Vatikan: Wie Päpste urlauben
Kritzenberger: Papst Franziskus hat sich ja entschieden, im Sommer im Vatikan zu bleiben. Er fährt nicht wie seine Vorgänger in die Sommerresidenz in Castel Gandolfo. Dort war er seit seiner Wahl 2013 nur ein paar Mal, er hat auch nie dort übernachtet. Er fährt eigentlich nirgendwo hin, auch nicht ans Meer. Er bleibt im Vatikan, er betet mehr, geht alles ruhiger an, empfängt weniger Leute, steht nicht wie sonst schon kurz nach 4 Uhr morgens auf – aber Genaueres wissen wir natürlich nicht.
Wissen wir denn, warum es Papst Franziskus mit seiner Feriengestaltung so hält?
Kritzenberger: Ja, er hat wohl gesehen, dass das nichts für ihn ist. Das letzte Mal, dass er richtig Urlaub gemacht hat, also auch mit Ortswechsel, war zu der Zeit, als er noch Erzbischof von Buenos Aires war, also 1975. Seither hat er beschlossen, nirgendo hinzufahren. Er bleibt im Vatikan.
Wie haben denn die Vorgänger von Papst Franziskus ihre Ferien verbracht?
Kritzenberger: Die Vorgänger von Papst Franziskus haben alle Castel Gandolfo genutzt. Dort es ist viel kühler, es liegt in den Albaner Bergen. Johannes Paul II. war der erste, der den päpstlichen Sommersitz auch für sportliche Aktivitäten nutzte. Er hat dort Tennis gespielt, sich ein Schwimmbecken bauen lassen. Johannes Paul II. hat dort aber auch immer gearbeitet, viele lehramtliche Dokumente geschrieben und in den 1990er Jahren auch philosophische Symposien organisieren lassen, an denen er selbst teilnahm. Castel Gandolfo war also immer mit Arbeit verbunden: Johannes Paul II. hat aber auch richtige Ferien gemacht, und zwar in Norditalien, im Aosta-Tal.
Auch Papst Benedikt XVI. hat ja dann seine Ferien außerhalb von Castel Gandolfo verbracht.
Kritzenberger: Ja, Benedikt XVI. war öfter in Brixen, in Südtirol, wo er schon als Kardinal Urlaub gemacht hat. Er hat die Sommermonate regelmäßig in Castel Gandolfo verbracht, ist in dem weitläufigen Park dort spazieren gegangen, hat dort abends Klavier gespielt. Benedikt hat in Castel Gandolfo aber immer auch gearbeitet, hat Audienzen gegeben. In Castel Gandolfo fand auch immer das Treffen des Ratzinger-Schülerkreises statt. Bei den Beratungen war Papst Benedikt immer persönlich mit dabei.
Warum hat man den Sommersitz der Päpste ausgerechnet nach Castel Gandolfo verlegt?
Kritzenberger: Das bietet sich schon allein deshalb an, weil Castel Gandolfo nicht weit von Rom entfernt ist; es ist kühl, liegt in den Albaner Bergen.. und die Papstresidenz blickt direkt auf den Albaner See, eine wirklich idyllische Lage. Und es hat auch eine wirklich interessante Geschichte...
Schon die römischen Kaiser haben das Klima geschätzt. Domitian hat sich dort einen Palast bauen lassen. In Vatikan-Besitz ist die Residenz übrigens seit 1596. Der erste Papst, der in Castel Gandolfo Urlaub gemacht hat, war Urban VIII. Das war im 17. Jahrhundert. Er hat sich dort einen Sommerpalast bauen lassen. 1787 war übrigens auch Goethe hier – und auch der war von der idyllischen Lage mehr als begeistert.
Eine besondere Rolle spielte Castel Gandolfo im Zweiten Weltkrieg. Damals hat die päpstliche Sommerresidenz sogar als Entbindungsstation fungiert…
Kritzenberger: Ja, das stimmt. 1944 haben dort viele Menschen vor den Bombenangriffen Schutz gesucht. Der Vatikanstaat ist neutral, das Territorium galt als unverletzlich, die Leute haben sich hier vor Angriffen sicher gefühlt.
Damals sind auch viele schwangere Flüchtlingsfrauen hierher gekommen... Und wenn es dann soweit war, hatte man gar keine andere Wahl: man hat die Papstgemächer einfach zur Entbindungsstation umfunktioniert. Ungefähr 40 Kinder sind in Castel Gandolfo zur Welt gekommen. Die Mütter waren dem Papst natürlich dankbar, und viele haben ihre Kinder nach ihm benannt: also Pio – Pius –, oder Eugenio, das war der Taufname von Pius XII.
(vatican news - skr)
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