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Papst Franziskus und die Synodenteilnehmer an diesem Montag in der Aula Paolo VI. Papst Franziskus und die Synodenteilnehmer an diesem Montag in der Aula Paolo VI.  (Vatican Media)

Synode: Tradition ist nichts Statisches

Die erste Phase der Weltbischofssynode zur Synodalität geht in die letzte Runde: An diesem Montag wollen die Delegierten in der Synodenaula über einen gemeinsamen „Brief“ an das Volk Gottes abstimmen. In seiner Einführung in die Arbeiten wies der australische Theologe Ormond Rush mit einem Rückgriff auf die Theologie Joseph Ratzingers und das Zweite Vaticanum darauf hin, dass Tradition nicht als etwas ein für allemal Gegebenes verstanden werden sollte.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Bei der Plenarversammlung an diesem Montagvormittag war auch Papst Franziskus dabei. Was das auch bei dieser Synode stark debattierte Spannungsfeld zwischen Neuerung und Tradition betrifft, lohne sich ein Blick auf das Zweite Vatikanische Konzil, sagte der australische Theologe Ormond Rush in seiner Ansprache vor den Synodalen. Rush erinnerte an die die ". Denn auch dort sei die Frage nach einem „statischen“ und einem „dynamischen“ Verständnis von Tradition eindringlich gestellt worden. Ein statisches Verständnis sei „eher auf die Vergangenheit ausgerichtet“, ein dynamisches hingegen ziele darauf, „die Vergangenheit in der Gegenwart verwirklicht zu sehen“, so Rush.

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Offenbarung als fortwährende Begegnung in der Gegenwart

Der australische Theologe bezog sich auf Joseph Ratzinger, den späteren Papst Benedikt XVI. (2005-13); Ratzinger war als theologischer Experte (peritus) bei den Arbeiten des Konzils präsent. Dabei habe er, einem „dynamischen Traditionsverständnis“ folgend, die Ansicht vertreten, dass „nicht alles, was es in der Kirche gibt“, deshalb auch eine „legitime Tradition“ sein müsse. Ausgehend von der Heiligen Schrift, müsse die Tradition immer wieder „kritisch betrachtet werden. Dies habe auch Papst Franziskus aufgegriffen, als er zum 25. Jahrestag der Veröffentlichung des „Katechismus der Katholischen Kirche“ diese beiden „unterschiedlichen Arten des Traditionsverständnisses erwähnt habe, erinnerte Rush. Tradition sei eine lebendige Realität, in der nur eine „begrenzte Sicht“ das Glaubensgut als etwas Statisches ansehe, so Rush mit den Worten des Papstes, der in diesem Zusammenhang die Metapher vom „eingemotteten Glauben“ geprägt hat.

In „Dei verbum“ werde die göttliche Offenbarung als „fortwährende Begegnung in der Gegenwart“ dargestellt, nicht nur als etwas, das in der Vergangenheit verankert sei, so Rush. Er verortete an dieser Stelle des Konzilstextes auch einen Hinweis auf das Verständnis von Synodalität im Allgemeinen und auf den „eigentlichen Zweck dieser Synode“, die „ein Dialog mit Gott“ sei.

Chance oder Falle?

Die Kirche sei letztlich durch das Zweite Vatikanische Konzil aufgerufen worden, „stets auf die Bewegungen des offenbarenden und rettenden Gottes zu achten“, was auch beinhalte, im Licht des Evangeliums die „Zeichen der Zeit“ wahrzunehmen, mahnte der australische Theologe. Dabei gelte es, die Augen vor Fallen offen zu halten, wie eine zu starke Verankerung in der Vergangenheit oder in der Gegenwart, oder sich vor den Möglichkeiten zu verschließen, zu der der „Geist der Wahrheit“ die Kirche führen wolle. Doch gerade diesen Unterschied zwischen „Chancen und Fallen“ zu erkennen, sei eine Aufgabe aller Gläubigen, die sich dabei von Jesus leiten lassen müssen, erinnerte Rush.

