Holocaust-Gedenktag: Die Schwierigkeiten mit der ?bermittlung
Mario Galgano und Xavier Sartre – Vatikanstadt
Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Seitdem begeht die Welt an diesem Datum einen Tag, der der Shoah, dem Völkermord an den Juden während des Zweiten Weltkriegs, allen Völkermorden und der Verhinderung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewidmet ist.
76 Jahre nach Kriegsende können nur noch wenige Holocaust-Zeitzeugen erzählen, was sie erlebt haben. Und damit stelle sich natürlich auch das Problem der Weitergabe ihrer Erinnerung, wie Marie-Anne Matard-Bonucci uns sagt. Sie ist nicht nur Präsidentin des französischen Vereins gegen Antisemitismus, sondern auch Professorin für Zeitgeschichte in Paris. Der Gedenktag biete auch eine Möglichkeit, an den heutigen latenten Antisemitismus in Europa zu erinnern, so Matard-Bonucci.
Erinnerung an den Holocaust an den Schulen
?Erstens: Man versteht die Shoah nicht, wenn man nicht die ganze Geschichte des Antisemitismus davor versteht, und diese Dimension wird in vielen Orten gar nicht gelehrt. Wir sollten aber zum Beispiel über den Antijudaismus im Christentum sprechen, den die Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil beleuchtet hat. Dann müsste den Lehrern an den Schulen auch die Zeit gegeben werden, Geschichte intensiv lehren zu können, aber die Lehrpläne werden immer dünner und das Fach Geschichte immer unbedeutender“, fuhr sie fort.
In einem europäischen Kontext, in dem der Antisemitismus ungebrochen weiter existiere, sei es nicht einfach, über die Shoah zu unterrichten, gesteht sie. Man müsse auch bedenken, dass die Ursprünge und Ausdrucksformen des Antisemitismus in den verschiedenen europäischen Ländern sehr variiere. In einigen Ländern existiere vor allem der Negationismus, in anderen Staaten seien vor allem Verschwörungstheorien gegen Juden in den sozialen Netzwerken verbreitet.
?Wir sollten auch nicht von der Ebene der Emotionen oder der Moral ausgehen, die im Laufe der Zeit sehr unterschiedlich sein kann. Die Schule ist der Ort der Intelligenz, der Dekonstruktion von Phänomenen. Der Ansatz muss also vor allem wissenschaftlich, intellektuell sein, um zu erklären, wie wir an diesem schrecklichen Punkt gekommen sind.“
Da stundenlange Audio- und Bildarchive zur Verfügung stünden, sei auch ein anderer Ansatz möglich, um die Erinnerung zu übertragen, so die Expertin:
?Die aktive Beteiligung von Schülern oder Studenten macht dies möglich. Mehrere Vereine oder Projekte haben Initiativen wie z. B. ,Convoy 77´ gestartet: benannt nach dem letzten Konvoi mit Deportierten, der das Lager Drancy in Frankreich in Richtung Auschwitz verließ. Jeder Schüler recherchiert die Biographien der Deportierten, die mit diesem Konvoi aufgebrochen sind. Und so werden sie dazu angeleitet, die Geschichte des Holocausts wieder lebendig werden zu lassen“, erklärt die Geschichtsprofessorin.
(vatican news)
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