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Melbourne am 21. August: George Pell wird in den Gerichtssaal eskortiert Melbourne am 21. August: George Pell wird in den Gerichtssaal eskortiert 

Australien: Missbrauchsurteil gegen Kardinal Pell bestätigt

An diesem Mittwoch ist das Urteil ergangen: Der frühere vatikanische Finanzchef bleibt in Haft. Der australische Richtersenat hat die Revisionsanfrage mit 2:1-Mehrheit abgelehnt. Pell ist der bisher höchste katholische Würdenträger, der von einem weltlichen Gericht wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde.

Der australische Kardinal George Pell bleibt wegen sexuellen Missbrauchs in Haft. Das Oberste Gericht des Bundesstaats Victoria wies am Mittwoch in Melbourne die Revision des früheren vatikanischen Finanzchefs zurück und bestätigte die sechsjährige Haftstrafe. In dem Revisionsverfahren sahen es die Richter mit zwei zu eins Stimmen als weiter erwiesen an, dass Pell 1996 als kurz zuvor neu ins Amt gekommener Erzbischof von Melbourne in der Kathedrale seiner Bischofsstadt einen 13 Jahre alten Buben missbrauchte und einen anderen belästigte. Eine Geschworenen-Jury hatte den katholischen Geistlichen im Dezember 2018 für schuldig befunden.

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Urteilsverkündung live im Internet übertragen

Im ersten und wesentlichen der insgesamt drei Revisionsgründe hätten die drei Richter mit der Mehrheit von 2:1 die Berufung abgelehnt, sagte die Vorsitzende Richterin Anne Ferguson in der vom Gericht live im Internet übertragenen Urteilsverkündung. Der 78-jährige Pell war im Gerichtssaal anwesend. Gleich nach der mündlichen Verlesung des Urteils und einer knappen Zusammenfassung der Gründe wies Richterin Ferguson die Justizvollzugsbeamten an, den Kardinal wieder ins Gefängnis zu bringen.

Der ehemalige Erzbischof von Melbourne und Sydney, der von 2013 bis 2018 das vatikanische Wirtschaftssekretariat leitete, ist der bisher höchste katholische Würdenträger, der von einem weltlichen Gericht wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde. Gegen die nun erfolgte Bestätigung des Urteils aus der ersten Instanz ist eine weitere, letzte Berufung vor dem Obersten Gericht Australiens (High Court) möglich.

Pell hat Missbrauchsvorwürfe stets zurückgewiesen

Pell war im Dezember 2018 von einer Geschworenen-Jury für schuldig befunden worden, als Erzbischof von Melbourne einen 13-Jährigen zum Oralverkehr gezwungen und ein zweites Opfer sexuell belästigt zu haben. Im März 2019 verurteilte ein Richter den Kardinal dafür zu sechs Jahren Haft, von denen Pell mindestens drei Jahre und acht Monate absitzen muss, bevor er frühestens im Oktober 2022 auf Bewährung entlassen werden kann. Der Kardinal hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen und seine Anwälte wegen der aus ihrer Sicht zu dünnen Beweislage Berufung eingelegt.

300 Seiten lange Urteilsbegründung

Vivian Waller, Anwältin des Missbrauchsopfers, sagte in australischen Medien, ihr Mandant sei über die Entscheidung „sehr erleichtert“. Sowohl sie als auch alle anderen am Verfahren beteiligten Juristen wollten die schriftliche Urteilsbegründung „sehr sorgfältig“ lesen. „Mir wurde gesagt, sie sei 300 Seiten lang. Die vollständige Prüfung der Urteilsbegründung zu prüfen, wird etwas Zeit in Anspruch nehmen“, sagte Waller. Pells Anwalt sagte gegenüber australischen Medien, sein Mandant habe nun 28 Tage Zeit, um vor dem Obersten Gericht gegen die Entscheidung vorzugehen.

Im ersten und wichtigsten Revisionsgrund hatten die Anwälte Pells die Glaubwürdigkeit des Missbrauchsopfers in Zweifel gezogen. Darüber hinaus sei die Verurteilung von Pell einzig auf Grund der Aussage des Betroffenen und entgegen zahlreicher entlastender Aussagen von Zeugen laut Verteidigung nicht „zweifelsfrei“ möglich gewesen. Die drei Richter wiesen diese Einlassung mit 2:1 Stimmen zurück.

Zudem betonte Richterin Ferguson mit Verweis auf die weltweite Medienberichterstattung über die Ermittlungen und Anklagen gegen Pell: „Es ist wichtig, von Anfang an zu betonen, dass die Verurteilung des Kardinals nur auf den fünf ihm zur Last gelegten Taten beruht. Er wird nicht zum Sündenbock für vermeintliches Versagen der katholischen Kirche noch für Versagen im Zusammenhang mit sexuellem Kindesmissbrauch durch andere Kleriker gemacht.“

Bischöfe: „Vor dem Gesetz müssen alle gleich sein“

Die Australische Bischofskonferenz äußerte sich am Mittwoch zunächst in einer Erklärung auf ihrer Website. „Die katholischen Bischöfe Australiens glauben, dass alle Australier vor dem Gesetz gleich sein müssen und akzeptieren dementsprechend das heutige Urteil“, hielt die Bischofskonferenz fest, verwies aber auch auf die von Pells Anwälten angekündigte mögliche Berufung vor dem Obersten Gericht. Die Bischöfe seien sich bewusst, „dass dies eine äußerst schwierige Zeit für Überlebende von sexuellem Kindesmissbrauch und diejenigen, die sie unterstützen, war und ist“, so die Erklärung weiter. Der lange Prozess gegen Pell habe bei von Geistlichen missbrauchten Menschen viel Schmerz verursacht. „Wir erkennen auch an, dass dieses Urteil für viele Menschen beunruhigend sein wird“, fügte die Bischofskonferenz mit Blick auf jene hinzu, die schon das erstinstanzliche Urteil gegen Pell kritisiert hatten.

Pell droht nun die Entlassung aus dem Klerikerstand 

Australiens Regierung lehnte eine Kommentierung des Urteils mit Verweis auf „die Unabhängigkeit der Justiz“ und die Berufungsoption ab. „Unsere Gedanken sind in dieser unglaublich schwierigen Zeit bei den Opfern und ihren Familien“, hieß es weiter in der Stellungnahme der Regierung.

Der Vatikan hatte kurz nach der Veröffentlichung des Schuldspruchs im Frühjahr erklärt, dass ein kirchenrechtliches Verfahren gegen Pell eingeleitet wird. Schon seit seiner Beurlaubung als Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats im Juni 2017 ist dem Kardinal die öffentliche Ausübung seines priesterlichen Dienstes sowie jeglicher Kontakt mit Minderjährigen verboten. Als kirchliche Höchststrafe droht Pell die Entlassung aus dem Klerikerstand.

(kap-skr)
 

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21. August 2019, 08:06