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Patricia Gualinga überreicht Papst Franziskus ein Geschenk Patricia Gualinga überreicht Papst Franziskus ein Geschenk  (Vatican Media)

Indigenenführerinnen beim Papst: „Er ermutigte das Engagement von uns Frauen“

Drei Vertreterinnen der Amazonas-Kirchenkonferenz und des Amazonas-Netzwerkes REPAM haben dem Papst in einem Brief ihre Sorgen über die Angriffe auf ihr Land in Ecuador, Kolumbien und Peru mitgeteilt. Die Antwort kam postwendend, mit einer Einladung zum persönlichen Gespräch mit dem Pontifex. Am Donnerstag war es so weit, und die Indigenenvertreterinnen kamen enthusiastisch aus der Audienz: „Er ermutigte uns, weiterzumachen, er sagte, dass niemand den Wandel aufhalten kann“, berichteten sie.

Salvatore Cernuzio - Vatikanstadt

Am 4. März hatten sie dem Papst einen Brief geschrieben, um ihm von ihrem „lucha“ zu berichten, dem Kampf, den sie seit Jahren für den Schutz des Amazonas und seiner Völker führen, aber auch, um ihm für die Aufmerksamkeit zu danken, die er diesem für das gesamte Ökosystem grundlegenden Teil der Welt stets gewidmet hatte. Die Idee entstand bei einem Zwischenstopp auf einem Flughafen in Kolumbien während einer ihrer unzähligen Reisen zu internationalen Foren, auf denen sie der Stimme ihres Volkes Gehör verschafften. Anschließend übergaben sie das Schreiben an den peruanischen Kardinal Pedro Barreto.

Audienz im Vatikan

Sie hatten nicht erwartet, dass sie am 9. März, nicht einmal fünf Tage später, eine so schnelle Antwort erhalten würden und vor allem, dass „Großvater Franziskus“ sie über die Präfektur des Päpstlichen Hauses zu einem persönlichen Gespräch in den Vatikan einladen würde. An diesem Donnerstag wurden die drei indigenen Führerinnen Patricia Gualinga, Schwester Laura Vicuña und Yesica Patiachi, die die Kirchenkonferenz des Amazonasgebiets (CEAMA) und das panamazonische kirchliche Netzwerk (REPAM), vor allem aber die Amazonasbevölkerung Ecuadors, Kolumbiens und Perus vertreten, von Papst Franziskus in der Bibliothek des Apostolischen Palastes empfangen.

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Das Gespräch mit dem Papst

„Es war ein angenehmes, ruhiges und zuversichtliches Gespräch“, sagten sie den vatikanischen Medien nach der Audienz. Sichtlich bewegt erzählten sie von den Angriffen auf ihr Land, lächelten aber breit, als sie von den Witzchen des Papstes über das „portuñol“ berichteten, die Mischung aus Portugiesisch und Spanisch, mit der sie sich ausdrücken. „Es war eine große Freude für uns, den Papst zu treffen“, sagt Imrã Laura Vicuña Pereira Manso, Ureinwohnerin des Kariri-Volkes, Brasilianerin, Tochter von Migranteneltern und Ordensfrau der Kongregation der Franziskanischen Katechistenschwestern, Absolventin der Anthropologie und Spezialistin in Sozialpsychologie. „Was soll ich sagen...? Es war ein historisches Treffen. Papst Franziskus steht für den neuen Hauch des Geistes, für den Frühling in der Kirche. Wir erleben diesen Frühling erneut, und ich spüre, dass Papst Franziskus diese Veränderungen anführt. Echte Veränderungen, und es gibt kein Zurück mehr, denn es sind Veränderungen, die von dem Fundament, das Jesus Christus ist, inspiriert sind“.

