Kardinal Parolin: „Krieg ist nie ein unausweichliches Ereignis“
Papst Franziskus hat bei seinem Angelusgebet am Sonntag, kurz vor seiner Abreise nach Kasachstan, nochmals zum Gebet für das ukrainische Volk aufgerufen und sich bei all jenen bedankt, die seine kurze, aber intensive Reise nach Kasachstan – genauer nach Nur-Sultan, die Hauptstadt der ehemaligen Sowjetrepublik - ab diesem Dienstag ermöglicht haben. In drei Reisetagen sind bei 4 Stunden Zeitverschiebung gegenüber Rom fünf Ansprachen vorgesehen.
Eine Art Assisi in Zentralasien
Wie Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin im Interview mit den Vatikanmedien hervorhebt, hat sich der dort organisierte Kongress der Weltreligionen, der diesmal bereits in seiner 7. Ausgabe stattfinden wird, „von Anfang an“ den Gebetstag für den Weltfrieden zum Vorbild genommen, den Papst Johannes Paul II. am 24. Januar 2002 in Assisi einberufen hatte. Die päpstliche Initiative zielte damals darauf ab, „den positiven Beitrag der verschiedenen religiösen Traditionen zu Dialog, Harmonie und Eintracht zwischen den Völkern“ herauszustellen. Nun findet sie Echo in der bevorstehenden Friedensreise des Papstes in die Weiten Zentralasiens: „Das Motto der päpstlichen Reise, ,Botschafter des Friedens und der Einheit' geht in diese Richtung, ebenso wie das Logo, das eine Taube mit einem Olivenzweig darstellt“, erläutert Kardinal Parolin. „Die Stoßrichtung des päpstlichen Besuchs ist also klar.“
Auch der Entwurf der Abschlusserklärung des Kongresses, an der bereits gearbeitet werde, verweise „mit besonderem Nachdruck“ auf das Dokument Das interreligiöse Dokument, das weitreichende soziale, wirtschaftliche und politische Überlegungen beinhaltet, hatten Papst Franziskus und der Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo, Ahmed al-Tayyeb, am 4. Februar 2019 in Abu Dhabi unterzeichnet.
Überschattet wird die Reise im Zeichen des Friedens und der Verständigung durch einen Krieg mitten in Europa wie auch durch viele andere Kriege weltweit, für die es keine Lösung zu geben scheint. Doch ein Krieg sei „nie ein unausweichliches Ereignis“, unterstreicht Kardinal Parolin: „Er hat seine Wurzeln im Herzen des Menschen, der sich von Eitelkeit, Stolz, Hochmut und Habgier leiten lässt, wie die Kirchenväter zu sagen pflegten. Ein solches Herz ist ein verhärtetes Herz, das nicht in der Lage ist, sich anderen gegenüber zu öffnen. Ein Krieg kann vermieden werden, indem man einen Schritt zurücktritt und die Anschuldigungen, die Drohungen und die Ursachen des gegenseitigen Misstrauens beiseitelegt. Leider sind heutzutage die Fähigkeit zuzuhören und das Bemühen, die Gründe derjenigen zu verstehen, die anders denken als wir, auf allen Ebenen geschwunden.“ Daher hoffe er, dass der nächste Kongress in Kasachstan zu einer Gelegenheit für Begegnung und Dialog werde, so der Chefdiplomat des Vatikans.
Besondere Beziehungen zu Kasachstan
Mit Blick auf die im Oktober 1992 etablierten diplomatischen Beziehungen zwischen Kasachstan und dem Heiligen Stuhl unterstreicht er, diese seien auch heute „rege und fruchtbar“, zahlreiche gemeinsame Projekte seien aktuell auf dem Weg. Damit meint Parolin unter anderem eine Vereinbarung zur medizinischen Zusammenarbeit zwischen dem Universitätszentrum Kasachstans und dem Kinderkrankenhaus Bambin Gesu. Auch das kasachische Suleimenov-Institut für Orientalische Studien und die Vatikanische Bibliothek im Verbund mit dem Vatikanarchiv haben eine engere Zusammenarbeit vereinbart. Beide Übereinkünfte wurden im Zusammenhang mit dem offiziellen Besuch des kasachischen Vizepremiers und Außenminister Mukhtar Tileuberdi im Mai 2022 im Vatikan unterzeichnet:
„Kasachstan war das erste zentralasiatische Land, das 1998 ein bilaterales Abkommen mit dem Heiligen Stuhl unterzeichnete. Es war auch das erste zentralasiatische Land, das im September 2001 von Papst Johannes Paul II. besucht wurde“, hebt Parolin hervor. Bei allen Ausgaben des Kongresses der Weltreligionen – der übrigens durch die Staatsführung organisiert wird – sei eine hochrangige Delegation des Heiligen Stuhls unter der Leitung eines Kardinals vertreten gewesen, während diesmal der Papst selbst anreise.
Aus Anlass des diplomatischen Jubiläums und im Zusammenhang mit dem Besuch von Papst Franziskus solle auch „ein Zusatzabkommen über die Erteilung von Visa und die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen für ausländische Missionare in Kasachstan unterzeichnet werden“, kündigt der Vatikandiplomat an.
Neben der Teilnahme an dem interreligiösen Kongress stehe auch die kleine, über das ganze Land verstreute katholische Gemeinschaft im Fokus des Papstbesuches, fährt Parolin fort. So werde es neben der Messe am Expo-Platz auch eine Begegnung mit den Bischöfen, dem Klerus, den Personen des geweihten Lebens, den Seminaristen und den pastoralen Mitarbeitern in der Kathedrale der Mutter Gottes von der Immerwährenden Hilfe in Nur-Sultan geben.
„Die katholische Kirche wird sehr geschätzt und stellt in einem äußerst vielfältigen religiös-kulturellen Panorama eine kleine, aber bedeutende Realität dar. Sie wird sich sicherlich durch die Anwesenheit und die Worte des Papstes ermutigt fühlen, sich im Glauben, in der Hoffnung und in der Nächstenliebe zu erneuern, ihre Mission des Zeugnisses fortzusetzen, indem sie sich ein Beispiel an so vielen Zeugen der Vergangenheit nimmt, wie dem seligen Pater WÅ‚adysÅ‚aw BukowiÅ„ski, dem seligen Pater Alexis Zaryckyj und dem seligen Bischof Mykyta Budka, und gemeinsam mit anderen religiösen Gruppen zum Aufbau einer vereinten, harmonischen und friedlichen Gesellschaft beizutragen.“
(vatican news - mm/cs)
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