Vatikan: Heiliglandkollekte nötiger denn je
Die Christen im Heiligen Land hätten die vergangenen zwei Pandemie-Jahre „ohne die Wärme und Solidarität der Pilger, die die Heiligen Stätten und die örtlichen Gemeinden sonst besuchten“, erlebt. Die Konsequenzen seien, dass etliche Familien „über alle Maßen unter der Arbeitslosigkeit gelitten“ hätten und zwar sogar „mehr noch als unter den unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie selbst“, so Kurienkardinal Sandri.
Er erinnerte daran, dass „auf ausdrücklichen Wunsch der Päpste“ die „Kollekte Pro Terra Santa“ initiiert wurde und auch weiter durchgeführt werden sollte. Üblicherweise wird diese Kollekte meist „am Tag der heilbringenden Passion des Herrn“, dem Karfreitag in allen Kirchen der Welt gesammelt, erinnert Sandri in seinem Brief, den der Vatikan an diesem Donnerstag veröffentlichte. Diese Kollekte sei „nichts Altes oder Überholtes“, denn sie drücke vor allem „das Wissen um unsere Wurzeln aus“, erläutert Sandri. Mit dieser Kollekte sei in der Botschaft der Erlösung begründet, „die sich von Jerusalem aus ausbreitete und uns alle erreicht hat“.
Hier der Brief im Wortlaut:
Aschermittwoch 2022
Lieber Bruder in Christus,
In der Predigt vom Palmsonntag 2021 hat der Heilige Vater äußerst starke Worte gefunden, um über die Passion des Herrn zu sprechen: „Wir staunen, wenn wir den Allmächtigen so vernichtet sehen, … wenn wir sehen, wie der Gott des Universums von allem entäußert ist. Warum hast du das alles zugelassen? Du hast es für uns getan, um ganz und gar mit unserer menschlichen Wirklichkeit in Berührung zu kommen, um durch unsere ganze Existenz, durch alles Schlimme in unserem Leben hindurchzugehen; um uns nahe zu kommen und uns in Schmerz und Tod nicht allein zu lassen; … Er erlebt am eigenen Leib unsere quälendsten Widersprüche, und auf diese Weise erlöst und verwandelt er sie.“ (Papst Franziskus, Predigt 28. März 2021).
Im Jahr 2021 hat Papst Franziskus zwei Pilgerreisen der Hoffnung zu den Christen des Nahen Ostens und des Heiligen Landes unternommen: Während die ganze Welt noch von der Pandemie in Beschlag genommen war, wollte er, gegen alle Hoffnung hoffend, sich an einige derer wenden, die am einsamsten sind und am meisten leiden: unsere Schwestern und Brüder im Irak, dem Land Abrahams, dem Land des Exils, dem Land, das trotz der Gewalt des Krieges und der Verfolgung den Namen Christi zu bewahren wusste.
Durch Gebet und Liebe an Seiner Seite stehend sind auch wir durch die Straßen von Mossul und von Qaraqosh gelaufen, hielten Gebet in der syrisch-katholischen Kathedrale von Bagdad in Erinnerung an die Zeugen, die am 31. Oktober 2010 getötet wurden, als sie die Liturgie feierten, die der Orient gerne als „Himmel auf Erden“ bezeichnet. An diesem Tag hat sich die Erde mit Blut gefärbt und wurde mit Trümmern übersät, doch als Gläubige erkennen wir, dass das Licht von Ostern, das Paschafest von Leiden und Auferstehung, aufgeleuchtet ist und sich der Balsam und Duft derer ausbreitete, die dem geopferten Lamm bis zur Hingabe des eigenen Lebens gefolgt sind. Auch in Zypern und dann in Griechenland, Ländern in denen die Apostel predigten, hat sich der Papst mit dem Leiden der Trennung auseinandergesetzt: die Trennung des Landes, die Trennung der Völker, die Trennung der Christenheit selbst, die immer noch nicht am selben Tisch der Eucharistie sitzen kann, und die Trennung der vielen, die dorthin kamen auf der Suche nach Schutz und Zuflucht. Und es fehlte nicht an weiteren Appellen, Gesten und Einladungen zum Frieden für weitere der Länder, die uns die Heilsgeschichte und die biblischen Ereignisse als „Heiliges Land“ zu verstehen einladen.
Angesichts dieser Gesten des Heiligen Vaters, die den Wunsch nach Nähe und Begegnung bezeugen, um zumindest ein wenig Erleichterung zu bringen als wäre es die Liebkosung des Nazareners, müssen wir als Einzelne und als christliche Gemeinden den Mut haben, uns selbst zu fragen: was sehe ich, was bemerke ich? Wie weit geht mein Blick? Werde ich am Osterfest, zu dem uns der Weg der Fastenzeit führt, die wir heute begonnen haben, dem Herrn erlauben, meine und unsere Einsamkeiten aufzusuchen? Und werde ich auf die Liebe, die mich besuchen kommen wird, mit Liebe antworten können? Liebe kann nicht bezahlt werden, es sei denn mit Liebe!
