päpstlichen Gregoriana Universität studiert und unterrichtet nun am Priesterseminar in Kyiv. Er sagt :

Zum Nachhören - die Lage in der Ukraine

„So lange ein Mensch lebt, hat er immer Hoffnung, er wünscht sich, dass die Dinge besser werden und will daran glauben, dass wir in der Lage sind, Dinge zu ändern. Ich habe die Papst-Bulle aufmerksam gelesen und viel Interessantes und Schönes gefunden. Etwa, dass der Heilige Vater vom christlichen Leben als einem Weg spricht, bei dem das Ziel die Begegnung mit dem Herrn ist, so wie auch beim Heiligen Jahr. Die Katholiken und alle Christen in der Ukraine spüren die Präsenz Jesu, der sie beschützt. Das Leid wird aber auch immer größer, wir sind im dritten Kriegsjahr und die Leute nimmt das sehr mit: Sie sind müde, verlieren die Hoffnung, dass sich hier etwas zum Guten bessern kann, dass unsere Stimme gehört wird",  berichtet uns der Vizerektor des griechisch-katholischen Seminars in Kyiv. 

Der Priester Roman Ostrovskyy, Vizerektor des Seminars in Kyiv
Der Priester Roman Ostrovskyy, Vizerektor des Seminars in Kyiv

„So lange ein Mensch lebt, hat er immer Hoffnung, er wünscht sich, dass die Dinge besser werden und will daran glauben, dass wir in der Lage sind, Dinge zu ändern“

Es ist kein Computerspiel

Zu Beginn des Kriegs habe es viel Angst gegeben, aber auch Hoffnung, weil die Ukraine sich verteidigte und sich etwas bewegte, erinnert sich der junge Priester. Der anhaltende Krieg und das andauernde Leid sowie die Unsicherheit führten nun bei vielen Leuten zu Antriebslosigkeit:  

„Es ist wirklich sehr schwierig, für uns, ans Morgen zu denken und zu wissen, was sein wird. In der Ukraine können wir maximal für eine Woche planen, alles andere ist unrealistisch. Wenn der Bobmbenalarm erschallt, versuchen alle, sich in Sicherheit zu bringen...Alle warten darauf, was passieren wird, welches Stück Land uns noch genommen werden wird. Und das Schlimmste daran ist, dass wir uns alleine nicht verteidigen können. Manchmal fühlt es sich an, wie in einem Computerspiel, die Leute schauen sich das an, aber keiner will in der Realität mitmachen und den Leuten helfen, die wirklich Hilfe brauchen und vor allem, den Angreifer stoppen."

„Die Welt müsste stärker reagieren und auch mehr darüber reden, denn der Angriff geht weiter!“

Der Glaube hilft

In dieser schwierigen Lage sei der Glaube vielen Menschen eine Stütze: „Natürlich hilft der Glaube sehr, Gebete sind heilsam und helfen auch, an den dunkelsten Tagen, weiterzumachen und etwas Licht zu sehen und Vertrauen in den Herrn zu haben, der uns nicht verlassen wird." Es sei jedoch manchmal wirklich sehr schwierig, etwa wenn es darum gehe, Kindern sagen zu müssen, dass ihr Vater im Krieg getötet wurde. Er wisse von Familien, die das ihren Kindern nicht sagen, um die geistige Gesundheit der Kinder nicht zu gefährden. â€žUnd es gibt hunderte, tausender solcher Tragödien in Familien. Die Welt müsste stärker reagieren und auch mehr darüber reden, denn der Angriff geht weiter!" 

Ein weiteres Problem ist die Trennung vieler Familien durch den Krieg. â€žViele Mütter mit ihren Kindern mussten das Land verlassen, die Männer und Väter sind geblieben, ein Teil von ihnen kämpft an der Front. Es gibt sehr viele Familien, die so ,auseinanderfallen`, Frauen und Kinder sind in anderen Ländern und die Männer können nicht zu ihnen, das alles führt zu großen Spannungen und betrifft viele Familien."

Heiliges Jahr im Krieg

Für das kommende Heilige Jahr fürchtet der ukrainische Priester, dass sein Land es weiter im Krieg begehen könnte. Bisher seien jedenfalls keine Planungen von besonderen Aktivitäten zum Heiligen Jahr möglich. Auch auf die sehr beliebten Pilgeraktivitäten müsse wohl verzichtet werden. 

„Die Menschenwürde wird hier wirklich mit Füßen getreten“

„Jedes Mal, wenn wir etwas planen, müssen wir damit rechnen, dass es bei uns Bombenangriffe geben könnte. Es muss immer sichere Orte in der Nähe geben und Fluchtwege. Schon alle ,normalen`Aktivitäten stehen deshalb in Frage", verdeutlicht der Priester.

Das Heilige Jahr sei aber dennoch eine Gelegenheit, Hoffnung zu haben und Trost zu empfinden. Es könne den Leidenden helfen, die Barmherzigkeit Gottes zu spüren. Angesichts des anhaltenden Kriegs sei dies aber manchmal wirklich schwierig. Die Armut im Land sei groß, oftmals seien besonders alte und einsame Menschen zurück geblieben, sowie Binennvertriebene. „Die Menschenwürde wird hier wirklich mit Füßen getreten. Wenn wir sehen, wie Bomben Krankenhäuser treffen oder Kindergärten und es gibt daraufhin keine Reaktionen, dann nimmt das die Hoffnung und lässt einen ziemlich pessimistisch in die Zukunft schauen."

(vatican news)

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12. Juni 2024, 12:44