Die Delegation der Indigenen-Vertreterinnen beim Papst
Die Delegation der Indigenen-Vertreterinnen beim Papst

Umarmungen, Geschenke, Ermutigung

„Papst Franziskus hat uns viel Sicherheit und Vertrauen gegeben“, sagt Patricia Gualinga. Langes schwarzes Haar, große blumenförmige Ohrringe, seit Juni 2020 ist sie Vizepräsidentin der CEAMA, der kirchlichen Konferenz von Amazonien, ein Gremium, das bis zu seinem Tod von dem verstorbenen Kardinal Claudio Hummes geleitet wurde und fünf Monate nach der Veröffentlichung von Querida Amazonia, dem nachsynodalen Schreiben von Franziskus zur panamazonischen Region, ins Leben gerufen wurde.

„Am Anfang waren wir ziemlich nervös, weil wir nicht wussten, was wir tun und sagen sollten“

Aber Patricia ist in erster Linie die Anführerin der Kichwa der Sarayaku in Ecuador, einem faszinierenden indigenen Volk, das im Pastaza-Wald lebt und die Verteidigung der „Madre Tierra“ gegen die Bedrohung durch ausländische Ölgesellschaften zu seinem Lebensinhalt gemacht hat. Patricia hat die Stimme der Sarayaku zu verschiedenen COP‘s und anderen ausländischen Veranstaltungen und auch zur Synode über Amazonien im Jahr 2019 gebracht, zu der sie als Expertin unter den Bischöfen eingeladen wurde. Bereits bei dieser Gelegenheit hatte sie Papst Franziskus umarmt, ein emotionaler Moment, an den sich die Frau in einem Beitrag für L'Osservatore Romano in der Sonderausgabe zum zehnten Jahrestag des Pontifikats erinnerte. An diesem Donnerstag stand dann eine neue Begegnung mit dem Kirchenoberhaupt.

„Am Anfang waren wir ziemlich nervös, weil wir nicht wussten, was wir tun und sagen sollten. Also haben wir ihm zuerst die Geschenke überreicht, die viele Menschen aus der Region geschickt haben. Viele gaben mir Briefe oder sagten ,grüßt den Papst‘“. Viele Geschenke wurden überreicht, darunter ein großes Gemälde, das die Landschaft des Amazonasgebietes zeigt, T-Shirts, Halsketten und sogar eine Schachtel Pralinen. „Als wir uns zu einem Gespräch zusammensetzten, lief alles gut. Es war ein heiteres, ruhiges, sehr vertrauliches Gespräch“.

Geschenke werden überreicht
Geschenke werden überreicht

Die Arbeit der Frauen 

Drei wichtige Punkte seien in dem Dialog mit dem Papst angesprochen worden, berichten die Indigenenvertreterinnen: „Die Arbeit der Frauen der Kirche in dem Gebiet, die Anerkennung der kirchlichen Struktur dieser Arbeit, die Realität der indigenen Völker und die Bildung“. Dem Bischof von Rom haben sie ihre Anliegen vorgetragen, „damit er sie zur Kenntnis nimmt“. Die größte Sorge der rührigen Frauen gilt der Politik, die an verschiedenen Orten verfolgt wird und die ihrer Meinung nach einen Angriff auf die internationalen Menschenrechte darstellt. „Vor allem aber gegen die Rechte der Amazonasbewohner“, sagt Gualinga.

Viele dieser Maßnahmen sind dem Profit geschuldet. So ist von exzessivem Bergbau die Rede, von Gebieten, die geplündert werden, und von Bewohnern, die davon bedroht sind, ihrer Häuser beraubt zu werden, um Minen zu errichten. „Sogar illegale“, unterstreicht die Sarayaku-Vertreterin und erklärt, dass diese Probleme in Ecuador zunähmen. Die CEAMA unterstützt die Anwohner bei ihrem Kampf und fordert Respekt für die Amazonasgebiete und ihren grundlegenden Beitrag für die Welt, aber auch den Schutz der Reichtümer, die die Region besitzt. An vorderster Front stehen die Frauen, um diesen „Prozess“ zu begleiten und zu vollziehen.

