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Erzbischof Aupetit mit Präsident Macron Erzbischof Aupetit mit Präsident Macron 

Frankreich: Erzbischof warnt vor Bioethik-Gesetz

Der Erzbischof von Paris, Michel Aupetit, warnt eindringlich vor der von Präsident Emmanuel Macron angestoßenen Bioethik-Reform. Er sehe die Gefahr, dass die Medizin nicht mehr als „Pflege“, sondern als bloße „Dienstleisterin“ wahrgenommen werde. Aupetit ist Arzt und Bioethiker; er steht seit 2017 an der Spitze des Hauptstadt-Bistums.

„Die französische Tradition basiert – anders als in der angelsächsischen Welt – auf einem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient“, so Aupetit am Montagabend im Pariser „Collège des Bernardins“. Wir stellen aber fest, dass die Rolle des Arztes sich derzeit ändert, er wird immer mehr als Dienstleister gesehen. Ich zahle, also habe ich auch ein Recht auf dies und das. Die selbstlose Dimension, sich um jemanden zu kümmern, wie sie nicht nur christlich ist, sondern auch dem hippokratischen Eid entspricht, verschwindet; der Arzt wird zu einem Techniker. Die menschliche Dimension wird verdunkelt, selbst wenn ein Roboter den Menschen in diesem Fall nie ersetzen können wird.“

Zum Nachhören

Und genau diese Einstellung werde im Bioethik-Entwurf „besonders deutlich“, etwa was künstliche Befruchtung betreffe, so der Pariser Erzbischof. Bisher sei künstliche Befruchtung als „Dienst“ an Paaren, die unter Unfruchtbarkeit litten, definiert.

„Wechsel des Paradigmas“

„Das neue Gesetz öffnet die künstliche Befruchtung für lesbische Paare und für alleinstehende Frauen – für Personen also, die kein medizinisches Problem der Unfruchtbarkeit haben. Der Gesetzgeber gibt als Grund dafür die Anti-Diskriminierung an. Das ist ein politisches Argument, das juristisch nicht haltbar ist, wie der französische Staatsrat letztes Jahr festgestellt hat. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Frankreich in einem solchen Fall nicht verurteilt mit dem Hinweis, es liege gar keine Diskriminierung vor. Wir stehen hier also vor einem Wechsel des Paradigmas: vom Pflegen des Patienten zum Dienstleister für individuelle Wünsche.“

Die Medizin mache sich dadurch „abhängig vom Markt der künstlichen Befruchtung“, auf dem finanzielle Interessen den Ton angäben. Hier würden Kinder nur noch als „Produkte“ angesehen.

„Medizin macht sich vom Markt abhängig“

Aupetit äußerte sich auch zum Plan, die Forschung an Embryonen auszuweiten. Das französische Recht sei, was den Schutz von Ungeborenen und die Forschung an Embryonen angehe, in den letzten Jahren immer mehr aufgeweicht worden. Seit 2013 seien Forschungen an Embryonen unter bestimmten Bedingungen nicht mehr verboten.

„Dabei hat Frankreich die Konvention von Oviedo ratifiziert, die verlangt: Wenn die Forschung von Embryonen in vitro gesetzlich erlaubt wird, muss dabei der Schutz des Embryos sichergestellt sein. Und: Das Herstellen von menschlichen Embryonen zu Forschungszwecken ist verboten. Das französische Gesetz geht aber weit darüber hinaus! Dadurch gerät aus dem Blick, dass Forschung an einem Embryo immer die Zerstörung des Embryos, also eines menschlichen Lebens, bedeutet.“

„Da sehen wir doch, dass wir in der Ära des Doktor Mabuse leben!“

Aupetit kritisierte mehrere Einzelpunkte des Gesetzesvorhabens, etwa dass das formelle Verbot der Schaffung von Chimärenwesen entfalle. Das führe letztlich zu „genetisch modifizierten Babys“, so der Erzbischof. „Da sehen wir doch, dass wir in der Ära des Doktor Mabuse und der verrückten Wissenschaftler leben! Es stimmt zwar, dass Japan die Schaffung von Chimären-Embryonen erlaubt hat – halb Mensch, halb Tier. Die Rechtfertigung für etwas so Monströses ist immer dieselbe: der Fortschritt der Medizin. Das hatte schon die Stammzellforschung gerechtfertigt, die – im Unterschied zu anderen Techniken – bisher sehr wenig Resultate erbracht hat. Die Vorsicht, die man in anderen Bereichen walten lässt, wird hier einfach fahrengelassen, mit sehr ernsten Folgen – das ist schon erstaunlich. Das alles rührt von der Unfähigkeit und dem Unwillen her, dem menschlichen Embryo einen Status zuzusprechen.“

Lob für deutsches Recht

Der nationale Ethikrat habe 1984 einen Embryo lediglich als „potentielles menschliches Wesen“ definiert. „Dieses ethisch-wissenschaftliche Pingpongspiel hat es möglich gemacht, dass der Embryo nicht den geringsten juridischen Status besitzt. In Großbritannien hat der Gesetzgeber im selben Jahr den Weg zu Experimenten an Embryonen freigemacht. Im selben Jahr ist aber in Deutschland eine Kommission unter der Leitung von Ernst Benda zu ganz anderen Ergebnissen gekommen. Weil das deutsche Recht (wie das römische) zwischen Person und Sache unterscheidet und der Embryo kaum als Sache angesehen werden kann, gilt er also als Person. Außerdem wird er im deutschen Recht auch durch das Prinzip der Würde geschützt… Warum wird ein Embryo in europäischen Ländern rechtlich ganz unterschiedlich gesehen? Ich glaube, es wird Zeit, dass sich in Frankreich, das sich selbst als Vaterland der Menschenrechte sieht, das Recht einmal ernsthaft mit dem rechtlichen Status des menschlichen Embryos beschäftigt. Kann es denn wirklich sein, dass ein menschlicher Embryo weniger wert ist als die Eier des Goldskarabäus oder das Ei eines Rotkehlchens?“

Die Bioethikreform wurde im Juli im französischen Ministerrat präsentiert. Ab dem 23. September soll sie im Parlament diskutiert werden.

(vatican news - sk)
 

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17. September 2019, 12:10