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Ein Blick in den Gerichtssaal, der im Multifunktionssaal der Vatikanischen Museen eingerichtet wurde (Bild vom 20.5.2022) Ein Blick in den Gerichtssaal, der im Multifunktionssaal der Vatikanischen Museen eingerichtet wurde (Bild vom 20.5.2022) 

Finanzberater zu London-Deal: Ein Fehler, mich hineinziehen zu lassen

Bei der mittlerweile 18. Sitzung im Strafprozess um fehlgeleitete Investitionen des Staatssekretariats wurde am Montag der Finanzberater Enrico Crasso verhört. Bei der gut siebenstündigen Verhandlung erläuterte der Angeklagte, seit 1993 Berater des Vatikans in Finanzangelegenheiten, dass er nur in einer Nebenrolle mit den Vorgängen rund um das Gebäude in London betraut war, das im Zentrum des Finanzskandals steht.

Vielmehr habe er in den 26 Jahren seiner Beratertätigkeit für das Staatssekretariat für Gewinne gesorgt, die auch in den Bilanzen nachzuverfolgen seien, betonte Crasso während der teils emotional geführten Verhandlung. Allerdings habe er nie eine formale Beauftragung für seine Dienste erhalten. Darüber hinaus habe er nie die Berechtigung gehabt, auch nur „einen Cent aus dem Vermögen des Staatssekretariats abzuheben“. Der Finanzmanager, der lange für die Bank des Vertrauens des Staatssekretariats, die Credit Suisse, gearbeitet hatte, muss sich neben neun anderen Angeklagten in dem Prozess wegen Untreue, Korruption, Erpressung, Geldwäsche, Betruges und Amtsmissbrauchs verantworten. Seine Aufgabe sei es gewesen, Investments zu betreuen, keine „Spekulationen“, da der Heilige Stuhl „keine spekulativen Investments mit hohem Risiko“ tätigen konnte.

„Ich weiß nicht, warum ich nicht abgelehnt habe, ich habe mich hineinziehen lassen“

Nach London zu gehen, um dort einige Aspekte der Geldanlage zu überprüfen, sei „der größte Fehler meines Lebens“ gewesen, so Crasso mit Blick auf eine Reise im November 2018, bei der die Details der Verträge ausgearbeitet wurden, die sich im Nachhinein als teure und belastende Fehlinvestition herausgestellt hatten, von der einige der eingebundenen Akteure – und nicht der Vatikan - profitierten. Bei den Verträgen ging es darum, dass der Vatikan die volle Verfügungsgewalt über die Londoner Immobilie sicherstellen wollte.

Es sei nicht innerhalb seiner Kompetenzen gelegen, zu sagen, ob die Investition in London risikobehaftet sei oder nicht, hatte Crasso während der Befragung betont. Er habe auch nichts von der Hypothek von über 75 Millionen Euro gewusst, mit der die Immobilie belastet war. „In die Angelegenheit bin ich zufällig hineingeraten. Ich wurde gebeten, nach London zu reisen, um einige Aspekte des Investments zu überprüfen. Ich weiß nicht, warum ich nicht abgelehnt habe, ich habe mich hineinziehen lassen“, so der Angeklagte mit Blick auf die Begegnung in London. Im weiteren Verlauf der Befragung bestritt Crasso einen Interessenskonflikt, vielmehr sei er „auf jede Weise“ verleugnet worden, auch vor dem Papst selbst: „Und das schmerzt mich sehr“, so Crasso. Torzi (der sich über ein Geflecht von Fonds und Verträgen eine privilegierte Position bei der Nutznießung und Entscheidungsgewalt über die Immobilie gesichert hatte und der deshalb ebenfalls auf der Anklagebank sitzt) habe er nur flüchtig gekannt, betonte der Angeklagte mehrfach.

Prozess geht weiter

Am Dienstag geht der Vatikanprozess mit der Befragung von Fabrizio Tirabassi, einem ehemaligen Mitarbeiter im Staatssekretariat und in der Angelegenheit ebenfalls angeklagt, weiter. Nicht stattfinden wird die Sitzung vom 1. Juni, während am 6. und 7. Juni die Befragung von Raffaele Mincione (der Broker, der beim ursprünglichen Erwerb der Immobilie eine Schlüsselrolle hatte) angesetzt ist. Crasso soll am kommenden 22. Juni erneut verhört werden.

(vatican news/agensir - cs)

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31. Mai 2022, 10:55