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Die Menschen in der àthiopischen Region Tigray stehen vor dem Nichts und sind auf Nothilfe angewiesen Die Menschen in der àthiopischen Region Tigray stehen vor dem Nichts und sind auf Nothilfe angewiesen 

ijٳ󾱴DZ辱±ð²Ô: Für Frieden auf Kirche im Land hören

In der Region Tigray im Norden ijٳ󾱴DZ辱±ð²Ôs steht wegen des seit sieben Monaten andauernden militärischen Konfliktes eine humanitäre Katastrophe bevor: über 350.000 Menschen riskieren den Hungertod. Darauf weisen Hilfswerke immer drängender hin. Wir sprachen mit dem Präsidenten von missio München, Wolfgang Huber.

Für die Vereinten Nationen, WFP und UNICEF handelt es sich bei der aktuellen Krise in Äthiopien um die schwerste in einem einzigen Land, seit in Somalia im Jahr 2011 250.000 Menschen ums Leben kamen. 

Im jüngsten (Integrated phase classification), der am Donnerstag veröffentlicht wurde, wird aufgeführt, dass in Äthiopien 350.000 Menschen bereits Hunger litten und deshalb in Lebensgefahr seien, während sich vier Millionen in einer schwierigen Situation befinden – schwindelerregende Zahlen angesichts einer Bevölkerungszahl von 5,5 Millionen. Sollten die Hilfen nicht ungehindert fließen können, könnte sich die Anzahl derjenigen, die einen Hungerstod riskieren, sogar auf 400.000 erhöhen.

Ein blutiger Konflikt mit ethnischen Wurzeln

An der Wurzel des Elends liegt der Konflikt, der seit sieben Monaten zwischen Regierungstruppen und den Milizen der Autonomiebewegung in Tigray tobt. Tausende von Menschen sind bereits Opfer der Auseinandersetzungen geworden, 1,7 Millionen wurden aus ihren Häusern vertrieben. Um die lebensnotwendige Nothilfe für die Bevölkerung leisten zu können, brauche es jedoch einen Waffenstillstand, haben im Vorfeld des G7-Gipfels die Europäische Union und die Vereinigten Staaten gefordert. Weitere Forderungen: auch die eritreischen Truppen, die den äthiopischen Regierungstruppen bei den Kampfhandlungen unterstützen, müssten das Land verlassen, während die internationale Gemeinschaft ihre Unterstützung verstärken müsse. Einstimmig ist auch der Appell der Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen, sofort Nothilfe in der betroffenen Gegend zu ermöglichen. 

Lebensmittelhilfen können nur eintreffen, wenn der Beschuss ausgesetzt wird
Lebensmittelhilfen können nur eintreffen, wenn der Beschuss ausgesetzt wird

Wir sprachen mit Monsignore Wolfgang Huber, Präsident von missio München.

Mons. Wolfgang Huber, Präsident von missio München: Zunächst einmal muss ich dazu sagen, dass es gar nicht einfach ist, derzeit Informationen zu bekommen, weil man die Region durchaus auch abgeschottet hat. Und das trägt letztendlich dazu beit, dass, von außen unbemerkt, sich dort Gewalt ereignet. Ich spreche aber immer wieder mit Kirchenvertretern. Zum Beispiel mit Bischof Tesfaselassie Medhin, den ich immer wieder am Handy erreichen kann, mit Father Teshome Fikre, der im Auftrag der äthiopischen Bischofskonferenz im Januar die Region besucht hat, und mit Schwester Lucia Lazarus, Provinzoberin von den Daughters of Charity, die im März nochmal in der Region unterwegs war.

Radio Vatikan: Was erzählen Ihnen denn Ihre Gesprächspartner?

Wolfgang Huber: Zunächst einmal ist sehr viel von der Infrastruktur, die für das Leben dort notwendig ist, zerstört worden. Dann herrscht eine Gewaltsituation, unter der die Menschen leiden, vor allem diejenigen, die in den Flüchtlingscamps gelebt haben. Dort herrscht Hunger, eine schwierige gesundheitliche Situation, weil auch Gesundheitszentren zerstört worden sind, bis hin zur Frage der Wasserversorgung: Es ist ein ganz ganz schwieriges Leben dort und die einzige „verlässliche“ Institution ist eigentlich momentan die Kirche. Denn die Bischöfe, Priester und Ordensleute vor Ort versuchen dort zu helfen. Und darum versuchen auch wir, dort Nothilfe zu leisten. Es geht wirklich im Moment darum, wie wir den Menschen helfen können, in einer zerstörten Region wieder ein bisschen Leben entfalten zu können. Natürlich sind die Schulen geschlossen oder auch zerstört, alles das gehört dazu.

