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Lviv: Verteilung von humanitärer Hilfe Lviv: Verteilung von humanitärer Hilfe 

Ukraine: Wie aus den Schrecken des Krieges Freundschaft entsteht

Die italienische Neurologin Matilde Leonardi hat in der westukrainischen Metropole Lemberg ein Netzwerk aufgebaut, um den Kriegsvertriebenen Hilfe zu leisten und ihnen das Nötigste zukommen zu lassen. In ihrer Mission hat sich die Ärztin der bereits bekannten Realität der so genannten „Internate“ genähert, Einrichtungen, in denen nach sowjetischem Vorbild Menschen mit Behinderungen, aber auch Kinder armer Eltern eingesperrt wurden.

Svitlana Dukhovych und Mario Galgano - Vatikanstadt

Es ist keine übliche Geschichte des Krieges oder derjenigen, die den Leidtragenden helfen, sondern eine Darstellung wahrer Freundschaft, die es nicht zulässt, dass die engsten Bande aufgegeben werden sollten. Das ist die Geschichte von Matilde Leonardi und was sie in der Ukraine erlebt hat. Die Ärztin, Leiterin einer neurologischen Abteilung am Nationalen Neurologischen Institut Besta in Mailand und Mitglied der Päpstlichen Akademie des Lebens, wurde kurz nach Kriegsbeginn, im März 2022, von ihrem Freund Pater Ihor Boyko, Rektor des Priesterseminars in Lemberg und ebenfalls Mitglied derselben Akademie, um Hilfe gebeten, da eine große Zahl von Flüchtlingen in seiner Stadt ankam. Von diesem Moment an wurde dank der Zusammenarbeit zwischen Leonardi und Pater Giuseppe Bettoni, Präsident und Gründer der „Fondazione Arché“, ein dichtes Netz der Solidarität geknüpft.

„Das war der Anfang dieser Geschichte“, sagt die Ärztin, „die dazu führte, dass bis 2023 vierzig Missionen in die Ukraine gingen und immer mehr Menschen zu Freunden von Pater Ihor wurden. Die Tatsache, dass diese Güter bei uns im Priesterseminar von Pater Ihor in Lviv ankamen und dann direkt an die Menschen verteilt wurden, schuf Vertrauen, sowohl bei den Spendern als auch bei den Empfängern. Ich hatte den Eindruck, dass dies die beste Art und Weise war, auf den Krieg zu reagieren: Hilfe in Form von Lebensmitteln, Medikamenten und Kleidung zu leisten.“

Die Schließung der Internate

Matilde Leonardi, die vor dem Krieg als Behindertenexpertin als Beraterin der Regierung in Kyiv tätig war, kannte die Ukraine bereits gut. Ihre Aufgabe war es, den Schließungsprozess der „Internate“ zu bewerten.

„Das sind Einrichtungen, in denen nach sowjetischem Vorbild Menschen mit Behinderungen eingesperrt wurden“, erklärt Leonardi und fügt an: „Es waren nicht unbedingt nur Waisen, sondern auch Kinder armer Eltern oder solche mit Alkoholismus oder anderen Schwierigkeiten.“ In den „Internaten“ lebten vor dem Krieg etwa 260.000 Menschen, darunter Erwachsene und Kinder, und ihr Weg zur Schließung, fügt die Neurologin hinzu. „Die Schliessung war sicherlich eine Entscheidung, die die Ukraine näher an Europa heranführt.“

Als der Krieg ausbrach, versuchte Leonardi zu verfolgen, was in den „Internaten“ im Donbass und auf der Krim geschah, und das Schicksal der Eingeschlossenen zu ergründen. Leider gebe es jedoch kein zuverlässiges Register, insbesondere nicht für die Kinder in den Heimen und fügt an:

„Sicher ist, dass beim Einmarsch der Russen in die Kriegsgebiete der Status dieser Menschen verletzt wurde, denn sie wurden gewaltsam verschleppt und viele verschwanden.“

Die Inklusions-Pizzeria Vittoria

Matilde Leonardi begann sich für das Schicksal der Behinderten in der Ukraine zu interessieren, als sie Zherelo, ein soziales Rehabilitationsinstitut in Lviv (Lemberg), kennenlernte. „Es ist ein sehr fortschrittliches Institut, in dem versucht wird, behinderte Menschen zu integrieren und nicht auszugrenzen“, erläutert sie. Während des Besuchs bei Zherelo geht ein Luftangriffsalarm los, der alle zwingt, in den Keller zu rennen. In der Dunkelheit des Bunkers, um der Angst zu entkommen, entwirft Leonardi ein Projekt: eine Integrations-Pizzeria in Lviv, die „Vittoria“ heißen und in der Menschen mit Behinderung und Kriegsveteranen arbeiten werden. Leonardi bezieht in seine Projekte auch die Katholische Universität Mailand ein, an der sie doziert, denn „die Zukunft besteht darin, Pizzerien zu eröffnen, Universitätskurse zu geben, mit Kollegen zusammenzuarbeiten, Brücken zu bauen und für den Frieden zu arbeiten, denn ich glaube, dass die Kultur zusammen mit der Kunst, der Musik und der Wissenschaft die Grundlage des Friedens ist.“

Dies ist der Ausgangspunkt für den im März nächsten Jahres beginnenden Kurs über Behindertenmanagement in der Ukraine. Dazu sagt sie:

„Ich glaube, dass die Universität das Vehikel für die Schaffung einer Kultur sein kann, denn wir können nicht zum sowjetischen Modell des Internats zurückkehren.“

Die Ukraine der Zukunft

Selbst aus etwas so Hässlichem wie einem Krieg „kann eine Ukraine entstehen, die sich vom sowjetischen Modell der Isolation unterscheidet und die das Modell der Inklusion, wenn auch auf dem Höhepunkt seiner Tragödie, zu einem Motiv für die soziale Erneuerung der künftigen Ukraine macht“. Deshalb unterstütze Leonardi zwei große Rehabilitationseinrichtungen in Lemberg, dank „äußerst großzügige“ Spender, um zu verhindern, dass die mehr als 90.000 Behinderten, die dieser Krieg hervorgebracht habe und die zwischen 25 und 35 Jahre alt sind, zu Rentnern werden oder als solche leben.

„Man muss an eine Ukraine der Zukunft denken, in der Gebrechlichkeit nach dem Krieg zwar ein Bestandteil des Menschen bleiben wird. Deshalb muss die Gebrechlichkeit von der Gesellschaft willkommen geheißen werden, sie muss einbezogen werden, sie muss als Teil der Dimension des Lebens betrachtet werden. In der Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges hoffe ich daher, dass alle Menschen, die den Krieg erlebt haben, unsere Freunde in der Ukraine niemals allein zu lassen.“

(vatican news)

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12. Januar 2024, 12:51