Chile: Jahrestag der Proteste – auch Kirchen in Flammen
Ein zunächst friedlicher Marsch schlug auf der Plaza Baquedano (Plaza Italia) in Gewalt und Zerstörung um. So wurde etwa die Kirche La Asunción in Brand gesetzt und nach Angaben des Portals „BioBio" komplett zerstört. Es sei unter anderem der Glockenturm beschädigt worden und das Gewölbe der Kirche eingestürzt, meldete Ucanews. Die Mariä-Himmelfahrts-Kirche war einer der ältesten Sakralbauten der chilenischen Hauptstadt.
Zuvor war bereits die Kirche der Polizeikräfte, San Francisco de Borja, geplündert und in Flammen gesteckt worden. Der Feuerwehr gelang es in diesem Fall jedoch, den Brand unter Kontrolle zu bringen. Wer die Brände verursacht hat, ist bislang unklar.
Kirche verurteilt Gewaltakte
Kirchenführer in Chile verurteilten die Attacken und mahnten erneut ein Ende der Gewalt an. Santiagos Erzbischof Celestino Aos verurteilte am Abend die Ausschreitungen. „Gewalt ist schlecht. Und wer Gewalt sät, wird Zerstörung, Schmerz und Tod ernten. Wir werden niemals irgendeine Art von Gewalt rechtfertigen", zitierten ihn chilenische Medien.
Auch das weltweite katholische verurteilte die gewaltsamen Angriffe auf die Kirchen in Santiago de Chile. Der geschäftsführende Präsident von Kirche in Not International, Thomas Heine Geldern, erklärte: „Nichts rechtfertigt die Angriffe auf Kirchen oder gegen den Glauben und die Überzeugungen anderer, um soziale, ethnische oder wirtschaftliche Gerechtigkeit zu verteidigen.“ Die Ereignisse zeigten, wie weit die von einigen Gruppen geförderte Gewalt und der Hass reichen können.
Es sei legitim, soziale Veränderungen zu fordern und dafür auf die Straße zu gehen. Aber „ungezügelter Hass gegen religiöse Gruppen“ erzeuge nur weitere Gewalt und Zerstörung und müsse „weltweit offen verurteilt werden“, so Kirche in Not International. Thomas Heine rief die chilenische Regierung auf, den Schutz religiöser Gebäude vor Hassverbrechen zu gewährleisten.
Hintergrund
Chile wird seit Monaten von Unruhen erschüttert. Die Demonstrationen entzündeten sich im Oktober 2019 zunächst an einer Fahrpreiserhöhung für die Metro und weiteten sich zu Forderungen nach einer Verfassungsänderung und einer anderen Sozialpolitik aus. Am Wochenende gab es zum Jahrestag des Beginns der Proteste erneut Gewalt. Bei einer Schießerei zwischen Polizeikräften und Demonstranten im Ortsteil La Victoria wurde laut lokalen Medienberichten ein Mensch getötet. Insgesamt wurden landesweit mehr als 580 Menschen verhaftet. Zudem kam es in verschiedenen Landesteilen zu Plünderungen und Sachbeschädigungen.
Die aktuelle chilenische Verfassung stammt noch aus der Zeit der Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990). Sie diente den Sicherheitskräften unter anderem dafür als Legitimierung, hart gegen Regierungsgegner sowie demonstrierende Ureinwohner, die Mapuche, vorzugehen.
Am kommenden Sonntag wird in Chile darüber abgestimmt, ob eine neue Verfassung ausgearbeitet werden soll. Die Abstimmung war eigentlich für April geplant und wurde aufgrund der Coronavirus-Pandemie verschoben. Chile zählte bisher mehr als 13.600 Tote durch die Pandemie.
(ucanews/kna/pm - sst)
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