„Die einzige „verlässliche“ Institution ist eigentlich momentan die Kirche.“

Radio Vatikan: Abgesehen von der geschilderten Not wurde ja mit Blick auf die Ereignisse auch bereits das Wort Völkermord verwendet…

Wolfgang Huber: Ich glaube, dass das ein sehr starker Begriff ist, mit dem man auch vorsichtig umgehen muss. Vor allen Dingen, weil wir ja auch wissen, dass Äthiopien letztlich ein Staat mit sehr verschiedenen Ethnien ist und man versucht hat, zunächst einmal einen Staat, einen föderalen Staat, zu bilden, in dem diese Ethnien miteinander die Dinge gestalten sollten. Jetzt ist es so, dass der neue Präsident von dieser Vision in gewisser Weise abrücken und eher einen regionalen Föderalismus einführen oder verstärken möchte. Und da geraten natürlich verschiedene Ethnien aneinander, darunter auch die Tigray, die in dieser Region beheimatet sind und die vorher eine große starke politische Einflussnahme hatten und in der landesweiten Regierung saßen.

Dies so lange, bis es dann im Zug der Proteste zu einem Umsturz kam, und dann der neue Präsident Abiy Ahmed, ein Oromo (größte, aber auch besonders marginalisierte Volksgruppe in Äthiopien, Anm.), an die Macht kam. Zunächst trat er zwar als Reformer an, erst ja wegen der Aussöhnung mit Eritrea ja auch mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden, aber jetzt zeigt er durchaus auch, dass er bereit ist, mit Härte gegen einzelne regionale ethnische Gruppen vorzugehen.

Soldaten aus Eritrea und Äthiopien sind im Konflikt in Tigray involviert - ihnen gegenüber stehen die lokalen Milizen
Soldaten aus Eritrea und Äthiopien sind im Konflikt in Tigray involviert - ihnen gegenüber stehen die lokalen Milizen

Radio Vatikan: Sie haben Eritrea genannt. Eritrea hat ja Äthiopiens Staatsführung jetzt auch beim Kampf in Tigray unterstützt. Wie wirkt sich denn dieser Konflikt auf die gesamte Region aus?

Wolfgang Huber: Dieser Konflikt ist für die gesamte Region eine ganz schwierige Situation, weil letztendlich der Friedensschluss zwischen Eritrea und Äthiopien als ein Hoffnungsmoment für das Zusammenleben im gesamten Afrika durchaus von anderen Ländern und von der Afrikanischen Union wahrgenommen wurde. Dass jetzt Eritrea zusammen mit den äthiopischen Staatstruppen dort in dieser Region gegen eine Ethnie vorgehen, ist eine Tatsache, die einiges, was derzeit in Afrika geschieht, wieder zurückwirft. Denn es gibt ja auch in anderen Ländern verschiedene Ethnien und verschiedene Stämme, wo man dann eben auch immer versucht, diese zu einem Staat oder zu einer Gesellschaft zusammenzuführen.

Radio Vatikan: In Äthiopien sind jetzt auch bereits zum zweiten Mal die Wahlen verschoben worden, was sagt uns denn das?

Wolfgang Huber: Zunächst sind die Wahlen angeblich wegen der Pandemie verschoben wordenIch habe den Eindruck - und das bestätigen mit dort auch unsere Partner in der Region aber auch in Gesamtäthiopien, dass man eher ein politisches Kalkül ausspielt, um zu verhindern, dass in dieser Situation, wo es eben zwischen den Ethnien in Äthiopien durchaus Grabenkämpfe gibt, eine Wahl durchgeführt wird. Die hätte ja jetzt am 5. Juni stattfinden sollen, jetzt ist sie aber wieder verschoben worden auf den 21. Juni. Mir sagen Partner vor Ort, dass sie nicht glauben, dass vor dem Herbst hier irgendetwas geschieht.

„Äthiopien war schon einmal wesentlich weiter“

Radio Vatikan: Ja, was müssten oder könnten internationale Akteure und Staaten denn regional und international tun, um diese Lage zu befrieden?

Wolfgang Huber: Momentan scheint man das Problem eigentlich ein bisschen beiseite geschoben zu haben. Man merkt es ja selber, in der Öffentlichkeit ist dieser Konflikt momentan nicht präsent, zumindest bei uns, in der westlichen Welt, und auch in der African Union. Momentan sind die einzelnen Staaten mit sich selber beschäftigt, sie sind mit der Corona-Pandemie und mit Hungersnöten beschäftigt. Ich denke wichtig wäre, dass man letztendlich auf die staatlichen Institutionen, und auch auf dem Präsidenten, durchaus auch noch einmal politisch einwirken sollte, um ihm auch klar zu machen, was es bedeutet, wenn jetzt hier in Äthiopien zunehmend diktatorische Züge und kriegerische Auseinandersetzungen als Lösungsmodelle für Konflikte letztendlich hoffähig werden. Das kann nicht der Weg sein.

Äthiopien war schon einmal wesentlich weiter. Und gerade mit dem Friedens-Schritt mit Eritrea… Ich war zu dem Zeitpunkt gerade auch in der Region um Tigray unterwegs. Dort haben vor allen Dingen die Kirche und andere Hilfsorganisationen, die eine Struktur haben, sehr große und wertvolle Beiträge geleistet. Auf die zu hören und diese zu unterstützen, könnte dann durchaus auch an den Wurzeln der Bevölkerung eine Möglichkeit schaffen, dass man versöhnlich und versöhnend miteinander umgeht, um zu sehen, welche Zukunft haben wir - in der Form von verschiedenen Ethnien - als Äthiopierinnen und Äthiopier miteinander.

(vatican news - cs)

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11. Juni 2021, 14:09