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Oppositionelle demonstriert in Caracas Oppositionelle demonstriert in Caracas 

Venezuela: „Wir leben in einem Nachkriegs-Szenario“

Venezuela lebt derzeit in einer Situation, die einem Nachkriegsszenario ähnelt: Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan Pater Luis Ovando Hernandez, der Rektor des Loyola-Kollegs. Es fehle am Allernötigsten, die Geduld der Menschen sei erschöpft - und die Gefahr eines Bürgerkriegs real.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Demokratische Auswege aus der Krise aufzuzeigen und die verschiedenen Gesprächspartner an einen Tisch zu bekommen, das versucht die Kirche in Venezuela schon seit langem. Immer wieder organisiert sie Studientage, Gesprächskreise und Foren, um mit kirchennahen wie kirchenfernen Menschen in den Austausch zu treten. So auch an diesem Donnerstag: Da lud sie zu einem Tag des Austauschs in der Katholischen Universität von Caracas ein, die von den Jesuiten geführt wird.

Zum Nachhören

Insbesondere Priester und Pastoralmitarbeiter waren aufgerufen, einen gangbaren Weg vorzuschlagen, mit dem das Land auf demokratische Weise wieder aus der Krise kommen könnte. Ein mutiges Vorhaben, wenn man den sozialen und politischen Kontext bedenkt, in dem das Land sich momentan bewegt. Auch Pater Luis Ovando Hernandez setzt auf die Vermittlung der Kirche:

„Wir können nicht mehr“

„Wir als Kirche, aber auch als Bürger, setzen uns sehr dafür ein, Lösungen vorzuschlagen, die einen vernünftigen Ausweg aus der Situation hier in Venezuela aufzeigen. Wir können nicht mehr. Wir müssen einen Ausweg finden, der uns endlich auf demokratische Pfade führt. Die andere Möglichkeit, über die man spricht, auch wenn ich nicht daran glaube, ist der Bürgerkrieg. Den wollen wir nicht! Also suchen wir nach Alternativen, deshalb haben wir diesen Tag organisiert.“

Die Kirche sei schon seit langem bei der Lösungssuche in Konflikten engagiert; daran erinnert der Pater mit Blick auf die Krise von 1989, als es während der Präsidentschaft von Carlos Andrés Pérez Rodríguez in Guarenas zu über 3.000 Toten bei Protesten kam. In dieser Situation habe die Kirche, im Verborgenen und unermüdlich, versucht, eine Brücke zwischen den Konfliktparteien zu schlagen. Damals sei es mit kleinen Schritten gelungen, die Parteien wieder aneinander anzunähern – ähnliches erhofft er sich auch in der heutigen Situation. Doch dazu braucht es vor allem das Entgegenkommen der Regierung, zeigt sich der Geistliche überzeugt:

„Es braucht nicht nur Worte, sondern es müssen auch Taten folgen“

„Meiner Meinung nach muss die Regierung ernst meinen, was sie manchmal gegenüber internationalen Akteuren von sich gibt. Der Ball liegt im Feld der Regierung. Es braucht nicht nur Worte, sondern es müssen auch Taten folgen.“

Unlängst war die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, im Land, um sich von der Lage ein Bild zu machen. Dabei habe Präsident Maduro ihr Zusicherungen gegeben, was die Lage der Menschrechte betreffe, sagte sie vor Reportern. Doch noch an diesem Donnerstag sahen sich die Bischöfe des Landes genötigt, mit einer harschen Mitteilung auf die jüngsten Fälle von Folter und willkürlicher Gewalt durch Staatskräfte zu reagieren. Ein Marine-Kapitän, der sich von Maduro losgesagt hatte, war so schwer gefoltert worden, dass er ums Leben kam, ein weiterer junger Mann, dessen einzige Schuld war, gegen den Gasmangel zu demonstrieren, wurde durch die Polizei geblendet.

„Wir leben in einem Nachkriegs-Venezuela“

Demonstrationen flammen trotz der Repressalien jedoch immer wieder auf. Denn nicht nur an Gas mangelt es, überhaupt ist die Situation prekär. Das wird auch an der brechenden Stimme des Paters deutlich, als er die Lage der Bürger beschreibt: „Es geht uns wirklich, wirklich schlecht, und das betrifft alle Bereiche. Wir leben in einem Nachkriegs-Venezuela, so würde ich das beschreiben. Man überlebt halt so. Es gibt aber viele, die es nicht schaffen, das Ende des Tages zu erreichen.“

Es fehle nicht nur an den Gütern des täglichen und medizinischen Bedarfs, sondern mittlerweile hätten die Menschen auch überhaupt keine Geldmittel mehr, um eventuell vorhandenes Material zu kaufen, sagt der Geistliche verzweifelt: „Es fehlt an den grundlegenden Dingen. Aber selbst wenn es sie gibt, dann fehlt das Geld. Denn die Inflation ist wirklich unglaublich hoch. Man spricht von über 1 Millionen Prozent diese Jahr!“ Zum Vergleich: Die Inflation in den Vereinigten Staaten betrug im vergangenen Jahr rund zwei Prozent.

(vatican news)

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05. Juli 2019, 13:13