Open Doors-Bericht: „Christinnen weltweit oft doppelt verfolgt“
Anne Preckel und Adriana Masotti - Vatikanstadt
Die Erhebung „“ wurde anlässlich des Weltfrauentages am 8. März veröffentlicht. Darin geht es um Fälle in 50 Ländern der Welt, in denen laut Open Doors Christen am stärksten verfolgt werden. Der Zeitraum der Berichterstattung beginnt mit Oktober 2019 und geht bis Ende September 2020. Entwicklungen während der Corona-Pandemie werden damit berücksichtigt, auch Trends, die über den Untersuchungszeitraum hinausweisen, werden abgebildet.
Sexuelle Gewalt typisches Element der Unterdückung von Frauen
Gewalt und Übergriffe gegen Christen sind in der Statistik gesondert nach Geschlecht aufgeführt. Was junge Mädchen und Frauen betrifft, erfahren sie weltweit vielfältige Formen von Unterdrückung und Gewalt - meist versteckt, zum Teil jedoch auch öffentlich. Im Vergleich zu verfolgten Männern spielt dabei die sexuelle Komponente fast immer eine Rolle, wie der Direktor von Open Doors Italien, Cristian Nani, im Interview mit Radio Vatikan erläutert:
„Wir haben es hier mit sexueller Gewalt oder der Androhung sexueller Gewalt zu tun, mit Zwangsehen, psychologischer Gewalt, erzwungenen Scheidungen, Entführungen - wie etwa oft aus Pakistan berichtet, wo junge Christinnen entführt und mit muslimischen Männern zwangsverheiratet und dazu gezwungen werden, zum Islam überzutreten. Es gibt auch Fälle, wo Frauen im Haus eingekerkert werden und ihnen die Kinder weggenommen werden. Oder sie werden als Sklavinnen gehandelt und zu sexuellen Zwecken verkauft, wie das etwa mit Frauen aus Nordkorea passiert, die nach China gebracht werden.“
Zwangsehen, sexuelle und physische Gewalt sind laut Open Doors die häufigsten Formen der Unterdrückung von Frauen (90, 86 und 84 Prozent). In Ländern wie Pakistan, Indien, Nigeria und der Zentralafrikanischen Republik würden jährlich Hunderte Frauen entführt, vergewaltigt und zwangskonvertiert. Auch erzwungene Scheidungen (70 Prozent) stellten erhebliche Belastungen dar, weil sie für Frauen mit dem „Verlust von Ehre, Versorgung und Erbrecht“ einhergingen. Für Frauen, die gezwungen wurden zum Islam zu konvertieren, sei es „selbst nach einer Scheidung nicht möglich, wieder zu ihrem christlichen Glauben zurückzukehren, da die Abkehr vom Islam unter Strafe steht“.
Zunahme physischer und psychischer Gewalt gegen Frauen
Die physische Gewalt gegen christliche Frauen hat laut Open Doors gegenüber dem Vorjahr um 31 Prozent und die psychische Gewalt um sogar 85 Prozent zugenommen, heißt es in dem Bericht weiter. Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen hätten die Zahlen in die Höhe schnellen lassen, erläutert Cristian Nani:
„Die verschiedenen Lockdowns, die es in den verschiedenen Ländern gegeben hat, waren ein Faktor der Multiplikation und des Anstiegs der Verfolgung von Christen. Die Covid-Beschränkungen haben es extremistischen Milizen in Ländern südlich der Sahara etwa erlaubt, sich freier zu bewegen und – wie etwa im Fall von Boko Haram – mit Entführungen und Versklavungen von Frauen ganze christliche Gemeinschaften zu treffen oder Lösegeld zu erpressen.“
Was die Corona-Pandemie betrifft, belegen auch andere Studien einen insgesamten Anstieg der Belastung vor allem von Frauen, nicht nur in armen, sondern auch in entwickelten Ländern mit festgeschriebender Gleichberechtigung. Auch über eine Zunahme häuslicher Gewalt im Kontext der Pandemie wurde hier berichtet.
Christinnen-Verfolgung als Strategie
Das Hilfswerk Open Doors richtet mit seiner Studie den Blick auf die Länder mit der stärksten Christenverfolgung, wo Christen in der Minderheit sind. In diesem Kontext sei die gezielte Verfolgung und Versklavung christlicher Frauen durch Extremisten eine Strategie, um die gesamte religiöse Gemeinschaft zu treffen. Ziel sei dabei die „Zerstörung von Ehen, Familien und christlichen Gemeinden“. Das wurde etwa auch beim Islamischen Staat im Irak deutlich, dessen Opfern der Papst bei seiner jüngsten Reise gedachte - Franziskus schloss dabei religionsübergreifend alle Verfolgten ein. Cristian Nani:
„Die Frau zu treffen ist eine präzise Strategie der Verfolger, denn dies trifft eine Hauptstütze der Kirche, es geht darum, die Heiligkeit der Familie zu treffen. Die islamistische Terrorsekte Boko Haram versteht zum Beispiel sehr gut, dass die Familie in der christlichen Überzeugung der Gründungskern der Gemeinschaften und der Kirche ist. Die Verfolgung der Frauen ist also eine Waffe, um alle zu treffen.“
Mehr Schutz und Rechte für Frauen
Aus den im dargelegten Ergebnissen leitet Open Doors unter anderem die Empfehlung an die Politik ab, gezielte Hilfsprogramme für Frauen durchzuführen und – wo dies noch nicht der Fall ist – auf eine rechtliche Gleichstellung von Frauen vor dem Gesetz hinzuwirken, um Straftaten ahnden zu können. Auch gelte es den Menschenhandel weltweit besser zu bekämpfen.
(vatican news – pr)
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