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Die Königin Polens: Madonna von Tschenstochau auf einem Glasfenster im Kloster Die Königin Polens: Madonna von Tschenstochau auf einem Glasfenster im Kloster

Radio-Akademie: Polen – Kirche im Umbruch (1)

Unsere neue Sendereihe führt uns nach Polen, in das katholischste Land Europas. Unser Nachbar – und doch so anders. Wir wollen die Kirche in Polen kennenlernen, etwas über ihre Geschichte erfahren. Sehen, wie sie mit den Herausforderungen der Neuzeit umgeht.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Und dazu scheint uns kein Ausgangspunkt geeigneter als Tschenstochau, die heimliche Hauptstadt Polens. Auf dem „Weißen Hügel“ (Jasna Gora) dieser 220.000-Seelen-Stadt in der Woiwodschaft Schlesien regiert Maria, die „Königin Polens“ – diesen Titel trägt die rätselhafte, schwärzliche Ikone schon seit Jahrhunderten. Aus dem ganzen Land pilgern Menschen hierher, oft in tagelangen Fußmärschen. Gerade in Zeiten der Bedrängnis oder des Krieges heften sich die Hoffnungen eines ganzen Landes auf diesen Berg.

Pater Michael zeigt uns den mutmaßlichen Eintrag Hitlers im Gästebuch des Klosters
Pater Michael zeigt uns den mutmaßlichen Eintrag Hitlers im Gästebuch des Klosters

Als Hitler sich ins Gästebuch des Klosters eintrug

Was die Faszination dieses Wallfahrtsorts ausmacht, diese Frage hat auch SS-Führer Heinrich Himmler umgetrieben; der Massenmörder verewigte sich 1940 im Gästebuch des Klosters. Auch ein geheimnisvoller „Inspekteur“ hat sich eingetragen – nach Aussagen der Paulinerpatres, die Tschenstochau betreuen, verbarg sich hinter diesem Besucher vom August 1941 kein anderer als Adolf Hitler. Das Gnadenbild hatten die Patres vor den deutschen Besatzern allerdings in Sicherheit gebracht; es war unter einem Tisch in der Klosterbibliothek versteckt.

Der mutmaßliche Eintrag Hitlers im Gästebuch: Inspekteur
Der mutmaßliche Eintrag Hitlers im Gästebuch: Inspekteur

Wer heute Tschenstochau besucht, findet auf Schritt und Tritt Spuren der bewegten polnischen Geschichte. Die Klosteranlage rings um die Basilika ist festungsartig ausgebaut, schon die Schweden belagerten den Berg – vergeblich übrigens. Heute belagert ihn die Neuzeit. Der Kampf ist erbittert, aber noch unentschieden.

Pilger in der Gnadenkapelle
Pilger in der Gnadenkapelle

„Maria in die Augen schauen“

Pater Michael Bortnik, der uns in dieser ersten Folge der Radio-Akademie durch Tschenstochau führt, ist immer wieder beeindruckt von der Emotionalität der Wallfahrer. „Der Traum von jedem, der hierherkommt, ist, in die Augen Mariens zu schauen“, sagt er. „Diese Menschen gehen bis zu zwanzig Tage lang täglich um die 20, 30 Kilometer zu Fuß â€“ für die eine Minute oder für die paar Sekunden, in denen sie Maria in die Augen schauen können. Das ist etwas Besonderes. Ich erlebe das jeden Tag, wenn die Gnadenkapelle morgens um sechs Uhr geöffnet wird – dann weinen die Leute…“

Tschenstochau
Tschenstochau

„Hier waren wir immer frei“

Dass die Schwarze Madonna von Tschenstochau für viele Polen einen solchen Stellenwert bekommen hat, erklärt der Paulinerpater mit den Wechselfällen der polnischen Geschichte. „Als vor einigen Jahrhunderten Polen von der Weltkarte gestrichen wurde, hat sich die ganze Nation Richtung Jasna Gora orientiert: Maria wurde zur Schutzpatronin einer Nation, die offiziell nicht mehr existierte. Wie Johannes Paul II. einmal gesagt hat: Hier in Tschenstochau waren wir immer frei…“ Der polnische Papst hat sich übrigens im Lauf des 20. Jahrhunderts mehrfach ins Gästebuch eingetragen – das erste Mal 1942 als Student.

Die Schwarze Madonna
Die Schwarze Madonna

Dass das Gnadenbild immer wieder von Politikern instrumentalisiert wird, ärgert den Geistlichen; allerdings könne man dagegen kaum etwas tun. „Es ist immer wieder (und immer mehr) schwierig, das zu trennen.“

Ein Besuch in Tschenstochau - aus der Radio-Vatikan-Serie "Polen - Kirche im Umbruch"

Keine Insel der Seligen

Eine Insel der Seligen ist Tschenstochau für P. Michael nicht – auch von hier oben bekomme man durchaus mit, dass sich Polen verändere und dass die traditionelle Frömmigkeit immer öfter (und manchmal auch aggressiv) angefochten werde. Bei Protesten gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts drangen in den letzten Jahren mehrfach Demonstranten in Warschau und anderen Städten in Kirchen ein und störten Gottesdienste.

Ein Innenhof des Klosters
Ein Innenhof des Klosters

Auch in Tschenstochau kommt es immer wieder mal zur Konfrontation. „Das Einzige, das wir in dieser Hinsicht tun können, ist, für diese Leute zu beten“, so P. Michael. „Wir wollen uns mit diesen Menschen auf keinen Kampf einlassen, das wäre ja kein Ausweg. Das Einzige, das wir ihnen zeigen können, ist die Liebe Gottes…“

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(vatican news)

Der Autor der Radio-Akademie in der Alten Bibliothek des Klosters Tschenstochau
Der Autor der Radio-Akademie in der Alten Bibliothek des Klosters Tschenstochau

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04. Juni 2023, 09:32