Frankreich: Straßburger Erzbischof ruft zum Kampf gegen Antisemitismus
Nach einem weiteren antisemitischen Akt in seiner Diözese am 26. August beschloss der Erzbischof von Straßburg, diesen Hirtenbrief in einem ernsten und deutlichen Ton zu veröffentlichen. Er weist darin auch auf das Fortbestehen eines tief verwurzelten Antisemitismus hin, wofür die wiederholten Angriffe ein deutliches Zeichen seien.
Kirche toleriert keinen Antisemitismus
„Große Besorgnis erwächst in meinem Herzen angesichts wiederholter Taten, aber auch angesichts der Bewusstlosigkeit derer, die nicht dagegen rebellieren. Ihr Schweigen ermöglicht den Tätern zu handeln, ihre Gleichgültigkeit bestärkt die Täter. Die Geschichte unseres Elsass bezüglich dieses Themas trägt zu schwer. Wir können uns keine Hinauszuzögeung erlauben oder die Tatsache notieren, in der Hoffnung, dass sich die Dinge beruhigen werden“, so Erzbischof Ravel. Antisemitischer Hass erfordere ein ebenso starkes wie entschlossenes Engagement wie Umweltschutz: „Wir müssen diese beiden Missbräuche gleichzeitig bekämpfen“, sagt er.
In diesem notwendigen Kampf sei jeder Christ eingeladen, seinen vollen Anteil zu übernehmen, und das aus gutem Grund: „Jesus Christus, wie auch seine Mutter und seine ersten Jünger waren Juden“, erinnert der französische Erzbischof. Folglich stellen Antisemitismus und jede Gleichgültigkeit ihm gegenüber „einen schweren moralischen Fehler“ für Jünger Christi dar. „Innerhalb der katholischen Kirche ist zu diesem Thema keine Toleranz zulässig“, schreibt er mit Nachdruck.
„Die Interpretationen eines Jahrhunderts sind nicht mehr die von heute“
Der Erzbischof weist darauf hin, dass in zwei Monaten die Restaurierungsarbeiten am Südquerhaus des Straßburger Münsters endlich der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Er lenkt die Aufmerksamkeit insbesondere auf zwei berühmte allegorische Frauenstatuen, „die unverhüllte Kirche und die verhüllte Synagoge“ (Ecclesia et sinagogua). Die erste, gekrönt, hält in ihren Händen einen Kelch und ein vom Kreuz überragtes Banner; die zweite hält mit verbundenen Augen die Tafeln des Gesetzes des Mose.
Dieses künstlerische Thema, das im Mittelalter, insbesondere im 13. Jahrhundert, verbreitet war, sollte den Triumph des Christentums über die Blindheit Israels zum Ausdruck bringen, das in Jesus den von den Propheten angekündigten Messias nicht erkannte. Diese Symbolik sei seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und der historischen Wende in den jüdisch-christlichen Beziehungen obsolet geworden. Das könne man in der Konzils-Erklärung nachlesen. Für Erzbischof Ravel sei dies eine gute Gelegenheit, „durch ein starkes Zeichen (...) zu zeigen, dass die Interpretationen eines Jahrhunderts nicht mehr die von heute sind“.
Seit mehreren Jahren ist im Elsass eine Zunahme antisemitischer Handlungen zu verzeichnen; dieses Phänomen betrifft jedoch das gesamte französische Staatsgebiet, das im Jahr 2018 einen Anstieg des Judenhasses von 74 Prozent verzeichnete. Was speziell den elsässischen Fall betrifft, so weisen mehrere Experten auf eine unzureichende Erinnerung an die ideologischen Nachwirkungen der Nazi-Okkupation hin.
(vatican news – mg)
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