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Die beiden Kandidatinnen: Xochitl Galvez and Claudia Sheinbaum Die beiden Kandidatinnen: Xochitl Galvez and Claudia Sheinbaum 

Mexiko: Nächster Präsident wird eine Frau

In Mexiko finden nächstes Jahr Präsidentschaftswahlen statt, und eines steht jetzt schon fest: Nächster Staatschef wird eine Frau. Und das ist ein Novum für das mittelamerikanische Land.

Beide großen Parteiblöcke haben jeweils eine Frau für das höchste Amt nominiert: Claudia Sheinbaum geht für die Morena-Partei des scheidenden Präsidenten Andrés Manuel  ins Rennen, Xóchitl Gálvez tritt für die „Breite Front für Mexiko“ an, das Bündnis der oppositionellen Kräfte. Der bisherige Amtsinhaber, der linksgerichtete López Obrador (genannt „Amlo“), darf laut Verfassung nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren.

Sheinbaum ist eine frühere Bürgermeisterin der Hauptstadt Mexiko-Stadt, sie hat die Präsidentenpartei Morena mitgegründet. Die Rechtskandidatin Xóchitl Gálvez hingegen ist Unternehmerin.

Präsident López Obrador 2022 mit Kardinalstaatssekretär Parolin in Mexiko-Stadt
Präsident López Obrador 2022 mit Kardinalstaatssekretär Parolin in Mexiko-Stadt

„Keine große Überraschung“

„Für Kenner des politischen Lebens in Mexiko ist es keine große Überraschung, dass sich jetzt zwei weibliche Kandidaten gegenüberstehen“, sagt in unserem Interview die französische Mexiko-Expertin Hélène Combes. „Seit den 1990er Jahren hat es eine sehr starke Feminisierung des politischen Lebens gegeben. 1996 führte Mexiko eine Quote ein, nach der maximal 70% der Parlamentskandidaten dasselbe Geschlecht haben dürfen, und diese Quote wurden 2014 in 50 % umgewandelt. So dass Mexiko heute eines der wenigen Länder der Welt ist, das seit 2018, dem ersten Datum der tatsächlichen Anwendung dieses Gesetzes, eine vollständig paritätisch besetzte Legislative hat.“

Es mag unserem Bild vom Macho-Land Mexiko nicht entsprechen, aber das Land hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert, sagt die Expertin. „In den letzten zwanzig Jahren gab es einen Aufschwung der Frauenbewegung, die sich mit gesellschaftlichen Fragen befasst, aber auch mit der Gewalt und dem Verschwindenlassen von Personen. Diese feministische Bewegung hat ein sehr großes Ausmaß angenommen.“

Händler in Mexiko-Stadt
Händler in Mexiko-Stadt

Breitgespanntes Oppositionsbündnis

Doch das Geschlecht der beiden Spitzenkandidaten ist nicht das einzige Novum bei diesen Präsidentschaftswahlen. Xóchitl Gálvez ist auf der Rechten die Kandidatin einer Allianz von Parteien, die früher nicht viel miteinander zu tun haben wollten, von rechts bis Mitte-links. Da ist zunächst der PAN, eine rechtsgerichtete Partei, die von 2000 bis 2012 an der Macht war. Dann der PRI, die früher beherrschende Partei, die in Mexiko bis zum Jahr 2000 dauerhaft am Ruder war. Und schließlich der „linkere“ PRD, einst von López Obrador mitgegründet, bevor er sich von der Partei abwandte und Morena gründete. Um Morena zu schlagen, haben sich die drei Oppositionsparteien also zusammengerauft.

Mexikos Zukunft ist also weiblich. Aber setzen die beiden Kandidatinnen ihr Geschlecht bewusst ein, oder wollen sie in erster Linie – wie in Deutschland einst Angela Merkel – nicht als Frau, sondern als Politikerin wahrgenommen werden? „Ich denke, man muss die Frage andersherum stellen“, sagt die Expertin. „Damit meine ich: Der Kontext machte es für die Parteien schwierig, Männer vorzuschlagen. Das ist also eine Errungenschaft!“

Der nächste Präsident Mexikos wird eine Frau - ein Bericht von Radio Vatikan

Andererseits seien beide Politikerinnen sehr profiliert. „Claudia Sheinbaum kommt aus der Studentenbewegung von 1986, in der sie eine Protagonistin war, und gründete dann die PRD mit. In den 2000er Jahren war sie Ministerin in Mexiko-Stadt, wo sie stark zu einem Wandel in der Verkehrspolitik beitrug, was eine Schlüsselfrage für diese verstopfte und verschmutzte Stadt war, und schließlich wurde sie Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt. Außerdem ist sie Physikerin… also eine Frau, die sowohl als Politikerin als auch aufgrund ihrer Fähigkeiten anerkannt ist.“

Eine Demo auf dem Zocalo-Platz in der Hauptstadt, Anfang Juli 23
Eine Demo auf dem Zocalo-Platz in der Hauptstadt, Anfang Juli 23

Das indigene Element

Xóchitl Gálvez ist als Unternehmerin hingegen eine typisch rechte Kandidatin – einerseits. Andererseits ist sie aber, so beobachtet Hélène Combes, doch „atypisch“ für ihre Parteienfamilie, weil sie einer indigenen Minderheit angehört – und das auch nicht versteckt. „Die typischen Rechten waren bisher hauptsächlich Menschen der Mittelschichten aus dem Norden des Landes, meistens weißhäutig. Sie hingegen ist eindeutig indigener Herkunft, man würde das schon an ihren Gesichtszügen sehen. Und diese indigene Herkunft betont sie noch viel stärker als die Geschlechterfrage: Sie ist oft in traditionelle Kostüme gekleidet.“

Diesen indigenen Aspekt im Wahlkampf hält die Expertin für noch markanter als die Tatsache, dass beide Spitzenkandidaten Frauen sind. „Es ist wohl das erste Mal seit dem 19. Jahrhundert, dass ein Kandidat eindeutig indigener Herkunft ist. Und das in einem Mexiko, das doch noch sehr stark von der Hautfarbe geprägt ist und die Hautfarbe noch viel mit der sozialen Zugehörigkeit zu tun hat. Die Mittelschicht und die obere Mittelschicht sind mit wenigen Ausnahmen weiß, und die unteren Schichten sind indigener oder gemischter Herkunft.“

Das Interview mit Hélène Combes führte Xavier Sartre.

(vatican news – sk)
 

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14. September 2023, 10:37