Estland: Ein deutscher M?rtyrer auf dem Weg zur Seligsprechung
Gudrun Sailer – Vatikanstadt/Baltikum
?Als wir den Prozess 2014 begannen, fiel uns auf: eigentlich haben wir nicht einen einzigen Heiligen in Estland, keinen Seligen, keinen Märtyrer“, erzählt Marge Paas. ?Wie kann die katholische Kirche ohne Heilige leben?“ Es zeigte sich, dass in der winzig kleinen estnischen Diasporakirche die Verehrung für diesen deutschen Jesuitenmissionar vorhanden war – und wuchs.
Doch wer war Eduard Profittlich? Geboren 1890 in Rheinland-Pfalz, kam der Jesuit mit 40 Jahren nach Estland, das aus katholischer Sicht de facto Missionsland war.
?1930 hatte Estland nur eine einzige - polnische - katholische Gemeinde und nur einen Priester“, erklärt die Postulatorin. Pater Profittlich machte sich mit Einsatz und Liebe ans Werk – ein echter Missionar. ?Es fiel ihm auf, dass die Katholiken keine Gebetsbücher hatten und nur noch uralte Bibeln, Lutherbibeln im Wesentlichen. Und er rieb sich ganz für die katholische Gemeinde auf. Pater Profittlich liebte Estland, erlernte die komplizierte Sprache und nahm die Staatsbürgerschaft in Estland an.“
Sechs Jahre später, 1936, machte der Papst den deutschen Jesuitenpater zum Erzbischof von Tallinn: Er war der erste katholische Bischof Estlands seit der Reformation.
Als Russland im Zweiten Weltkrieg sich 1940 des Baltikums bemächtigte, wurde die Lage für viele Christen und zumal für Bischöfe schwierig.
?Erzbischof Profittlich hätte die Möglichkeit gehabt, Estland zu verlassen und nach Deutschland zurückzukehren“, erklärt die Postulatorin. Er wandte sich nach Rom und fragte Papst Pius XII. um Rat: sollte er bleiben oder gehen? ?Der Papst antwortete, tun Sie das, was Gott von Ihnen verlangt. Nun war der Erzbischof ein sehr spiritueller Mensch, er betete viel. So wusste er, dass er in Estland bleiben sollte. Er opferte sich, denn er wusste genau, was sein Schicksal sein würde“, sagt Marge Paas. Als Postulatorin, also: Anwältin des Seligsprechungsverfahrens, hat sie an diesem Punkt besonders nachgehakt.
?Seine Verwandten in Deutschland gaben mir seine Briefe zu lesen. Eduard Profittlich schrieb seinen letzten Brief an die Familie am 8. Februar 1941 kurz vor seiner Festnahme. Er schrieb, wie sehr er sich darüber freute, in Estland zu bleiben. Er erkannte das klar als Gottes Willen an, seinem Volk hier zu dienen bis zum Ende. Und er schrieb diesen bemerkenswerten Satz: mein Leben und mein Leid, wenn es zum äußersten kommt, wird für Christus sein.“
?Einige Monate später wurde er nachts in seiner Wohnung festgenommen. Er bat darum, ein letztes Mal in die Kathedrale gehen zu können, und die russischen Soldaten ließen ihn gewähren. So betete er dort vor dem Tabernakel, ehe er das Land verließ. Die Russen brachten ihn von der Kathedrale von Tallinn nach Kirov in Sibirien. Beim Prozess wies er jeden Spionagevorwurf zurück und sagte, er sei nichts als ein Bischof gewesen, ein Hirte für seine Pfarrei. Ehe sie das Todesurteil vollstrecken konnten, starb er, im Februar 1942, denn die Haftbedingungen in sibirischer Gefangenschaft waren im Winter entsetzlich.“
Die Esten – zwei Drittel der Bevölkerung gehören keiner Religion an und weniger als 6.000 Seelen sind katholisch getauft – entwickelten eine gewisse Verehrung für diesen deutschen Märtyrerbischof. Papst Franziskus ist mit der Geschichte seines Jesuiten-Mitbruders etwas vertraut, sagt die Postulatorin, er kenne auch die Gebetskarten, mit denen die estnischen Katholiken den Diener Gottes Eduard Profittlich um Fürsprache anrufen.
?Papst Franziskus wird in Tallinn beim Tabernakel der Kathedrale stehen, wo Profittlich betete, bevor er festgenommen und deportiert wurde. Inwiefern das der Seligsprechung hilft, wissen wir nicht, nur Gott weiß das! Aber wir sind glücklich, dass der Heilige Vater kommt und das Leben des Jesuitenmärtyrers besser kennenlernt, der das Leben für seine Gemeinde hingab.“
(Pope – gs)
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