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Monique Baujard Monique Baujard 

Frankreich: „Manchen in der Kirche macht Synodalität Angst“

Die französische Theologin und Juristin Monique Baujard spricht sich für eine stärkere Gesprächskultur innerhalb der französischen Kirche aus. Der Missbrauchsbericht von 2021 („Rapport Sauvé“) habe vor Augen geführt, dass dringender Gesprächs- und Handlungsbedarf bestehe.

Das sagte Baujard am Donnerstagabend in einem Interview mit Radio Vatikan in Rom:

„Dieser Bericht, der exzellent ist, hat die systemische Seite des Problems herausgearbeitet. Und diese systemische Seite können wir nur dann bekämpfen, wenn wir wirklich an die Struktur, die Funktionsweise der Kirche herangehen. Das erwarten sich die Menschen in Frankreich. Aber es braucht vielleicht etwas mehr Zeit, bis Frankreich seinen Weg gefunden hat. Außerdem muss man sagen, dass wir in Frankreich nicht die gleiche Dialogkultur haben wie in Deutschland: Wir haben kein ZdK, keine Laien-Vertretung. Und wir haben viele Bischöfe – es ist gar nicht leicht, sie alle zusammen auf eine Linie zu bringen.“

„Anscheinend ist die Zeit noch nicht reif“

Baujard hat etwa 15 Jahre lang für die französische Bischofskonferenz gearbeitet; als erste Frau wurde sie zur Direktorin des Büros „Familie und Gesellschaft“ der Bischofskonferenz. Heute unterrichtet sie am Katholischen Institut von Paris und engagiert sich für eine stärkere Rolle von Frauen und Laien in der Kirche. Nach ihrem Eindruck machen synodale Prozesse vielen Priestern und womöglich auch einigen Bischöfen in Frankreich Angst: „Es ist diese Vorstellung, sich gemeinsam in einem sehr organisierten Prozess zu engagieren. Anscheinend ist dafür in Frankreich die Zeit noch nicht reif.“ Dass auch in der französischen Gesellschaft allgemein die Gesprächskultur defizitär ist, zeigt sich nach Baujards Ansicht an den jüngsten Auseinandersetzungen um die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron.

Eine Vollversammlung der französischen Bischofskonferenz in Lourdes
Eine Vollversammlung der französischen Bischofskonferenz in Lourdes

Den Reformprozess der katholischen Kirche im Nachbarland Deutschland („Synodaler Weg“) beobachtet Monique Baujard sehr aufmerksam. „Ich finde, es ist ein sehr interessantes Beispiel, das uns die Deutschen geben.“ Sie findet es positiv, „dass es die deutschen Bischöfe waren, die die Laien für eine Zusammenarbeit gewonnen haben“. In Frankreich sei das aber in dieser Form nicht möglich, weil den etwa 120 Bischöfen eben kein strukturierter Dachverband engagierter Laien gegenüberstehe.

„Wenn man den Dialog nicht organisiert, bleibt es bei einer Diskussion im Café“

Positiv vermerkt Baujard am „Synodalen Weg“ auch, dass dieser Dialog in sehr organisierter Form abgelaufen sei. „Ich bin überzeugt: Wenn man den Dialog nicht organisiert, bleibt es bei einer Diskussion im Café, wo es sehr schnell laut wird, weil man sich nicht einig ist. Wir brauchen diese Organisation! In anderen Ländern wird man das vielleicht anders handhaben, aber wir brauchen sie.“ Anders ließen sich schwierige, konfliktreiche Themen nicht behandeln.

In Prag entstand Anfang Februar ein Europa-Papier zum weltweiten synodalen Prozess der Kirche
In Prag entstand Anfang Februar ein Europa-Papier zum weltweiten synodalen Prozess der Kirche

Baujard hat aber auch die Kritik wahrgenommen, die von einigen Seiten – auch aus dem Vatikan – am „Synodalen Weg“ der Katholiken in Deutschland vorgebracht wird.

„Viele Fragen, die sich überschneiden“

„Es stimmt schon – das war alles schon sehr deutsch, also sehr organisiert… Aber es gab doch auch, trotz allem, einen kreativen Teil. Ich würde sagen: Wir müssen es nicht genauso machen – aber wir können uns davon inspirieren lassen. Wenn der Papst sagt, der ‚Synodale Weg‘ sei eine Sache der Eliten, frage ich mich, ob man es in Deutschland geschafft hat, auch Platz für die Stimme der Ärmsten zu schaffen? Ich weiß es nicht, ich habe das nicht im Detail gelesen. Aber ansonsten sind die Fragen, die sich in Deutschland stellen, schon die Fragen, die sich auch in Frankreich und in vielen anderen Ländern stellen. Man muss sich nur ein bisschen die nationalen Beiträge (zum weltweiten synodalen Prozess) oder auch den Beitrag auf europäischer Ebene ansehen; das sind viele Fragen, die sich überschneiden.“

Wäre ein Synodaler Weg auch in Frankreich vorstellbar? Fragen an Monique Baujard, von Radio Vatikan

Baujard, die ursprünglich aus den Niederlanden stammt, äußerte sich am Donnerstagabend bei einer Podiumsdiskussion in der deutschen Botschaft am Heiligen Stuhl in Rom. Dabei ging es um synodale Wege und Prozesse in mehreren Ländern Europas und um den weltweiten synodalen Prozess, den Papst Franziskus in der Kirche auf den Weg gebracht hat.

(vatican news – sk)
 

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12. Mai 2023, 10:33