Vatikan-Ausstellung zum Heiligen Jahr stellt reisende Frauen in den Fokus
Stefanie Stahlhofen und Mario Galgano - Vatikanstadt
Bei der Pressekonferenz sprachen unter anderem Angelo Vincenzo Zani, Archivar und Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche, sowie Don Giacomo Cardinali, Direktor des Ausstellungssaals der Vatikanischen Bibliothek. Auch prominente Gäste aus Kunst, Mode und Musik nahmen teil: Der Musiker und Weltreisende Lorenzo ?Jovanotti“ Cherubini, die künstlerische Leiterin der Dior Women's Collections, Maria Grazia Chiuri, die Illustratorin Kristjana S. Williams sowie Karishma Swali, Kreativdirektorin der Chanakya School of Craft.
Vatikan-Bibliothek als Brücke zur Welt
In seiner Eröffnungsrede betonte Bibliothekar Zani, dass es Ziel der Vatikanischen Bibliothek sei, Wissen nicht nur zu bewahren, sondern auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit dieser Ausstellung wolle man sich bewusst nicht nur auf innerkirchliche oder wissenschaftliche Kreise beschränken, sondern Menschen ansprechen, die sonst keinen direkten Bezug zur Bibliothek hätten. Besonders während des Jubiläumsjahres solle dieser Brückenschlag in die Welt gelingen.
Eine Besonderheit der Sammlung sind historische Zeitungsexemplare aus über 1.200 Publikationen in zahlreichen Sprachen, darunter Hebräisch, Türkisch und viele weitere. Don Cardinali wies darauf hin, dass die Katalogisierung solcher Dokumente eine große Herausforderung sei, da Sprachkenntnisse aus unterschiedlichsten Kulturkreisen erforderlich seien.
Stereotype überwinden - auch Frauen reisen
Anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten im Heiligen Jahr 2025 wolle sich die Bibliothek dem Thema ?Pilger der Hoffnung“ auf ihre eigene kultivierte und weltliche Weise widmen, erläuterte er. Dies solle mit einer eigenen Reflexion über das Thema des Reisens geschehen.
Dreh- und Angelpunkt der gesamten Ausstellung sei die jüngste Entdeckung einer Sammlung aus dem Nachlass des Diplomaten und Gelehrten Cesare Poma (1862-1932). Es handelt sich um eine außergewöhnliche Sammlung von rund 1.200 Zeitungen und Zeitschriften aus den entlegensten Orten und verschiedensten Sprachen der fünf Kontinente. Diese Sammlung erzähle nicht nur die biografische und kulturelle Geschichte des Diplomaten, sondern auch die einer bizarren Zeitschrift mit dem Titel En route, die von zwei französischen Journalisten, Lucien Leroy und Henri Papillaud, während ihrer Weltreise zwischen 1895 und 1897 herausgegeben wurde, um ihr Unternehmen zu finanzieren und über die Orte zu berichten, die sie besuchten.
Neben diesen rein ?männlichen“ Abenteuern gebe es aber auch die Geschichten einiger Frauen, die sich mitten im viktorianischen Zeitalter allein auf den Weg machten, um die Welt zu bereisen und dabei die kulturellen Stereotypen ihrer Zeit zu überwinden: journalistisch, politisch, kulturell, archäologisch oder propagandistisch.
Frauen als Reisende und Erzählerinnen
Die Ausstellung rückt darüber hinaus ebenso die oft vergessene Rolle von Frauen in der Geschichte des Reisens in den Mittelpunkt. Maria Grazia Chiuri von Dior erzählte von viktorianischen Frauen, die gegen die gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit aufbrachen und weite Reisen unternahmen. Ihre Kleidung passte sich den Gegebenheiten an - Korsetts, die die Frauen einengten und auch ein Symbol der Einengung von Frauen in der Gesellschaft damals gewesen seien - verschwanden, praktische und freiere Reise-Outfits entstanden. Diese Veränderungen sind in der Ausstellung anhand von Illustrationen und historischen Stoffmustern nachzuvollziehen.