Zwar hat Christus als Person nur einmal gelitten und ist nur einmal gestorben und kann nun nicht mehr sterben. Aber er leidet nun weiter in seinem Leib, der die Kirche ist, besonders im Nahen Osten, aber auch an jedem anderen Ort der Welt, an dem die Glaubensfreiheit mit Füßen getreten und behindert wird: vielfach durch Verfolgung, durch eine zuweilen feindliche Umwelt, oft durch die Globalisierung der Gleichgültigkeit, durch die Gewalt von Kriegen, mit denen die Menschheit leider nie zufrieden zu sein scheint, wie in der Ukraine.
Zwei Jahre hintereinander haben die Christen des Heiligen Landes Ostern und Weihnachten in einer Art Isolation gefeiert, ohne die Wärme und Solidarität der Pilger, die die Heiligen Stätten und die örtlichen Gemeinden sonst besuchten. Die Familien haben über alle Maßen unter der Arbeitslosigkeit gelitten, mehr noch als unter den unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie selbst.
Auf ausdrücklichen Wunsch der Päpste wurde die „Kollekte Pro Terra Santa“ initiiert und wird auch weiter durchgeführt, meist am Tag der heilbringenden Passion des Herrn, dem Karfreitag: Sie ist nichts Altes oder Überholtes, denn sie drückt vor allem das Wissen um unsere Wurzeln aus: Sie liegen in der Botschaft der Erlösung begründet, die sich von Jerusalem aus ausbreitete und uns alle erreicht hat.
Die Geste des Spendens, auch wenn es nur eine kleine Gabe ist wie das Scherflein der Witwe, die aber von allen kommt, ermöglicht es unseren Brüdern und Schwestern im Heiligen Land, weiter zu leben und zu hoffen und ein lebendiges Zeugnis abzulegen für das Wort, das an Orten und auf Wegen, die seine Gegenwart gesehen haben, Fleisch geworden ist. Wenn wir unsere Wurzeln verlieren, wie können wir dann überall auf der Welt ein Baum sein, der wächst und Früchte der Liebe, der Nächstenliebe und des Teilens trägt?
Wenn wir also auf Christus schauen, der unsere menschliche Realität bis in die Tiefe angerührt hat, und wir uns von den Gesten der Nähe von Papst Franziskus auf seinen Apostolischen Reisen inspirieren lassen und seine Einladung annehmen, mit den Brüdern und Schwestern des Heiligen Landes solidarisch zu sein, dann geben wir der Praxis der Kollekte für das Heilige Land neue Lebenskraft: Lassen Sie uns durch die zuständigen Diözesanbüros und die Präsenz und Arbeit der Kommissare des Heiligen Landes des Franziskanerordens in der ganzen Welt diese Praxis leben, und kümmern wir uns auch um ihre Vorbereitung: durch Zeugnisse, Gebete oder einfach durch die Feier des Kreuzwegs. In Jerusalem, Bethlehem, Nazareth und in vielen anderen Wallfahrtsstätten und Klöstern des Heiligen Landes wird jeden Tag für die Kirche auf der ganzen Welt gebetet, und wir sind eingeladen, mit dem Herzen und mit einer kleinen Gabe all derer zu gedenken, die im Gebet unseren Namen vor den Herrn tragen und die uns für unsere Großzügigkeit danken. Das Informationsmaterial, das jedes Jahr verteilt wird, hilft uns, den Fluss der Nächstenliebe und des Lebens zu sehen, der durch die Kollekte ermöglicht wird.
Ihnen, den Priestern, Ordensleuten und allen Gläubigen, die sich für einen guten Ausgang der Kollekte einsetzen, in Treue zu einem Werk, das die Kirche all ihren Kindern aufgetragen hat, habe ich die Freude, die tiefe Dankbarkeit des Heiligen Vaters Franziskus zu übermitteln. Den reichen göttlichen Segen auf die Ihnen anvertraute Gemeinde herabrufend, entbiete ich Ihnen den brüderlichsten Gruß im Herrn Jesus.
✠Leonardo Card. Sandri
Präfekt
✠Giorgio Demetrio Gallaro
Erzbischof - Sekretär
N.B. Eine Zusammenfassung der Werke der Kustodie des Heiligen Landes und der Ostkirchenkongregation sind auf der Webseite dieses Dikasteriums zu finden: www.orientchurch.va / Colletta Terra Santa
(vatican news - mg)
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