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Interessanter Fund: 423 Goldmünzen Interessanter Fund: 423 Goldmünzen 

Israel: Ausgräber finden nicht immer nur Biblisches

Archäologische Grabungen in Israel sind nichts Besonderes, oft auch nicht die Funde. Die 400 jetzt entdeckten Münzen erzählen aber eine interessante Geschichte, die so gar nichts Biblisches an sich hat. Das erklärte der Archäologe und Theologe Dieter Vieweger jetzt dem Kölner Domradio.

DOMRADIO.DE: Was genau wurde denn da jetzt gefunden?

Prof. Dieter Vieweger (Direktor des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes): Es sind zwei Funde in Israels Medien veröffentlicht worden, die sehr unterschiedlich sind. Aber beide sind sehr interessant. Das eine ist ein Hortfund von 400 Stück Goldmünzen, fast ein Kilo schwer und sehr außergewöhnlich. Das ist schon eine kleine Sensation. Und das zweite ist ein Fund in Kirjat Gat. Es liegt in der Nähe des Seevölkerbereiches, wo Aschkelon, Ekron und Gaza liegen. Und da ist eine kleine Festung gefunden worden, eigentlich ein ägyptischer Gouverneurspalast.

Zum Nachhören

DOMRADIO.DE: Wie oft gibt es denn solche Funde?

Vieweger: Dieser ägyptische Gouverneurspalast ist natürlich schon etwas Besonderes, aber eher noch Alltag, die Funde von etwa 400 Goldmünzen sind wirklich außergewöhnlich selten. Wenn man allerdings einmal bei Robert Kool - er hat das ja ausgegraben - im Israel-Museum war, wo er seine Funde und Schätze aufbewahrt, dann sieht man, dass Israel von Gold- und Silbermünzen und von unzähligen Bronzemünzen heimgesucht wurde. Also Münzen sind nichts Besonderes, dieser Hortfund allerdings schon.

DOMRADIO.DE: Welche Rückschlüsse auf das damalige Leben kann man anhand solcher Funde jetzt ziehen?

Vieweger: Zunächst mal muss man sagen, dass der Großraum Israel ein Durchgangsland zwischen Europa, Asien und Afrika ist. Und alle Völker, alle Armeen, mussten hier durch. Ich kann von den ältesten Menschen vor 1,4 Millionen Jahren, die aus Ägypten, also aus Afrika, hinausgelaufen sind, Funde machen. Ich kann den Neandertaler, der wieder nach Afrika zurückgelaufen ist, weil es wieder kälter geworden ist, auch hier finden. Und ich kann natürlich bis ins Mittelalter, in die Neuzeit, alle möglichen Funde machen. Alle mussten hier durch.

Wir sind in einer Landenge, und insofern ist dieser Goldhort etwas ganz Besonderes, weil er aus einer Zeit stammt, aus der wir ganz wenig wissen und in der wir eigentlich hier in Palästina, Israel, Jordanien eine Nebenrolle gespielt hatten. Die Abbasiden, aus dem 9. Jahrhundert nach Christus, saßen in Bagdad, haben dann eine neue große Hauptstadt gegründet und haben sich um Jerusalem und Umgebung nicht geschert. Aber sie brauchten die Landverbindung nach Ägypten, ins heutige Kairo, wo damals ihr Hauptquartier für Nordafrika stand. Und offensichtlich hat nun jemand, der auf dem Weg dorthin war, Schwierigkeiten bekommen und hat in einem Keramikgefäß seine ganzen Goldmünzen vergraben und wollte sie wahrscheinlich dann nach überstandener Gefahr wieder herausholen, wozu es nicht gekommen ist. Und so erfahren wir, dass hier durchaus reiche Transporte durchgegangen sind und dass Palästina nicht ganz so abgeschnitten war, wie wir es immer befürchtet haben.

DOMRADIO.DE: Also sind das ja schon einige Informationen, die Sie da jetzt aus diesem Fund herausnehmen können. Wieso ist Israel auch für deutsche Forscherinnen und Forscher so interessant?

Vieweger: Wenn wir von Europa aus schauen, nicht nur aus Deutschland, dann ist das völlig klar, es ist biblisches Land, das Alte Testament spielt hier, auch das Neue Testament. Die ganzen Kirchenväter schreiben hier oder schreiben über dieses Land, das Mönchtum kommt von dieser Gegend. Und insofern ist man natürlich immer elektrisiert, wenn man etwas von archäologischen Funden aus Israel hört.

Aber das ist auch ein Problem. Denn wenn Sie an diesen Fund von Kirjat Gat denken, wird dann sofort gesagt, „ach, das beschreibt die Richter-Zeit", was der Fund überhaupt nicht tut. Denn wir haben hier weder Kanaanäer, noch Philister, noch Israel, was in der Pressemeldung immer wieder vorkommt. Nein, wir haben schlicht ein ägyptisches Gouverneurs-Haus hier, das war ein Mensch, der von Landwirtschaft lebte, also von Kolonialismus, der hatte die Leute, die dort wohnten, unter seiner Knute, und er musste sich und seine Reichtümer ganz gut schützen. Deshalb baute er so einen Palast. Insofern wird dann auch manchmal die Aufmerksamkeit der Europäer oder Deutschen damit gestraft, weil wir immer gleich denken, da wird die Bibel belegt oder widerlegt. Und das ist in diesem Fall gar nicht der Fall, sondern das, was da passiert, ist ganz klar: Wir haben Ägypter bis ins zwölfte Jahrhundert in dieser Gegend um Gaza herum, damals die größte Stadt in dieser Gegend, und da ist eigentlich gar nichts Außergewöhnliches dabei. Aber die Bibel verkauft sich dann eben auch gerne.

(domradio – sk)

 Der Hortfund
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28. August 2020, 09:59