Absage an parteipolitische Denke

In seiner theologischen Betrachtung, die der abschließenden Diskussion über den „Brief an das Volk Gottes“ voranging, erinnerte der Dominikaner Timothy Radcliffe daran, dass die nun auf die Sitzungsphase folgenden elf Monate bis zur nächsten Synodenversammlung eine Zeit der „stillen Schwangerschaft“ seien, in denen der Same der bisher wortreich getätigten Diskussionen auch in den einzelnen Gemeinschaften aufgehen sollte. „Auch wenn nichts zu geschehen scheint, können wir darauf vertrauen, dass unsere Worte, wenn sie liebevoll sind, im Leben von Menschen, die wir nicht kennen, aufgehen werden“, zeigte sich Pater Timothy überzeugt.

„In die sterile, unfruchtbare Sprache eines Großteils unserer Gesellschaft zurückzufallen. Das ist nicht der Weg der Synode“

Die globale Kultur unserer Zeit sei „oft polarisiert, aggressiv und abweisend gegenüber den Ansichten anderer Menschen“, so der Dominikaner, der die Synode von Anfang an spirituell begleitet hat. Bei der Rückkehr nach Hause werde man wohl gefragt werden, ob man für die eine oder andere Seite „gekämpft“ und sich gegen die „unaufgeklärten anderen Menschen“ gestellt habe, stellte er in den Raum. Doch es gelte, zutiefst zu beten, „um der Versuchung zu widerstehen, dieser parteipolitischen Denkweise zu erliegen“: „Das hieße, in die sterile, unfruchtbare Sprache eines Großteils unserer Gesellschaft zurückzufallen. Das ist nicht der Weg der Synode.“

Diese habe einen anderen Weg: „Wenn wir unseren Geist und unser Herz offen halten für die Menschen, denen wir hier begegnet sind, für ihre Hoffnungen und Ängste empfänglich sind, dann werden ihre Worte in unserem Leben keimen und unsere in ihrem. Es wird eine reiche Ernte geben, eine vollere Wahrheit.“ Dann, so P. Timothy, werde „die Kirche erneuert werden“.

Stille und Demut

Es brauche „viel Stille und echte Demut, um die Dynamik des Wortes in sich selbst und in der Kirche zu erfassen und ihr Raum zu geben“, legte Schwester Maria Ignazia Angelini, die gemeinsam mit P. Timothy viele geistliche Impulse bei der Synode übernommen hatte, den Synodenmitgliedern ans Herz, bevor es an die abschließende Redaktion des Synthesedokumentes ging. Das Gleichnis vom Samenkorn gebe uns die Sprache, „um den Weg dieses Monats der Aussaat zu deuten“ und rufe uns „eindringlich dazu auf“, das „Geringe“, das den Menschen ausmache (Ps 8) und in dem eine „transzendente Zeugungskraft“ stecke, ernst zu nehmen:

„In einer Kultur des Strebens nach Vorherrschaft, Profit und Mitläufertum oder Ausweichen - ist die geduldige Aussaat dieser Synode an sich wie ein zutiefst subversiver und revolutionärer Akt“

„Heute - in einer Kultur des Strebens nach Vorherrschaft, Profit und Mitläufertum oder Ausweichen - ist die geduldige Aussaat dieser Synode an sich wie ein zutiefst subversiver und revolutionärer Akt. In der Logik des kleinsten Samenkorns, das in den Boden sinkt. So scheint mir die Synode berufen zu sein, eine Synthese als Aussaat zu wagen, einen Weg zur Reform - neuer Form - zu eröffnen, den das Leben braucht.“

Das Geringe sei - in Jesus – „jeder Getaufte“, doch sei er auch aufgerufen, „mit der überraschenden Dynamik des gesäten Samens in Synergie zu treten“, gab Schwester Maria Ignazia zu bedenken. Dies habe auch Auswirkungen auf die Pastoral, die sich „entschieden von jeder statistischen, effizienten, prozessualen und als System errichteten Perspektive distanziert“.

Zeit, um die Synthese vorzubereiten

Am Montagnachmittag und am Dienstag haben die Synodenteilnehmer „frei“, während die Synthesekommission für das Abschlussdokument zusammentreten wird. Das nächste Pressebriefing wird es am Mittwoch geben.

(vatican news)

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23. Oktober 2023, 11:54