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Papst Franziskus und der emeritierte Erzbischof von San Cristóbal de Las Casas, Felipe Arizmendi Esquivel Papst Franziskus und der emeritierte Erzbischof von San Cristóbal de Las Casas, Felipe Arizmendi Esquivel  

Fratelli tutti: „Geschwisterlichkeit statt Krieg“

Der neue mexikanische Kardinal Felipe Arizmendi Esquivel wünscht sich eine breitere Aufnahme der Papst-Enzyklika „Fratelli tutti“ in Amerika. Die Einladung von Franziskus, nach Gottes Willen Geschwisterlichkeit und nicht „zerstückelte Kriege“ zu leben, gehe an alle, sagte der emeritierte Erzbischof von San Cristóbal de Las Casas in unserem Interview.

San Cristóbal liegt in der südlichen mexikanischen Unruheprovinz Chiapas; dort wirkte der heute 80 Jahre alte Kardinal Arizmendi Jahrzehnte seines Lebens und trug das Evangelium (teilweise mit innovativen liturgischen Formen) zu den Armen. Als große Stärke des Papstschreibens würdigt der Kardinal den Aufruf an alle, sich nicht abzufinden mit Gewalt, Hass und Spaltung.

Der Papst „gibt nicht nur Ratschläge, als wäre er ein Anthropologe, ein Soziologe, ein Psychologe, sondern als Glaubender sagt er uns vom Wort Gottes ausgehend: Wir sind Geschwister. Wir können verschiedene Ansichten haben, verschiedenen Parteien und Kulturen angehören, verschiedene Wurzeln und Religionen haben, aber tief im Inneren sind wir Personen: Wir sind das Ebenbild Gottes, wir sind Geschwister.“ sei ein transzendentes Lehrschreiben, eines, das auf Gott verweise, erklärte der mexikanische Geistliche, den Papst Franziskus am Samstag ins Kardinalskollegium aufgenommen hat.

Als konkretes Anliegen hob Kardinal Arizmendi das Nein zur Herstellung von Waffen hervor. „Die Vereinigten Staaten produzieren zum Beispiel viele Waffen für uns, sie haben viel Freiheit, Waffen herzustellen. Aber oft gehen diese Waffen hier in Mexiko an kriminelle Banden. Die Vereinigten Staaten sind nicht daran interessiert, die Produktion und den Verkauf von Waffen zu kontrollieren, es ist ein Geschäft, sie leben davon, ihre Wirtschaft hängt von Rüstungsfragen ab - und doch sind sie zur Zerstörung bestimmt“, so der Kardinal. „Fratelli tutti“ zeige den entgegengesetzen Weg. Franziskus lade dazu ein zu sagen: „Genug mit all den Differenzen,  all den Streitigkeiten, genug mit all den Kriegen, all dieser Waffenproduktion, um uns gegenseitig zu vernichten.“

Hier unser Radiobeitrag mit Kardinal Arizmendi:

„Genug von so vielen Kriegen, so viel Waffenproduktion, um uns gegenseitig zu vernichten“

Unabdingbar für den Weg des Friedens in Situationen der Gewalt sei Dialog, und Papst Franziskus lege in seinem Lehrschreiben „einige sehr interessante Richtlinien vor“, so der mexikanische Kardinal. „Dialog bedeutet nicht, dass ich in allem mit dem anderen übereinstimme, sondern dass ich weiß, wie ich ihm zuhören kann, wie ich mich in den anderen hineinversetzen kann, welche Gründe er hat, damit ich verstehen kann, was wirklich in dem anderen vorgeht, und auch meinen Beitrag leisten kann. Es bedeutet nicht, dass alles gleich viel wert ist, dass alle Religionen gleich sind – nein. Jeder von uns hat seine eigene Identität, und wir müssen das, was wir als Gläubige sind, einbringen.“

Die Kirche sei keine NGO, „keine bloß sozial-humanitäre Wirtschaftsorganisation“, erklärte der Kardinal. „Wir sind Gläubige, und wir bringen unseren Glauben ein. Und unser Glaube ruft uns zur Einheit auf.“ Sicherlich habe es in der Kirchengeschichte „Exzesse“ gegeben, Arizmendi nannte die Inquisition, „aber wir müssen aus der Geschichte lernen“. Geschwisterlichkeit sei der rechte Weg dazu. Papst Franziskus habe in seiner Enzyklika „nichts erfunden“ , sondern „er erinnert uns daran, das Evangelium zu leben“.

Erzbischof Arizmendi bei der Seelsorge
Erzbischof Arizmendi bei der Seelsorge

(vatican news – gs)

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02. Dezember 2020, 09:40