Ghana: Ordensschwestern schützen „Hexen“
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Im Norden Ghanas betreiben die „Missionsschwestern der Ärmsten der Armen“ ein Heim für inzwischen mehrere hundert betroffene Frauen und ihre Kinder. Die Mehrheit der Frauen, die von ihren Gemeinschaften unter dem Vorwurf der Hexerei verstoßen wurden, sind Witwen, . In die Verbannung geschickt hätten sie Verwandte, oft unterstützt von ihren Ehefrauen, in anderen Fällen auch Nachbarn oder Dorfälteste. Ein geläufiger Vorwurf gegen die verstoßenen Frauen ist, sie hätten ihre Ehemänner oder andere Angehörige ermordet. „Die anderen Dorfbewohner wollten mich umbringen, weil sie dachten, ich hätte Hexerei angewendet, um meinen Mann zu ermorden“, sagt die 39-jährige Vivian Salamatu. „Sie wussten nicht, dass er an Malaria gestorben ist. Sie haben uns in der Nacht attackiert, zum Glück konnte ich mit meinen drei Kindern fliehen, erst in den Busch, dann in dieses Heim hier.“
Der Hauptgrund hinter solchen Verstoßungen von Witwen ist oft Gier, erzählt die Heimleiterin Schwester Ruphina Anosike. Die Frauen als Hexen zu brandmarken, sie damit sozial auszugrenzen und in die Flucht oder in den Tod zu treiben, sei ein Mittel, ihnen die Mittel ihrer verstorbenen Männer zu entziehen. Unter den Bewohnerinnen im Heim der Schwestern sind auch psychisch kranke Frauen und Kinder, die in Ghana als Ausgestoßene gelten.
Tausende Frauen der Hexerei beschuldigt
Laut einem Bericht des US-Außenministeriums aus dem Jahr 2018 sind Tausende von Frauen und ihre Kinder im Norden Ghanas aus ihren Gemeinschaften verstoßen worden, nachdem sie der Hexerei beschuldigt wurden. Auch ihre Kinder werden verflucht und dürfen selbst im Erwachsenenalter nicht nach Hause zurückkehren. Umfragen zufolge ist in dem westafrikanischen Land der Glaube an Hexerei weit verbreitet, obwohl 96 Prozent der Bevölkerung erklärten, Anhänger einer der großen Religionen zu sein. Verbreitet sei auch die Ansicht, Phänomene wie Dürre, Missernten, Krankheit und andere Katastrophen seien der schwarzen Magie zuzuschreiben.
Obwohl sowohl Männer als auch Frauen der Hexerei beschuldigt werden können, sind die große Mehrheit der Betroffenen Frauen. Anthropologen gehen davon aus, dass Männer in Westafrika eine starke gesellschaftspolitische Basis haben und daher besser in der Lage sind, die gegen sie erhobenen Vorwürfe erfolgreich anzufechten.
Heime schließen, um Hexerei-Vorwurf entgegenzuwirken?
Im Norden Ghanas sind mehrere „Hexenlager“ eingerichtet, im Unterschied zu anderen Regionen Westafrikas, die keine derartigen Auffang-Einrichtungen unterhalten. Ghanas Regierung hat dem „Global Sisters Report“ zufolge mehrmals vergeblich versucht, die staatlichen Lager im Norden des Landes zu schließen, um Angriffen auf Frauen entgegenzuwirken. Die bloße Existenz von Hexenlagern ermutige die Menschen dazu, Vorwürfe der Hexerei zu erheben, da sie wissen, dass die Frauen, die sie beschuldigen, in den Lagern Zuflucht finden werden, so die Argumentation.
„Die Menschen sollten aufhören, unschuldige Frauen der Hexerei zu beschuldigen und zu schikanieren", zitiert der Report Issah Mahmudu, einen Regierungsbeamten, der die Rechtshilfeabteilung im Norden Ghanas beaufsichtigt. „Wir wollen betroffene Frauen und Männer ermutigen, sich bei der Polizei zu melden, damit die Ermittlungen beginnen. Das Gesetz schützt jeden Bürger."
Mahmudu sagte, die Vorfälle von Hexenbeschuldigungen seien in letzter Zeit zurückgegangen, ermutigte aber die Dorfoberen, überholte kulturelle Praktiken, die anderen schaden, zu beseitigen.
Da die reale Lage der Bedrohung gegen die Frauen aber indessen unverändert hoch ist, halten die Ordensschwestern in Nord-Ghana ihren Dienst aufrecht und bieten den verstoßenen Frauen und Kindern ein Dach über dem Kopf. Sie teilen auch Festmomente mit ihnen. Allerdings ist das Heim auf Hilfe angewiesen, um seinen Betrieb aufrecht zu erhalten. Schwester Anosike bittet Nachbarn und Passanten um Nahrung, Kleidung, Bettzeug und andere Dinge des täglichen Bedarfs.
„Eigentlich gehe ich jeden Morgen hinaus, um für diese Frauen um Essen zu betteln", sagte Anosike. „Der Bischof hilft uns auch sehr, vor allem mit Lebensmitteln und Geld für die Leitung des Lagers. Diese Frauen überleben auch, indem sie Feuerholz sammeln, kleine Säcke mit Erdnüssen verkaufen oder auf nahe gelegenen Farmen arbeiten.“
Ordensfrauen wollen ändern, wie Menschen über Hexerei denken
Die Gründerin der Kongregation „Missionsschwestern der Ärmsten der Armen“ (Missionary Sisters of the Poorest of the Poor) ist die Nigerianerin Oresoa Selo-Ojeme. Zusammen mit den Mitschwestern versucht sie, in Westafrika auch eine kulturelle Wende herbeizuführen. Die Ordensfrauen wollen die Art und Weise ändern, wie Menschen über Hexerei denken. So besuchen sie die Dörfer und führen dort Seminare durch, um über die anhaltende Gewalt gegen Frauen aufzuklären und die Mythen rund um die Hexerei zu demontieren.
„Die Fälle, in denen Frauen aus ihren Häusern vertrieben wurden, sind in letzter Zeit als Ergebnis der laufenden Kampagne zurückgegangen, aber es muss noch mehr getan werden", sagt Schwester Anosike. „Wir werden die Menschen in den Dörfern weiter ausbilden, um sicherzustellen, dass die Frauen frei leben können und ohne Angst, dass ihre Rechte durch den Glauben an Hexerei missachtet werden.“
(global sisters report/vatican news)
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