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Open-Air-Messfeier in Lahore, Anfang April letzten Jahres Open-Air-Messfeier in Lahore, Anfang April letzten Jahres 

Pakistan: Als der Bischof sich das Leben nahm

Als der pakistanische Bischof John Joseph 1998 Suizid beging, schockierte das Menschen in Pakistan über die Grenzen des Katholischen hinaus. Jetzt wurde in Lahore an den Bischof erinnert – und eine Einordnung versucht.

Josephs Selbsttötung habe dazu beigetragen, dass Menschen, die damals wegen Blasphemie verurteilt waren, nicht hingerichtet wurden, sagten Kirchenvertreter beim Gedenkseminar am Wochenende in Lahore. „Der Suizid hat dabei geholfen, das Bewusstsein für das Problem zu schärfen und das Leben der Angeklagten – Christen und Muslime – zu retten“, so Pater Khalid Rashid Asi von der Diözese Faisalabad.

Die Verzweiflungstat des Bischofs von Faisalabad habe 1998 „das Schweigen gebrochen“: „Dann wären viele gehängt worden.“ Eigentlich sei Josephs Suizid eher ein „Opfer“ gewesen. „Es wurde ein positiver Punkt“, so der Priester, der die Bistumskommission für interreligiösen Dialog leitet, gegenüber der Nachrichtenagentur ucanews.

Erster einheimischer Bischof

John Joseph war der erste einheimische Priester des Punjab und der erste einheimische katholische Bischof gewesen. In einer Abschiedsbotschaft ließ er wissen, sein Suizid sei ein Protest gegen die Lage der Minderheiten in Pakistan. Vor allem protestiere er gegen das Gesetz, nach dem jeder, der der Lästerung des islamischen Propheten Mohammed überführt wird, automatisch zum Tod verurteilt wird. Joseph erschoss sich vor einem Gerichtsgebäude, in dem Richter einen Christen, Ayub Masih, nach dem umstrittenen Blasphemiegesetz zum Tod verurteilt hatten. Masih kam am Ende frei: 2002 hob der Oberste Gerichtshof Pakistans das Urteil auf, sprach den Christen von allen Anklagepunkten frei und entließ ihn aus der Todeszelle.

Das bekannteste Opfer des Blasphemiegesetzes: Die Christin Asia Bibi saß lange in der Todeszelle, dann konnte sie ins Exil gehen
Das bekannteste Opfer des Blasphemiegesetzes: Die Christin Asia Bibi saß lange in der Todeszelle, dann konnte sie ins Exil gehen

„Er wollte die Aufmerksamkeit der Welt auf das Blutvergießen im Namen der Religion lenken“

Auf Blasphemie steht in Pakistan rechtlich gesehen die Todesstrafe. Bisher wurde noch niemand vom Staat dafür hingerichtet, aber Anschuldigungen führen oft zu gewalttätigen Angriffen und Lynchmorden. „Wir nennen es Märtyrertum“, so Pater Khalid Rashid Asi. „Damit wollte der Bischof auf die Gräueltaten hinweisen, die im Namen des Blasphemieparagraphen begangen werden. Er wollte die Aufmerksamkeit der Welt auf das Blutvergießen im Namen der Religion lenken.“

Über tausend Opfer

Nach Angaben des Zentrums für soziale Gerechtigkeit (CSJ), das die Gedenkveranstaltung in Lahore organisiert hatte, wurden zwischen 1985 und Dezember 2021 mindestens 1.949 Menschen Opfer von falschen Anschuldigungen, langwierigen Prozessen und Vertreibung. Mindestens 84 wurden gelyncht, nachdem sie aufgrund des Blasphemiegesetzes verdächtigt oder angeklagt worden waren.

Nach Darstellung von Wajahat Masood, dem muslimischen Vorsitzenden des CSJ, war der Suizid des Bischofs die höchste Form des zivilen Protests. Doch sei die Diskriminierung von Minderheiten „so stark wie eh und je“. „Darüber hinaus sind neue Formen der Ungerechtigkeit entstanden, darunter Lynchjustiz, Zwangsbekehrung, Vertreibung, Erpressung, Entweihung von Gebetsstätten und Entführung unter dem Deckmantel der Ehe. Der Staat bleibt unsensibel, und die Gesellschaft schweigt weitgehend.“

„Wir nennen das Märtyrertum“

In Faisalabad hielt Bischof Indrias Rehmat in der Kathedrale einen Gedenkgottesdienst für seinen Vorgänger und legte später gemeinsam mit Aktivisten der „Minorities Alliance Pakistan“ (MAP) Blumenkränze am Grab von Bischof Joseph nieder, das auf dem Gelände der Kathedrale liegt. Der MAP-Vorsitzende Akmal Bhatti verglich die Tat des verstorbenen Bischofs mit Harakiri, der rituellen Selbsttötung japanischer Samurai.

„Wir nennen das Märtyrertum. Es war seine Art, auf die Gräueltaten hinzuweisen, die im Namen der Blasphemie begangen wurden. Er wollte die Aufmerksamkeit der Welt auf dieses Blutvergießen im Namen der Religion lenken. Man kann geteilter Meinung darüber sein, wie er mit der Verzweiflung umgegangen ist“, sagte er gegenüber UCA News.

„Sein Opfer konnte keine Früchte tragen... aber es motiviert uns“

„Sein Opfer konnte keine Früchte tragen, weil die Machthaber und der Staat den Extremismus weiterhin protegieren. Auch heute noch fühlt sich jede Person, die einer religiösen Minderheit angehört, unsicher. Wir können uns und unseren Glauben nicht offen äußern. Doch solche Tragödien motivieren uns, weiter für die Unterdrückten und Schwachen zu kämpfen.“

(ucanews – sk)
 

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09. Mai 2022, 10:02