Die drei Indigenen-Leader bei Radio Vatikan
Die drei Indigenen-Leader bei Radio Vatikan

Die Herausforderung einer Kirche mit einem „amazonischen Antlitz“

„Der Papst seinerseits lobte das Engagement der Amazonas-Frauen, ihre Sensibilität und ihre Arbeit, die auch der Evangelisierung dient“, erklären die Aktivistinnen gegenüber Radio Vatikan: „Er hat uns ermutigt, weiterzumachen und gesagt, dass niemand den Wandel aufhalten kann.“ Zu diesem Wandel gehört auch die Herausforderung, die die panamazonische Synode gesetzt hatte: der Kirche ein amazonisches Antlitz zu geben. „Das ist eine sehr große Herausforderung, an der wir noch arbeiten“, sagt Patricia Gualinga.

Der Markt und die Zerstörung der Schöpfung

Sie, Schwester Laura und Yesica - eine Schriftstellerin, Forscherin, Malerin und Erzieherin aus dem Volk der Harakbut, die der Papst bereits beim Treffen mit indigenen Völkern in Puerto Maldonado im Rahmen der Peru-Reise 2018 getroffen hatte - betonten während der Audienz die gemeinsamen Bemühungen mit der Amazonas-Kirchenkonferenz um eine gerechtere Gesellschaft, ohne dabei die „Kosmovision“ der indigenen Völker und „die große Spiritualität, die die Gegenwart Gottes ist“, zu vergessen. Alle drei bedauern, dass „die Menschen kein Bewusstsein für den Schutz der Umwelt entwickeln wollen“. Warum das? Weil „der Markt in uns eingedrungen ist“, erklärt Patricia, „er hat uns gesagt, dass alles möglich ist, und das hat in gewisser Weise die Schöpfung zerstört, die so schön ist.“

Imrã Laura Vicuña Pereira Manso vom Volk der Kariri
Imrã Laura Vicuña Pereira Manso vom Volk der Kariri

Der Dienst der Frauen in der Kirche

In ihrem Gespräch mit dem Papst fehlte auch nicht die Erwähnung der sozio-pädagogischen und sozio-pastoralen Realität Amazoniens, mit einem „Schwerpunkt“ auf der Mission und den Diensten der Frauen in der Kirche. In diesem letzten Punkt, so berichtete Imrã Laura, waren sich alle einig, dass es „keinen Rückschritt“ in Bezug auf die Mission gibt, die jede Frau seit langem in der Kirche ausübt: „Die Frau ist genau dieses mütterliche Gesicht der Kirche: Maria, die Mutter Jesu, als Frau, die im Dienst steht. Und die Frauen in der Kirche sind genau diejenigen, die die Veränderungen herbeiführen, die die Evangelisierung der Kirche fördern.“

„Zweifellos“, erklärt die Ordensfrau, während sie sich ihre orangefarbene Blumenkrone aufs Haupt setzt, „sind wir Frauen in zahllosen Gemeinschaften präsent und ermutigen und motivieren die Menschen, den Glauben und den Sinn des Lebens nicht zu verlieren. Aber der Dienst, den wir für die Kirche leisten, wird nicht anerkannt, was zu Spannungen führt, die durch die Anerkennung neuer Dienste für Frauen entsprechend der Dringlichkeit der sozio-pastoralen Realität der Kirche in Amazonien überwunden werden könnten.“

Halt in Assisi

In den nächsten Tagen werden die drei „difensoras“ der Menschenrechte mit Vertretern von acht Dikasterien der römischen Kurie zusammentreffen und dann nach Assisi aufbrechen, um dem heiligen Franziskus, dem Heiligen der „naturaleza“, zu huldigen, „der die Erde, die Luft und das Wasser Schwestern nannte...“ - und um ihn um das vom Papst gewünschte Geschenk der „ökologischen Umkehr“ zu bitten.

(vaticannews)

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02. Juni 2023, 12:08