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Demonstrationen für die Militärjunta (offiziell Niger's National Council of Safeguard of the Homeland - CNSP) in Niamey am Sonntag, 20.8.2023 Demonstrationen für die Militärjunta (offiziell Niger's National Council of Safeguard of the Homeland - CNSP) in Niamey am Sonntag, 20.8.2023  (AFP or licensors)

Krise in Niger: „Gefahr für die gesamte Sahel-Zone“

Es braucht einen entschiedenen Willen zum Frieden, um die Stabilität in Niger und in der gesamten Sahel-Zone wiederherzustellen. Das sagt im Interview mit Pope der Afrika-Experte Luigi Serra.

Sofiya Ruda und Christine Seuss – Vatikanstadt

Während Papst Franziskus beim Mittagsgebet am Sonntag angesichts der sich dramatisch verschlechternden humanitären Lage die internationale Gemeinschaft zum Einsatz „für das Wohl aller“ aufgerufen hat, demonstrieren in Niamey, der Hauptstadt Nigers, nach wie vor tausende Menschen. Sie unterstützen die Militärjunta, die am 26. Juli die Macht ergriffen und Präsident Mohamed Bazoum abgesetzt hat.

Während die Junta eine Übergangszeit von bis zu drei Jahren angekündigt hat, skandieren die Demonstranten zahlreiche Slogans gegen Frankreich und die Gemeinschaft Westafrikanischer Staaten ECOWAS. Diese hat jüngst mit Gewaltanwendung gedroht, sollte Bazoum nicht wieder als Präsident eingesetzt werden. Am vergangenen Freitag hat die regionale Organisation nach dem Treffen ihrer Stabschefs in Accra sogar erklärt, dass „der Tag der Intervention“ mittlerweile feststehe. Eine Option, von der der selbsternannte Machthaber in Niger, General Abdourahamane Tiani, eindringlich abgeraten hat. Eine ausländische Militäroperation in Niger werde kein „Spaziergang“ sein, so die Warnung des Militärs.

Zum Nachhören

Der Aufruf des Papstes zum Frieden

Beim Mittagsgebet an diesem Sonntag hatte auch Papst Franziskus seiner Sorge über die Entwicklungen in dem afrikanischen Land Ausdruck verliehen und sich dem Aufruf der Bischöfe zum Frieden angeschlossen. Er ermutigte die internationale Gemeinschaft, sich für die Menschen in Niger einzusetzen, und betete für sie.

Dies ist auch dringend nötig: Denn laut Luigi Serra, emeritierter Professor der Universität L'Orientale in Neapel, steht nicht nur der Frieden in einem einzigen Land auf dem Spiel, sondern die Stabilität der ganzen Sahel-Zone, wenn nicht sogar des gesamten afrikanischen Kontinents. Der vom Papst befürwortete Weg des Dialogs finde vor allem in einem festen Willen zum Frieden seinen Ausdruck, betont der Afrika-Experte gegenüber Radio Vatikan - Pope:

„Das heißt, jede Handlung oder Episode gegen einen Frieden zu vermeiden, der von den afrikanischen Völkern gewünscht, akzeptiert und angestrebt wird, in der tiefen Überzeugung, dass dies der einzige Weg ist, der das Unglück und die Tragödien heilen kann, die durch Armut und das Fehlen eines demokratischen Regimes verursacht werden“, so Serra, der sich seit Jahrzehnten mit dem südlichen Kontinent beschäftigt.

Demokratie unerwünscht?

Es sei jedoch auch der „Kurzsichtigkeit“ des Westens zuzuschreiben, wenn Demokratie und Wohlergehen der Bevölkerung in Afrika keine Selbstverständlichkeit seien, so die Anklage des Afrika-Experten. Er prangert insbesondere einen andauernden Kolonialismus Afrikas an, „der sicher nicht den Afrikanern selbst, sondern denjenigen zur Last zu legen ist, die Afrika stets Partikularinteressen unterworfen haben“:

„Nun ist diese Situation einer möglichen Entwicklung, einer demokratischen Tendenz in Niger, wie sie schon in einigen anderen Gebieten der Sahelzone unterdrückt wurde, natürlich nicht attraktiv. Ich spreche von Mali und anderen. Der Wille zum Frieden ist also der einzige Weg. Papst Franziskus hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Was wir brauchen, ist der Wille, diese Entscheidungen umzusetzen.“

Sorge über Verschlimmerung der humanitären Situation

Insbesondere Niger mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern und einer „erschreckenden Geburtenrate“ – bei Niger handelt es sich mit durchschnittlich knapp sieben Kindern pro Frau um den Staat mit der höchsten Geburtenrate der Welt – stehe auch ohne den Militärputsch vor großen Problemen. Doch nun verschlimmere sich auch die humanitäre Situation in dem Land ernsthaft, warnt Luigi Serra.  Auch UNICEF hat darauf hingewiesen, dass es in dem Land mehr als zwei Millionen gefährdete Kinder gebe, deren Situation sich seit dem Putsch und den Sanktionen weiter verschlechtert hat. Die Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten oder Dingen des täglichen Bedarfs sei derzeit „nicht operativ“, so der Afrika-Experte Serra:

„Es ist äußerst besorgniserregend, denn wenn sie nicht zulassen, dass humanitäre Hilfe ins Land kommt, sterben Tag für Tag Kinder, sterben Frauen. Und das alles ist dramatisch, der Schaden ist nicht zu beziffern. Es ist ein fürchterlicher Schaden. Und es besteht die große Gefahr, dass die sich bereits abzeichnende Destabilisierung der gesamten Sahelzone weiter zunimmt.“

(vatican news)

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22. August 2023, 11:54