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Eine Frau berührt die Hand eines Kindes durch einen Drahtzaun einer temporären Notunterkunft für Flüchtlinge auf Lesbos Eine Frau berührt die Hand eines Kindes durch einen Drahtzaun einer temporären Notunterkunft für Flüchtlinge auf Lesbos 

Griechenland/EU: „Krise der Werte und Prinzipien“

Der Athener Erzbischof Hieronymos hat in einem Interview die Flüchtlingspolitik der EU kritisiert. Zugleich verwies das Oberhaupt der orthodoxen Kirche von Griechenland auf den Einsatz seiner Kirche für Flüchtlinge in dem EU-Grenzstaat.

Die Aufnahme von Fremden ist ein „integraler Teil des christlichen und griechischen Erbes“, daher betrachte die orthodoxe Kirche von Griechenland die Entwicklungen in der Flüchtlingskrise „mit tiefer Sorge“. Das hat der Erzbischof von Athen, Hieronymos (Liapis), in einem Interview mit dem Pressedienst des weltweiten Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) betont.

In dem am Dienstag auf dem Onlineportal des Weltkirchenrats veröffentlichten Gespräch äußerte sich das Oberhaupt der orthodoxen Kirche von Griechenland auch kritisch über die EU-Politik in Sachen Asyl und Migration. Die Flüchtlingskrise sei eine „Krise der Werte und Prinzipien“, betonte Hieronymos, es gehe um die „institutionelle Respektierung der Menschenrechte“ oder - „theologisch gesprochen“ - um die Respektierung der personalen Würde des nach dem Bild Gottes geschaffenen Menschen.

Erwartbare Tragödie

Die EU-Politik orientiere sich bei der Gestaltung der Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen nicht am „essenziellen europäischen Prinzip“ der Solidarität, kritisierte der orthodoxe Athener Erzbischof. Die ungleiche Verteilung der Verantwortung zwischen den EU-Mitgliedsländern habe Griechenland und die anderen „Grenzstaaten“ gezwungen, die Situation in einer Art und Weise zu behandeln, die nicht den Idealen entspricht, „die Europa angeblich im Hinblick auf den Schutz der Menschenrechte vertritt“. Hieronymos macht die europäische Politik auch für die Lage in den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Ägäis-Inseln verantwortlich. Menschen seien dort für lange Zeit zu einem Aufenthalt mit „eingeschränktem Zugang zu fundamentalen Gütern und Diensten“ gezwungen; in diesem Zusammenhang sei der kürzliche Brand im Lager Moria eine „erwartbare Tragödie“ gewesen.

Kirche bietet unbegleiteten Minderjährigen „sichere Räume“

Die orthodoxe Kirche habe einerseits ihre Organisationen wie das „Integrationszentrum für Arbeitsmigranten“ mobilisiert als auch tausende Pfarrgemeinden im Land, die Soforthilfe leisten, referierte der Erzbischof mit Blick auf die dringliche Flüchtlingshilfe. Derzeit betreibe die Kirche von Griechenland fünf Zentren für unbegleitete Minderjährige und bereite vier weitere vor, die eröffnet werden sollen, sobald die Finanzierung gesichert ist. Diese Zentren seien nicht als vorübergehende Unterkünfte konzipiert, sondern als „sichere Räume“, in denen Kinder und Jugendliche in vielfacher Weise Bildung und Unterstützung erhalten.

Die Kirche von Griechenland werde sich auch in Zukunft einerseits auf die Unterbringung minderjähriger und erwachsener Flüchtlinge konzentrieren, andererseits auf die Sensibilisierung des griechischen Volkes, das bereits bisher „außerordentliche Gastfreundschaft und Bereitschaft zur Unterstützung der Flüchtlinge“ gezeigt habe, sagte der Athener Erzbischof. Überall in Griechenland seien Priester, Mönche, Nonnen und Laien tagtäglich freiwillig in der Flüchtlingshilfe engagiert.

Integration der Flüchtlinge angehen

Das Oberhaupt der Kirche von Griechenland nahm auch zum vieldiskutierten Problem des Transfers der Flüchtlinge von den Ägäis-Inseln auf das Festland Stellung. Es stehe außer Zweifel, dass viele der aufs Festland transferierten Flüchtlinge auf Dauer in Griechenland bleiben werden. Es sei daher höchste Zeit, dass die gesellschaftliche Integration der Flüchtlinge angegangen wird, „und zwar auf eine Art und Weise, die sowohl fair gegenüber den Flüchtlingen als auch nützlich für die Aufnahmegesellschaft ist“.

(kap/örk – pr)
 

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23. September 2020, 09:23