ÖRK-Spitze beim Papst: „ÖܳԱ des Herzens“
Christine Seuss - Vatikanstadt
Bedford-Strohm war bei der letzten Vollversammlung des Weltkirchenrates im vergangenen September in Karlsruhe zum Vorsitzenden des Zentralen Ausschusses gewählt worden. Gemeinsam mit dem ebenfalls im vergangenen September gewählten neuen Generalsekretär des ÖRK, dem Südafrikaner Jerry Pillay, war er an diesem Donnerstag auf Antrittsbesuch im Vatikan. Es sei „ein sehr gutes Gespräch in sehr warmer Atmosphäre” gewesen, berichtet Bedford-Strohm im Anschluss gegenüber Radio Vatikan. Wie er ankündigt, stehen in den kommenden Jahren einige größere gemeinsame Projekte an.
Die Ökumene des Herzens
„Ich kenne Papst Franziskus ja schon seit vielen Jahren und es ist sofort wieder so eine innere Verbindung spürbar gewesen. Und das führt mich auch zu dem großen Programmwort, das die Vollversammlung des Weltkirchenrats in Karlsruhe in ihrem Einheitsdokument genannt hat, nämlich ,Ökumene des Herzens‘. Das ist, was ich gespürt habe in diesem Gespräch: eine tiefe Verbundenheit in Christus, aber dann eben auch menschlich“, so Bedford-Strohm, der nach der Papstaudienz gemeinsam mit seinen Ratskollegen zu Gesprächen ins Dikasterium für die Einheit der Christen kam. Mit dem Papst habe man überlegt, was aus dem „gemeinsamen Christusbekenntnis“ folge.
„Wir wollen als Kirchen ein Zeichen der Einheit setzen. Und deswegen wollen wir diesen Weg weitergehen. It’s a journey, sagen wir auf Englisch. Es ist ein Weg, den wir gemeinsam gehen. Einen Pilgerweg haben wir es in Karlsruhe genannt, den Pilgerweg für Gerechtigkeit, Versöhnung und Einheit.“
Diesen Pilgerweg wolle man „gemeinsam gehen“, betont Bedford-Strohm auch mit Blick auf weltumspannende Fragen, die über theologische Erwägungen hinausgehen. „Wir haben gesprochen über Engagement für Flüchtlinge, Engagement für die Begrenzung des Klimawandels, für die Bewahrung der Schöpfung, aber auch für die Überwindung der Gewalt.“
Ukraine-Krieg: Was können Kirchen tun?
In diesem Zusammenhang sei der Ukrainekrieg - neben den anderen Kriegen weltweit - ein besonders zentrales Thema gewesen. Bei der waren bereits Versuche unternommen worden, Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche wie auch der ukrainischen Kirchen an einen Tisch zu bekommen – nur mit mäßigem Erfolg.
„Aber natürlich sind das immer zwei Dinge. Das eine, was man öffentlich verhandelt und das andere, was man an Hintergrundgesprächen führt“, meint Bedford-Strohm. Bei ihm habe sich jedenfalls die Überzeugung herausgebildet, dass es auch „innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche viele Menschen gibt, die nichts lieber wollen, als diesen Krieg zu beenden“, die aber aufgrund des russischen Drucks ihre Meinung nicht frei äußern könnten. „Es ist mir wichtig zu sagen, die russisch-orthodoxe Kirche ist keine Einheit und die Aussagen, die man von der Spitze zuweilen hört oder liest, die auch immer wieder auch bei mir für Erschrecken sorgen, dürfen uns nicht davon abhalten, immer wieder zu erforschen, wo wir da weiterkommen können.“
In der Tat arbeite man weiter an dem Projekt, die Vertreter der Kirchen zu gemeinsamen Gesprächen zu bringen:
„Wir versuchen gerade als Weltkirchenrat einen runden Tisch zu organisieren, an dem sowohl russisch-orthodoxe Delegierte als auch Vertreter der orthodoxen Kirchen in der Ukraine teilnehmen und gemeinsam mit anderen vielleicht darüber nachdenken, wie die Kirchen dabei helfen können, um diesen Krieg zu überwinden. Wir sind noch dabei, insofern kann man da noch kein Ergebnis vermelden. Aber das ist der Weg, den wir gehen wollen.“
Dazu gehöre auch, im direkten Gespräch mit der Spitze der russisch-orthodoxen Kirche die Einigung darauf zu suchen, dass Bombardements gegen die Zivilbevölkerung „im Widerspruch zum humanitären Völkerrecht“ stünden und diese „gemeinsam“ verurteilt werden müssten:
„Das jedenfalls ist für mich klar, und ich hoffe sehr, dass wir einen Weg finden, das auch irgendwann gemeinsam sagen zu können. Die Scheu der russisch-orthodoxen Kirche, sich zu politischen Fragen zu äußern, ist sehr groß. Ich glaube aber, wenn die politischen Fragen verantwortlich für entsetzliches Leid von Menschen sind, dann können wir als Kirchen nicht davon Abstand nehmen, uns auch politisch zu äußern.“
Die Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche dabei, den Krieg „endlich zu überwinden“, sei mehr als willkommen, unterstreicht Bedford-Strohm in diesem Zusammenhang. Auch Papst Franziskus hat von Anfang an immer wieder seine Bereitschaft bekundet, als Vermittler zwischen den Parteien aufzutreten. Ebenfalls hatte er versucht, in direktem Kontakt mit Patriarch Kyrill II. ein Einlenken des russisch-orthodoxen Patriarchen zu erreichen, der allen Appellen zum Trotz immer wieder mit kriegsfreundlichen Aussagen aufhorchen lässt.
