UN-Sonderberichterstatter würdigt Erklärung zu „Entdeckungsdoktrin“
„Die Doktrin der Entdeckung ist immer noch eine offene Wunde für viele indigene Völker auf der ganzen Welt", sagte Calí Tzay an diesem Donnerstag. Die Verletzung müsse „im Rahmen eines Versöhnungsprozesses zwischen indigenen Völkern und Kolonialstaaten“ ihre Heilung finden, so der unabhängige Sonderberichterstatter in einer Erklärung, die auf der veröffentlicht wurde.
Einige rund 500 Jahre alte katholische Dekrete wurden durch Kolonialmächte zur Rechtfertigung der Aneignung von indigenem Land herangezogen. Lange schon hatten Indigenen-Vertreter eine Klarstellung des Vatikans zu diesen päpstlichen Dokumenten gefordert. Auch beim Papstbesuch in Kanada 2022 wurde diese Forderung thematisiert.
Ein wichtiger Schritt
Der Sonderberichterstatter lobte die nun erfolgte formelle „Anerkennung der schädlichen Auswirkungen der Kolonisierung durch den Vatikan, einschließlich des Leids der indigenen Völker“, und begrüßte den Aufruf von Papst Franziskus, „die kolonisierende Mentalität aufzugeben und gegenseitigen Respekt und Dialog zu fördern“, heißt es in der Pressemitteilung der Vereinten Nationen weiter.
Der Heilige Stuhl habe „einen wichtigen Schritt in Richtung Versöhnung und Heilung mit den indigenen Völkern unternommen, indem er alle Konzepte abgelehnt hat, die ihre angeborenen Menschenrechte nicht anerkennen“, sagte der UN-Experte.
Kein Teil der katholischen Lehre
In der gemeinsamen Erklärung des Dikasteriums für ganzheitliche Entwicklung und des Kultur-Dikasteriums wurde klargestellt, dass die „Doktrin der Entdeckung“ niemals Teil der katholischen Lehre gewesen und vor allem zeitgenössischen diplomatischen Überlegungen der damaligen Päpste geschuldet gewesen sei. Dabei wurde als Fakt hingenommen, dass indigene Gebiete in Amerika, Afrika und anderen Teilen der Welt durch die damaligen Kolonialmächte „entdeckt“ worden war und somit eine Aufteilung des eroberten Landes unter ihnen als rechtmäßig anzuerkennen sei. Dies wurde auch durch die kritisierten päpstlichen Bullen aus dem 15. Jahrhundert ratifiziert.
Nachwirkungen bis heute
„Die päpstliche Doktrin wurde als einseitiges Recht der europäischen Kolonialmächte anerkannt, die aufgrund des angeblichen Mangels an Zivilisation und Religion eine überlegene Souveränität und Rechte über das Land und die Ressourcen der indigenen Völker beanspruchten“, so Calí Tzay, der darauf hinwies, dass sich die Doktrin „in einigen Ländern weiterhin negativ auf die uneingeschränkte Wahrnehmung der Menschenrechte durch indigene Völker“ auswirke. Denn die Doktrin bilde teils nach wie vor die Rechtsgrundlage, um indigenen Völkern einseitig ihre Rechte auf Eigentum und Besitz ihrer traditionellen Ländereien und Territorien durch Staaten zu entziehen, insbesondere in Bezug auf Landstreitigkeiten. Auf diese Weise wirke die Doktrin bis heute nach.
Der UN-Sachverständige wies darauf hin, dass dies eine der Hauptursachen für das generationenübergreifende Trauma indigener Völker sei, das sich derzeit in hohen Selbstmordraten unter indigenen Jugendlichen, einer Überrepräsentation indigener Völker im Strafrechtssystem, unverhältnismäßiger Gewalt gegen indigene Frauen und Mädchen und Rassendiskriminierung manifestiere.
Dem Beispiel des Vatikans folgen
Der Sonderberichterstatter forderte in diesem Zusammenhang alle Staaten, die diese Doktrin in irgendeiner Form immer noch anwendeten, auf, dem Beispiel des Vatikans zu folgen und das Dekret formell zu verwerfen. Es gelte, jedwede Rechtsprechung und Gesetzgebung, die sich darauf stütze, zu überprüfen.
(vatican news - cs)
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