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Unruhen vor dem Sitz der sozialistischen Regierungspartei in Madrid, am Mittwoch Unruhen vor dem Sitz der sozialistischen Regierungspartei in Madrid, am Mittwoch  (AFP OR LICENSORS)

Spanien: Kardinal besorgt über Konfrontation

Der Erzbischof von Barcelona, Kardinal Juan José Omella, hofft, dass sich die extrem aufgeheizte Stimmung in der Gesellschaft Spaniens in nächster Zeit wieder etwas beruhigt. Das sagte er in einem Interview mit dem Radiosender Cope.

„Wir sollten lernen, einander als Familie zu respektieren, auch wenn wir verschieden sind. Ehemann, Ehefrau, Kinder, Geschwister: In einer Familie sind wir unterschiedlich, aber wir leben trotzdem zusammen. Ich glaube, dass dies auch ein Aufruf an uns ist, zu lernen, in dieser Zeit in unserer sehr vielfältigen Gesellschaft zusammenzuleben.“

Erbitterter Streit über geplante Amnestie

Omella äußerte sich vor drei Tagen nach der Einweihung der vier neuen Türme an der Basilika Sagrada Familia. Das Interview fällt in einen Moment starker innenpolitischer Polarisierung; der sozialistische Ministerpräsident Pedro Sánchez hat für seine Wiederwahl im Parlament an diesem Donnerstag nämlich einen äußerst umstrittenen Pakt mit katalanischen Separatisten geschlossen.

Sánchez an diesem Donnerstag im Parlament - vor der Debatte über seine Wiederwahl
Sánchez an diesem Donnerstag im Parlament - vor der Debatte über seine Wiederwahl

Eine Amnestie, wie sie in der spanischen Verfassung gar nicht vorgesehen ist, sichert Drahtziehern und Unterstützern des verfassungswidrigen katalanischen Unabhängigkeitsreferendums von 2017 Straffreiheit zu; dagegen laufen viele Spanier Sturm. Bei dem Streit geht es um die Verfassung, um Wortbruch, um die spanische und die katalanische Identität.

Spaniens Kirche hofft auf eine Abkühlung der heftigen innenpolitischen Emotionen - ein Bericht von Pope

Omella äußert sich in dem Interview nicht direkt zur Politik, will aber die Botschaft der Sagrada Familia, die der Heiligen Familie geweiht ist, auf die Gesellschaft als ganze gemünzt wissen.

Kardinal Omella von Barcelona
Kardinal Omella von Barcelona

„Unsere Identität wächst nicht in der Konfrontation!“

„Ich glaube, dass die Botschaft der Heiligen Familie von Nazareth eine sehr schöne Botschaft ist, weil sie in gewisser Weise das Geheimnis der Dreifaltigkeit wiedergibt, wo es Vater, Sohn und Geist gibt und sie in Gemeinschaft leben. Die Ehe, die Familie, ist ein Symbol für diese trinitarische Gemeinschaft. Jesus, Maria und der heilige Josef sind ganz unterschiedlich, aber sie leben das Geheimnis der Liebe. Und das ist eine Botschaft für uns: Unsere Identität wächst nicht in der Konfrontation! Meine persönliche Identität wächst, wenn ich die Vielfalt der anderen akzeptiere. Ich hoffe, wir lernen das nicht nur auf der Ebene der Kirche, sondern auch auf der Ebene der Familie, auf der Ebene der Gesellschaft. Und wie sehr wünschte ich mir, dass dies auch auf der politischen Ebene möglich wäre, wo wir in so turbulenten Zeiten leben! Es geht um den Dialog zwischen allen und die Akzeptanz der Vielfalt, aber alles für das Gemeinwohl.“

Die Sagrada Familia
Die Sagrada Familia

Bischof nennt Amnestie unmoralisch

So abgewogen äußern sich nicht alle Bischöfe. „Dass einige Politiker andere Politiker amnestieren als Gegenleistung dafür, dass sie mit ihren Stimmen an der Macht bleiben, ist unmoralisch“, urteilt der Bischof von Alicante, José Ignacio Munilla. Von Lügen und Fallstricken, von schädlichen Folgen der Amnestie für das ganze Land spricht Oviedos Erbzischof Jesus Sanz. Die Bischofskonferenz hat sich bisher nicht zu einer gemeinsamen Stellungnahme durchringen können.

Der Kardinal von Barcelona lässt sich nicht auf einen hitzigen Ton ein. Lieber lobt er die völkerverbindende Botschaft der Sagrada Familia. Und er verrät in dem Interview, dass der Seligsprechungsprozess für Antoní Gaudí, den genialen Architekten der Basilika, gut vorankommt.

Demonstranten in Madrid am Mittwoch
Demonstranten in Madrid am Mittwoch

„Gaudí braucht vor Seligsprechung noch ein Wunder“

„Die Stellungnahme, die ich als eine Art Doktorarbeit für seine Selig- und Heiligsprechung bezeichnen würde, ist dem Dikasterium bereits zugegangen; sie ist fast 2000 Seiten lang, eine eingehende Studie über seine Person, sein Werk, seine Spiritualität. Und der Präfekt des Dikasteriums sagte mir neulich, dass sie davon beeindruckt seien, dass ihnen die Studie sehr gut gefalle und dass sie jetzt von den Theologen untersucht werde; der Präfekt sagte mir, alles sei auf einem guten Weg. Ich hoffe also, dass er bald für verehrungswürdig erklärt und dann so schnell wie möglich selig gesprochen wird. Es fehlt zwar noch ein Wunder, aber ich glaube, dass das große Wunder in gewisser Weise dieses Werk ist…“

Omella ruft die Gläubigen dazu auf, sich in ihren Nöten verstärkt im Gebet an Gaudí zu wenden, damit das fehlende Wunder bald eintreten kann. Vielleicht kann das katalanische Genie ja von jenseits des Grabes für ein bisschen Frieden in der polarisierten Gesellschaft Spaniens sorgen...

(cope/vatican news – sk)
 

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16. November 2023, 12:10