ÃÛÌÒ½»ÓÑ

Kardinal Kurt Koch Kardinal Kurt Koch 

Kardinal Koch: Krieg in Ukraine wäre Kapitulation der Diplomatie

Der Abschluss zur Gebetswoche für die Einheit der Christen, der Gedenktag zur Shoah und der Gebetstag für den Frieden in der Ukraine: Es war eine intensive Woche für das ökumenische Engagement der Christen auf der Welt. Wir sprachen darüber mit dem Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurienkardinal Kurt Koch.

Pope: Papst Franziskus hat in seiner Predigt zum Abschluss der Gebetswoche für die Einheit der Christen dazu aufgerufen, keine Angst vor dem Neuen zu haben. Was hat Ihnen an der diesjährigen Vesper besonders gefallen?

Kardinal Koch: Sehr besonders war natürlich das Motto für diese Gebetswoche für die Einheit der Christen. Das Motto stammte aus dem Matthäus-Evangelium. Da wird das nach Bethlehem Kommende markiert. Das hat auch der Heilige Vater gut aufgenommen. Er hat aufgezeigt, wie wir gemeinsam gehen und das Ziel haben, zu Christus zu kommen. Das ist ja auch der Sinn des , das heißt, die gemeinsame Rückkehr aller Christen zu Jesus Christus - und damit ist natürlich auch die spirituelle Dimension der Ökumene sehr deutlich angesprochen.

Hier das Interview mit Kardinal Kurt Koch zum Nachhören

 

Der zweite wichtige Punkt betrifft ebenfalls das Motto - und zwar, von wem es vorgeschlagen wurde. Es handelt sich um den Ökumenischen Rat im Mittleren Orient, einer Region, in der viel Dunkelheit besteht. Ich denke gerade an die tragische Situation im Libanon. Und insofern war natürlich diese Gebetswoche für die Einheit der Christen auch eine wichtige Gelegenheit, für die Menschen im Nahen Osten zu beten.

„Das ist natürlich eine besondere Herausforderung“

Pope: Wenn man jetzt eben auch an derartige Situationen denkt, in diesen Regionen und auch in anderen Regionen der Welt, so stellt sich die Frage, wie das ökumenische Engagement auch bei der Friedenssuche hilft und helfen kann.

Kardinal Koch: Das ist natürlich eine besondere Herausforderung. Auf der einen Seite ist es eine interne Angelegenheit, wobei dann die Frage ist, wie die Christen die Einheit untereinander finden. Auf der anderen Seite gehört es natürlich auch zu der großen Aufgabe der Christen, gemeinsam bei den großen Herausforderungen der Welt heute zusammenstehen.

Papst Franziskus ruft ja immer diese dreifache Dimension in Erinnerung: gemeinsam gehen, gemeinsam beten, gemeinsam arbeiten. Und das ist angesichts der großen Herausforderungen wichtig, gerade was den Frieden der Gerechtigkeit, der Schöpfung und so weiter betrifft.

Pope: Was den Blick nach Osten betrifft, so ist es doch so, dass die Christen im Nahen Osten ungeachtet ihrer Konfession gemeinsam die schwierige Situation teilen. Gerade auch im interreligiösen Bereich sind dort alle Christen gleichermaßen herausgefordert.

Kardinal Koch: Was das ökumenische Miteinander in einem solchen Kontext betrifft, dann höre ich seit Jahren davon, dass sich die Christen in jener Region durch Jahrhunderte daran angewöhnt haben, mit den Muslimen zusammenzuleben und auch im Frieden mit den Muslimen zusammenleben wollen. Aber natürlich wird dieser Friede zwischen Christen und Muslimen durch durch die extremen Strömungen gerade im Irak oder in Syrien von den Islamisten gestört.

„Krieg ist immer die Kapitulation der Diplomatie, Kapitulation der Friedensanstrengungen“

Pope: Wir haben sozusagen jetzt auch vor der eigenen Haustüre eine schwierige Situation. An diesem Mittwoch hat Papst Franziskus zum Gebet für den Frieden in der Ukraine aufgerufen. Dort ist es ja nicht ein Problem zwischen Religionen, sondern sozusagen unter Christen. Wie kann da auch der ökumenische Impuls helfen, dass die Einsicht obsiegt, den Frieden zu bewahren?

Kardinal Koch: Das erste und wichtigste ist, dass der Papst zu diesem Gebetstag für die Ukraine aufgerufen hat und dass die Christen sich dessen bewusst werden, dass der Friede letztlich immer ein Geschenk ist. Dieses müssen auch wir uns immer erbitten und erbeten. Das ist das Erste und das Zweite ist, dass die Christen, wo sie auch immer politisch stehen, gemeinsam die Überzeugung haben, dass Krieg keine Möglichkeit ist. Krieg ist immer die Kapitulation der Diplomatie, Kapitulation der Friedensanstrengungen und wenn das gemeinsam allen Christen bewusst ist, dass der Krieg keine Option ist, dann ist das ein wichtiger Schritt getan.

Pope: In diese Woche fiel ja auch noch nach dem Abschluss der Gebetswoche der Gedenktag zur Schoah. Ihr Päpstlicher Rat ist ja auch zuständig für den Dialog mit dem Judentum. Gibt es in diesem Zusammenhang etwas, was am Herzen liegt?

Kardinal Koch: Ich möchte zwei Dinge dazu sagen. Erstens ist am 17. Januar, bevor die Einheitswoche beginnt, der Tag des Judentums, und das ruft uns in Erinnerung, dass das Judentum gleichsam der Mutterboden des Christentums und aller christlichen Kirchen ist. Darauf müssen wir uns besinnen, und dann ist der 27. Januar der Gedenktag an die schrecklichen Ereignisse der Schoah, des Holocausts. Und gerade in der heutigen Welt, wo antisemitische Tendenzen wieder salonfähig werden und dies in verschiedenen Gesellschaften, auch und gerade in Deutschland, muss die Stimme der Klage erhoben werden, wie das Papst Franziskus ja immer wieder betont. Es ist absolut unmöglich, Christ zu sein und gleichzeitig ein Antisemit zu sein. Man kann nicht Mitglied einer Familie sein, wenn man die eigene Mutter umbringt.

Das Interview führte Mario Galgano.

(vatican news)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

28. Januar 2022, 12:41