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Kardinal Bechara Boutros Rai hält eine Gedenkmesse am Hafen von Beirut Kardinal Bechara Boutros Rai hält eine Gedenkmesse am Hafen von Beirut 

Libanon: Gedenkfeier für die Opfer der Explosion

Zehntausende Menschen haben an der Gedenkfeier im Hafen von Beirut teilgenommen, mit der der Opfer der Detonation vor einem Jahr gedacht wurde. In seiner Predigt sagte Kardinal Bechara Boutros Rai, Gerechtigkeit sei eine Forderung aller Libanesen. Sie müssten erfahren, wer für die Explosion verantwortlich ist, die mehr als 200 Todesopfer gefordert hat.

Bei der Gedenkmesse zum ersten Jahrestag der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut übte der Kardinal-Patriarch Rai massive Kritik an der politischen Führung im Libanon: „Der Staat schuldet nicht nur den Familien der Opfer, sondern allen Libanesen die Wahrheit“, betonte das Oberhaupt der Maronitischen Kirche bei dem Gedenken am Mittwochabend zur schleppenden Aufarbeitung der Katastrophe vom 4. August 2020 mit rund 200 Toten und mehr als 6.500 Verletzten.

Umgehende Regierungsbildung

Angesichts des vor einem Jahr vergossenen Bluts von „Märtyrern“ könne es keine politische Immunität geben, sagte der Patriarch in Richtung jener staatlichen Autoritäten, die nicht nur ihre Unschuld beteuern, sondern per Hinweis auf ihre Immunität auch Ermittlungen gegen ihre Person bekämpfen. Einmal mehr forderte Rai außerdem eine umgehende Regierungsbildung angesichts der immer dramatischeren wirtschaftlichen Krise im Land. „Die internationale Gemeinschaft ist für die Nöte der Libanesen sensibler als die libanesischen Führer selbst“, hielt der 81-jährige Patriarch fest.

Das Gedenken in unmittelbarer Nähe des Kraters, den die Explosion von 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat vor einem Jahr hinterlassen hat, begann mit einem muslimischen Gebet und einer Schweigeminute für die Opfer. Im Anschluss wurden die Namen der Todesopfer der Katastrophe verlesen, die die „die Hälfte der Hauptstadt“ verwüstete, wie Patriarch Rai laut Tageszeitung „L'Orient-Le Jour“ später in seiner Predigt bei der Gedenkmesse erinnerte. An dem Gottesdienst nahmen zahlreiche Angehörige der Opfer teil, die teilweise Bilder ihrer ums Leben gekommenen Familienmitglieder in Händen hielten. Auch der päpstliche Gesandte im Libanon, Nuntius Joseph Spiteri, feierte die Messe mit. Politiker nahmen nicht teil.

„Politik dient nur eigenen Interessen“

Die politische Klasse im Land diene nur ihren eigenen Interessen, während die Bevölkerung unter der Last der wirtschaftlichen Krise im Libanon leide, kritisierte Rai in seiner Ansprache. Gleichzeitig versuchte der Kirchenführer den Libanesen Mut und Hoffnung zuzusprechen - unter anderem mit dem Hinweis auf die jüngste internationale Geberkonferenz, bei der mehrere Länder am Mittwoch weitere millionenschwere Hilfen für den Libanon angekündigt haben.

So sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei der von ihm angestoßenen Konferenz 100 Millionen Euro und die Lieferung von 500.000 Corona-Impfdosen zu. Deutschland versprach 40 Millionen Euro, die EU-Kommission zusätzliche 5,5 Millionen zu bereits geplanten 50 Millionen Euro im laufenden Jahr. Die Geber verbanden damit deutliche Forderungen an die politische Führung des Libanon, die Hintergründe des Unglücks aufzuklären und Reformen auf den Weg zu bringen.

Zusammenstöße

Am Rande der Gedenkfeier kam es allerdings auch zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Insbesondere in der Umgebung des Parlamentes hatten sich Demonstranten versammelt, um ihrem Unmut darüber Ausdruck zu verleihen, dass ein Jahr nach der Explosion immer noch keine rechtlichen Schritte gegen diejenigen eingeleitet wurde, die ein Untersuchungsbericht bereits als verantwortlich identifiziert hat.

Die Polizei hat mit Tränengas, Wasserwerfern und Gummigeschossen gegen die aufgebrachten Demonstranten reagiert, die mit Steinen warfen und einen Brand legen wollten. Unter anderem kam auch ein Panzer zum Einsatz. Das Rote Kreuz, das 21 Ambulanzen und 100 Sanitäter eingesetzt hatte, sprach anschließend von Dutzenden Verletzten, die vor Ort behandelt wurden, während acht ins Krankenhaus eingewiesen werden mussten.

(vatican news/agi - cs)

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05. August 2021, 10:13