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Bei seinem Moskau-Besuch Ende Juni betete Kardinal Zuppi vor einer berühmten Marien-Ikone © Avvenire Bei seinem Moskau-Besuch Ende Juni betete Kardinal Zuppi vor einer berühmten Marien-Ikone © Avvenire 

Ukrainische Kirche hofft auf Zuppi

Die griechisch-katholische Kirche der Ukraine setzt „große Hoffnungen“ in die Gespräche von Kardinal Matteo Zuppi in Peking. „Seine Mission ist wichtig; wir wissen, dass China ein großer geopolitischer Akteur ist, der angibt, sich für den Frieden einzusetzen.“

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Das sagte der Großerzbischof von Kyiv, Swjatoslaw Schewtschuk, am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Rom. Er wies darauf hin, dass Peking ja immer wieder seine Bereitschaft erkläre, etwas für den Frieden in der Ukraine zu tun. Schewtschuk wörtlich: „Es wäre interessant zu wissen, was der chinesische Friedensvorschlag für die Ukraine ist...“ Zwar hat das Pekinger Regime im März einen Zwölf-Punkte-Plan für einen Frieden vorgestellt; aus westlicher Sicht bietet er aber keine Ansätze für eine Lösung, zumal China zugleich verstärkt den Schulterschluss mit Russland sucht.

Friedens-Gesandter des Papstes führt Gespräche in Peking

Kardinal Matteo Zuppi ist von Papst Franziskus beauftragt worden, mögliche Wege zu einem Frieden für die Ukraine und Russland auszuloten. Dazu hat er bereits Gespräche in Kyiv, Moskau und Washington geführt. Von Mittwoch bis zu diesem Freitag hält sich Zuppi nun in der chinesischen Hauptstadt auf. Dort traf er am Donnerstag mit dem Sonderbeauftragten für eurasische Angelegenheiten, Li Hui, zusammen. Ein Statement vom Donnerstagabend gibt an, beide hätten von der Notwendigkeit gesprochen, „die Bemühungen zur Förderung des Dialogs zu vereinen und Wege zum Frieden zu finden“. Was Zuppis Pekinger Aufenthalt konkret ergeben hat, lässt sich derzeit noch nicht beurteilen.

Großerzbischof Schewtschuk von Kyiv
Großerzbischof Schewtschuk von Kyiv

Schewtschuk fordert â€žMechanismus zur Befreiung verschleppter Zivilisten“

Erzbischof Schewtschuk aus Kyiv wertete Zuppis Bemühungen als „klares Zeichen dafür, dass der Papst sich nicht mit dem Krieg abfindet, dass der Heilige Stuhl und der Heilige Vater nicht gleichgültig sind gegenüber dem, was in unserem Land geschieht, und dass jede Möglichkeit gesucht wird, um diesen sinnlosen Krieg zu beenden“. Zuppis Visite in Kyiv sei „sehr wichtig“ gewesen: „Alles, was wir ihm in die Hand gaben, nahm er mit nach Moskau, vor allem die Frage der (von Russland verschleppten) Kinder. Wir gaben ihm auch eine Liste mit vielen ukrainischen Zivilisten, die wegen der russischen Aggression entführt und gefoltert wurden beziehungsweise die verschwunden sind.“ Es gebe zwischen Russland und der Ukraine zwar „einen Mechanismus zum Austausch von Kriegsgefangenen, aber keinen Mechanismus zur Befreiung von Zivilisten“, so der Großerzbischof von Kyiv. Dabei verstoße die Entführung von Zivilisten, wie Russland sie tausendfach praktiziert habe, eklatant gegen das humanitäre Völkerrecht.

Wohnhaus in Kyiv nach einem russischen Raketenangriff Ende Juni
Wohnhaus in Kyiv nach einem russischen Raketenangriff Ende Juni

„Wenn ein Friedensabkommen gegen das Gesetz verstößt, ist es ein Verbrechen!“

Schewtschuk erinnerte in diesem Zusammenhangh an die beiden Redemptoristen Iwan Lewyzki und Bohdan Geleta, die im November letzten Jahres entführt wurden und von denen „wir keine Spur mehr haben“. „Wir haben Zuppi mit der Angelegenheit betraut, und er hat uns gesagt, dass er sie in Russland an höchster Stelle vorgebracht hat.“ Ein Friede zwischen Russland und Ukraine ist nach Schewtschuks Worten nur vorstellbar, wenn er „bestimmte moralische Prinzipien und internationale Gesetze respektiert“. Wörtlich äußerte er: „Wenn ein Friedensabkommen gegen das Gesetz verstößt, ist es ein Verbrechen!“.

Die ukrainische Verfassung hält ausdrücklich fest, dass die von Russland besetzte Krim zum staatlichen Territorium der Ukraine gehört. Zuppi ist Erzbischof von Bologna und Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz; er steht der römischen Basisgemeinschaft Sant’Egidio nahe. Die Friedensmission, die ihm der Papst anvertraut hat, ist zeitlich nicht befristet. Der Vatikan und die Volksrepublik China unterhalten seit den fünfziger Jahren keine diplomatischen Beziehungen mehr.

Teilnehmer an einem Angelus-Gebet des Papstes im August, in ukrainische Fahne gehüllt
Teilnehmer an einem Angelus-Gebet des Papstes im August, in ukrainische Fahne gehüllt

„Vertrauen der ukrainischen Bevölkerung in den Papst stark gesunken“

Die Pressekonferenz von Großerzbischof Schewtschuk galt vor allem den Arbeiten der Synode der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine; sie ist in den vergangenen Tagen in Rom zusammengetreten. Zufrieden äußerte er sich über die Begegnung der Bischöfe mit Papst Franziskus; dieser habe nach einigen Irritationen in jüngster Vergangenheit glaubhaft seine Nähe zu den leidenden Menschen in der Ukraine versichert. „Jetzt müssen wir die Menschen von dieser Botschaft überzeugen“, sagte Schewtschuk und machte deutlich, dass das eine „Herausforderung“ sei. Schließlich sei das Vertrauen der ukrainischen Bevölkerung in den Papst seit Beginn des russischen Überfalls stark gesunken – auch aufgrund von Fehlinterpretationen, die als „Waffen“ im Infokrieg eingesetzt würden.

Für die Entwicklung einer „Trauma-Pastoral“

Mit Blick auf die tiefen Spaltungen unter den orthodoxen Christen in der Ukraine äußerte der Großerzbischof, es sei entscheidend, dass die Katholiken ihre Einheit bewahrten – die Einheit untereinander und mit Rom. Wichtig sei in seelsorglicher Hinsicht die Entwicklung einer Art „Trauma-Pastoral“: „In der Ukraine nimmt das Trauma des Krieges zu. Wir wissen, dass die Existenz unseres Landes nicht nur von den Waffen abhängt, die der Westen uns schickt, um den Aggressor zu stoppen, sondern auch von unserer Fähigkeit, mit dem Trauma umzugehen. Wir alle sind verwundet“, so Schewtschuk, „und wir haben erkannt, dass wir alle – Priester, Bischöfe, Ordensleute – eine neue Art finden müssen, um die Menschen zu begleiten.“
Eine Mehrheit der Ukrainer ist orthodoxen Glaubens; etwa sechs Prozent der Bevölkerung gehören der griechisch-katholischen Kirche an. Im Westen des Landes liegt der Prozentsatz deutlich höher.

(vatican news – sk)
 

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15. September 2023, 13:41