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Friedhof für Kinder in Tuam, deren Leichen anonym begraben wurden - Aufnahme von 2014 Friedhof für Kinder in Tuam, deren Leichen anonym begraben wurden - Aufnahme von 2014 

Irland: Mea Culpa der Bischöfe für Heim-Skandal

Fast 3.000 Seiten, Untersuchungen zu 18 kirchlichen Einrichtungen, erschütternde Ergebnisse: Der Schlussbericht einer Kommission, die die Zustände in von der Kirche geführten Mutter-Kind-Heimen und Sozialstellen bis 1998 unter die Lupe genommen hat, ist an diesem Mittwoch veröffentlicht worden.

Der Bericht beschäftigt sich unter anderem mit dem Skandal um das frühere Mutter-und-Kind-Heim in Tuam, das von Ordensfrauen geleitet wurde. Eine Historikerin hatte 2014 herausgefunden, dass in dem Heim von 1925 bis 1961 Hunderte von Totenscheinen für Kleinkinder ausgestellt worden waren. Daraufhin wurden in der Nähe des Heims zahlreiche menschliche Überreste gefunden.

Der Fall erschütterte das traditionell katholische Irland zutiefst. Schon vor dem Bekanntwerden des Skandals um Tuam hatte Papst Benedikt XVI. mit einem ausführlichen Brief an die Kirche in Irland auf dortige Missbrauchs-Skandale reagiert. Papst Franziskus bat 2018 bei einem Besuch in Irland um Entschuldigung für die Skandale und Verbrechen von Kirchenleuten in der Vergangenheit.

Ungewöhnlich hohe Todesrate bei Kleinkindern

In etwa fünf Jahren Arbeit untersuchte die Kommission das Schicksal von etwa 35.000 Mädchen und Frauen, die in diesen kirchlichen Heimen Aufnahme gefunden hatten – in der Regel Schwangere, die nicht verheiratet waren. Sie brachten in den Heimen ihre Kinder zur Welt, waren dabei aber nach Darstellung des Berichts in der Regel harter, menschenunwürdiger Behandlung ausgesetzt. Den meisten Müttern wurden ihre Kinder weggenommen, viele der Kinder wurden zur Adoption freigegeben. Ungewöhnlich viele Kinder starben.

Insgesamt kamen in den kirchlichen Einrichtungen in Irland im untersuchten Zeitraum etwa 9.000 Kleinkinder ums Leben. Diese Todesrate von 15 Prozent liegt weit über dem nationalen Durchschnitt im gleichen Zeitraum. Allein im kirchlichen Mutter-Kind-Heim von Bessborough in der Grafschaft York lag die Sterblichkeitsrate von Kindern vor ihrem ersten Geburtstag im Jahr 1943 bei 75 Prozent, so der Bericht.

Vorsitzender der Bischofskonferenz: Ich bitte um Entschuldigung

Der Vorsitzende der irischen Bischofskonferenz, Erzbischof Eamon Martin, erklärte, der Bericht belege eine Geisteshaltung der „Stigmatisierung und Ablehnung von Menschen“. Die Kirche, aber auch andere Teile der Gesellschaft hätten sich in der Vergangenheit den Frauen gegenüber schuldig gemacht. Martin hieß die Veröffentlichung des Berichtes, der ein „dunkles Kapitel in der Geschichte der Kirche und der Gesellschaft“ zeichne, ausdrücklich gut. „Ich bitte die Überlebenden und alle Betroffenen um Entschuldigung für all die Verletzungen und Belastungen.“

Nach Angaben von Irlands Jugendminister Roderic O'Gorman macht der Bericht klar, „dass Irland jahrzehntelang von einer unterdrückerischen und brutalen frauenfeindlichen Kultur gezeichnet“ gewesen sei. Ministerpräsident Micheál Martin will im Lauf dieser Woche im Parlament allen Betroffenen gegenüber eine formelle Bitte um Entschuldigung aussprechen. Auch er spricht von einem „schwarzen, schwierigen, peinigenden Kapitel unserer jüngsten Geschichte“.

Die Historikerin Catherine Corless brachte den Tuam-Skandal ans Licht
Die Historikerin Catherine Corless brachte den Tuam-Skandal ans Licht

Opferverband: „Der Bericht zeigt nur einen Aspekt“

Die Regierung will finanzielle Entschädigungszahlungen für die Opfer auf den Weg bringen und dabei mithelfen, dass die sterblichen Überreste von vielen der verstorbenen Kinder ausgegraben und ordentlich beigesetzt werden. Ein Opferverband nannte den Bericht „wirklich schockierend“, fand aber die Rolle des Staates darin nicht deutlich genug dargestellt. „Der Bericht zeigt nur einen Aspekt“; die Irische Republik sei insgesamt „zutiefst frauenfeindlich“ gewesen, „in ihren Gesetzen und ihrer Kultur“. Zugleich dürfe die Kirche jetzt nicht meinen, sich unter Verweis auf eine allgemeine Grundhaltung der damaligen Zeit „aus der Verantwortung stehlen“ zu können.

(ap/reuter – sk)
 

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13. Januar 2021, 12:15