Ziel: Die sichtbare Einheit
Zwar sei die angestrebte eucharistische Gastfreundschaft auch aus Zeitgründen nicht Thema der Gespräche mit dem Papst gewesen, berichtet der Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, der von 2014 bis 2021 auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland war. Doch sei dieser Punkt bei dem anschließenden Gespräch mit Kurienkardinal Kurt Koch erörtert worden.
„Und dabei ist sicher das Jahr 2030 ein großes Zieljahr, in dem ja das 500-jährige Jubiläum der Confessio Augustana gefeiert wird. Das lutherische Bekenntnis war ja der Versuch, die Einheit zu bewahren. Und das sieht auch Kardinal Koch als einen Ausgangspunkt dafür, es 500 Jahre später vielleicht zu schaffen, eine Erklärung zu Eucharistie, Taufe und Amt zu formulieren, die die gemeinsamen Positionen bei diesen Punkten deutlich macht und dann auch den Weg für das gemeinsame Abendmahl öffnet.“
Er freue sich jedenfalls über die Zeichen eucharistischer Gastfreundschaft, die es jetzt schon in Deutschland gebe, so Bedford-Strohm mit Blick auf den Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt, bei dem eine gegenseitige Einladung an den Tisch des Herrn ausgesprochen und praktiziert worden war. „Dass es dabei ganz unterschiedliche Signale gibt und darüber nicht überall auf der Welt Einigkeit besteht, das ist so“, räumt Bedford-Strohm ein. „Aber es sollte uns nicht daran hindern, immer wieder auch die Ökumene des Herzens sichtbar werden zu lassen in solchen Zeichen der Gastfreundschaft. Ich hoffe jedenfalls sehr, dass wir auf diesem Wege weiter vorankommen.“
„Gemeinsam am Tisch des Herrn“
Im September 2019 hatte der gemeinsame deutsche Ökumenische Arbeitskreis ein Votum mit dem Titel „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ veröffentlicht, das für die „Öffnung der konfessionellen Mahlfeiern“ Eucharistie und Abendmahl „für Christinnen und Christen aus anderen Traditionen“ eintrat. Aus dem Vatikan kamen jedoch massive Einwände gegen das Dokument, die Unterschiede im Eucharistie- und Amtsverständnis von Katholiken und Protestanten seien „noch so gewichtig", dass sie eine Teilnahme katholischer und evangelischer Christen an der Feier der jeweils anderen Konfession derzeit ausschlössen. Die katholische Kirche in Deutschland legte infolge zwar gemeinsam mit der evangelischen Kirche eine ökumenische Würdigung zur Abendmahlsgemeinschaft vor, erteilte dabei aber keine generelle Erlaubnis für die wechselseitige Teilnahme an Abendmahl und Eucharistie der jeweils anderen Konfession.
1700. Jahrestag Nizänisches Glaubensbekenntnis
Doch es gebe noch weitere gemeinsame Projekte zwischen Vatikan und Weltkirchenrat, kündigt Bedford-Strohm an.
„Es gibt den Plan, im Jahr 2025 ein großes Fest, das uns zur Einheit führt, zu feiern, nämlich anlässlich des 1700-jährigen Jubiläums des Nizänischen Glaubensbekenntnisses. Die altkirchlichen Bekenntnisse teilen wir ja als Kirchen, als die großen kirchlichen Traditionen, alle miteinander. Und deswegen kann das eine Gelegenheit sein, uns auch da auf einen Pilgerweg zur Einheit zu machen, vielleicht auch in der Türkei, in dem damaligen Nicäa, uns dorthin aufzumachen und auf diesem Weg zusammenzuwachsen, auf der Basis dieses altkirchlichen Bekenntnisses, das wir alle miteinander teilen.“
(vatican news)
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