Frauen in der Falle
Unter dem Stichwort ?Feminity the trap“ greift Chiuri in ihrem Ausstellungsraum ein Zitat der französischen Philosophin und Autorin Simone de Beauvoir auf. Die Französin vertrat die Ansicht, dass die Weiblichkeit eine Falle sei, aus der sich die Frauen befreien müssten, um wahre Befreiung zu erlangen. In der heutigen Zeit sei die Weiblichkeitsfalle immer noch weit verbreitet. Frauen werden oft nach ihrem Äußeren beurteilt und sollten den gesellschaftlichen Erwartungen an Weiblichkeit entsprechen. Denn auch die Befreiung sei eine ?Reise der Hoffnung“, erläuterte Chiuri.
Die britisch-isländische Illustratorin Kristjana S. Williams hat für die Ausstellung ebenfalls eindrucksvolle Werke geschaffen, die Flora und Fauna der bereisten Länder sichtbar machen. Die Inderin Karishma Swali wiederum betonte die Bedeutung des traditionellen Handwerks als kulturelles Erbe. Ihre Chanakya School of Craft fördert Frauen - und das kulturelle Erbe - in Indien, indem sie ihnen eine Ausbildung in Stickerei, Kunstgeschichte und Textilverarbeitung bietet.
Hoffnung und Dialog als Botschaft des Heiligen Jahres
Den Abschluss der Pressekonferenz bildete eine Reflexion über die Verbindung zwischen der Ausstellung und dem Gedanken des Heiligen Jahres. Bibliothekar Zani verwies auf die Vielgestaltigkeit der Welt, die sich in den Exponaten widerspiegele: ?Papst Franziskus ruft uns dazu auf, keine Sphäre, sondern einen Polyeder zu konstruieren – eine Welt der Vielfalt und des Dialogs.“ Stoffe, Karten, Musikinstrumente und Kunstobjekte seien nicht nur materielle Zeugnisse von Reisen, sondern auch Symbole für das Zusammenkommen verschiedener Kulturen und Ideen.
Jovanotti: Eine musikalische Reise durch die Welt
Der italienische Musiker Jovanotti, selbst leidenschaftlicher Reisender, hat sich künstlerisch in die Ausstellung eingebracht. Sein persönliches Fahrrad, mit dem er Länder wie Pakistan, Iran, China und Argentinien bereiste, ist am Eingang der Ausstellung zu sehen. Auch eine von ihm kuratierte musikalische Installation, die Klänge, Lieder und Stimmen aus seinen Reisen vereint, ist zentrales Element der Ausstellung. Jovanotti, Sohn eines ehemaligen Vatikanangestellten, beschrieb bei der Pressekonferenz seine musikalische Laufbahn als ?Reise“, die ihn stets auf der Suche nach neuen Klängen und Einflüssen führt - und bezeichnete sich im Interveiw mit Radio Vatikan selbst als einen ?Laien-Pilger".
In seiner Rede bei der Pressekonferenz warnte Jovanotti vor der Gefahr, durch digitale Algorithmen in immer denselben Denkmustern gefangen zu bleiben. ?Reisen bedeutet, Neues zu entdecken, neue Sprachen, Kulturen und Menschen kennenzulernen. Es geht darum, auf die Welt zuzugehen“, erklärte er.
Neben Klängen steuert Jovanotti einige persönliche Stücke zur Ausstellung bei, darunter eine Gitarre, ein Fahrrad, Zeichnungen seiner Reisen und eine goldene Discokugel. ?Ich mochte die Idee, den Vatikan mit einer Discokugel zu betreten“, so der 58-Jährige.
Anmeldung und Informationen
Die Ausstellung EN ROUTE kann ab sofort in der Vatikanischen Bibliothek besucht werden und ist vom 15. Februar bis zum 20. Dezember 2025 für die Öffentlichkeit zugänglich. Alle Infos und Bestellungen unter abrufbar. Eintrittskarten sind auf erhältlich.
(vatican news)
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