Vatikan: Neue Instruktion über pastorale Umkehr der Pfarreien
Die neue Instruktion trägt den Titel: Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche, und ist von Papst Franziskus approbiert worden. Das Dokument, das vom Präfekten der Kongregation für den Klerus, Kardinal Beniamino Stella, und vom zuständigen Sekretär des Dikasteriums am Hochfest der Heiligen Petrus und Paulus unterzeichnet worden ist, antwortet auf die Strukturreformen, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wegen tiefgehender sozialer und kultureller Veränderungen in nicht wenigen Diözesen vorbereitet werden oder durchgeführt worden sind.
Das vorliegende Dokument ist ein verbindlicher Bezugspunkt für Vorhaben dieser Art und zielt auf eine – wie sich aus dem Titel erschließt – «pastorale Umkehr im missionarischen Sinn». Sie ist «eine Einladung an die Pfarrgemeinden, sich zu öffnen und Instrumente für eine auch strukturelle Reform anzubieten, die sich an einem neuen Gemeinschaftsstil, an einem neuen Stil der Zusammenarbeit, der Begegnung, der Nähe, der Barmherzigkeit und der Sorge für die Verkündigung des Evangeliums orientiert» (Nr. 2).
Elf Kapitel
Der Text ist in elf Kapitel gegliedert, die unter anderem die Pfarrei im Kontext der gegenwärtigen Zeit darstellen (vgl. Nrn. 6-10) und auf ihre heutige Bedeutung verweisen (vgl. Nrn. 11-15). Die missionarische Sendung der Kirche bildet das grundlegende Leitmotiv der Erneuerung (vgl. Nrn. 16-26). Es geht darum, «Perspektiven auszumachen, die es erlauben, die „traditionellen“ pfarrlichen Strukturen unter missionarischem Gesichtspunkt zu erneuern» (Nr. 20). Die Vertiefung der Kenntnis des Wortes Gottes, die ansprechend gestaltete Feier der Sakramente, vor allem der heiligen Eucharistie, und eine erneuerte „Kultur der Begegnung“, die den Dialog, die Solidarität und die Offenheit fördert, sind die zentrale Bausteine dieser Erneuerung.
Die erneuerte Pfarrei weist über das Merkmal der missionarischen Ausrichtung hinaus zwei weitere Charakteristika auf. Sie will alle erreichen und einschließen, und sie ist auf die Armen bedacht. «Als „Heiligtum“, das allen offensteht, erinnert die Pfarrei, die alle ohne Ausnahme erreichen muss, daran, dass die Armen und die Ausgeschlossenen im Herzen der Kirche immer einen bevorzugten Platz haben müssen» (Nr. 32).
Nichts überstürzen
Angesichts leidvoller Erfahrungen, die mit den diözesanen Strukturreformen für die Gemeinden, die Kleriker und die Gläubigen verbunden sind, mahnt die Instruktion, nichts zu überstürzen und Reformen nicht zu eilig mit „am grünen Tisch“ erarbeiteten allgemeinen Kriterien durchführen zu wollen und dabei die konkret Betroffenen zu vergessen. «Jedes Projekt muss die konkreten Umstände einer Gemeinde berücksichtigen und ohne Traumata mit einer vorausgehenden Phase der Beratung, einer Phase der schrittweisen Verwirklichung und der Überprüfung durchgeführt werden» (Nr. 36).
Strukturreformen dürfen daher die Gläubigen nicht außenvorlassen, hebt Papst Franziskus hervor: «Wenn wir das Volk Gottes als Ganzes und in seinen Unterschieden verdrängen, zum Schweigen bringen, zerstören, ignorieren oder auf eine kleine Elite beschränken wollen, setzen wir Gemeinschaften, pastorale Pläne, theologische und spirituelle Akzente und Strukturen ohne Wurzeln, ohne Geschichte, ohne Gesicht, ohne Gedächtnis, ohne Leib, ja ohne Leben in die Welt» (Nr. 37).
Nach der theologischen, spirituellen und pastoralen Aufbereitung des Themas wendet sich das Dokument konkreten Maßnahmen und Vorgehensweisen im Rahmen diözesaner Strukturreformen zu. Es verweist hierbei sowohl auf das geltende Recht des kirchlichen Gesetzbuches von 1983, als auch auf einschlägige Dokumente des Apostolischen Stuhls, die im Rahmen der Reformvorhaben zu konsultieren und einzubeziehen sind, soll es sich um eine Reform im Sinne der katholischen Ekklesiologie handeln.
Fragen über die Mitarbeit der Laien
Der Text nimmt daher Bezug auf die Interdikasterielle Instruktion zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am priesterlichen Dienst der Priester (1997); auf das Rundschreiben “Der Priester, Lehrer des Wortes, Diener der Sakramente und Leiter der Gemeinde für das dritte christliche Jahrtausend“ (1999); auf die Instruktion “Der Priester, Hirte und Leiter der Pfarrgemeinde“ (2002); und nicht zuletzt auch auf das bedeutende Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe (2004), das im VIII. Kapitel grundlegende Hinweise für Reformvorhaben auf pfarrlicher und überpfarrlicher Ebene zur Verfügung stellt.
Das Kapitel über die Pfarrei und die anderen Untergliederungen innerhalb der Diözese (vgl. Nrn. 42-61) widmet sich dem Vorgehen des Diözesanbischofs bei Pfarreizusammenschlüssen. Der neuen Instruktion ist es ein Anliegen, im Rahmen der gemäß kirchlichem Recht legitimen Zusammenschlüsse den Status der beteiligten Priester zu bedenken. Der Diözesanbischof soll daher, bei der Errichtung einer neuen Einheit «auf keinem Fall mit dem gleichen Dekret beschließen, dass in mehreren vereinten und nur einem Pfarrer anvertrauten Pfarreien eventuell andere vorhandene Pfarrer, die noch im Amt sind, automatisch zum Pfarrvikar ernannt oder faktisch ihres Amtes enthoben werden» (Nr. 57).
Die Frage der Gleichbehandlung und der Wahrung attraktiver Zukunftsperspektiven darf nicht mit der Berufung auf unumgängliche Reformnotwendigkeiten oder gar mit dem Verweis auf den priesterlichen Gehorsam abgetan werden. Die Priester sind in «in vorzüglicher Weise Mitarbeiter des Bischofs» (Vat II CD 30) und bedürfen gediegener Fortbildungsmaßnahmen, die sie auf ihren herausfordernden Dienst in den Gemeinden vorbereiten und unterstützen.
Alle Glieder des Volkes Gottes
Der folgende Abschnitt behandelt die ordentlichen und außerordentlichen Formen der Übertragung der Hirtensorge der Pfarrgemeinde (Nrn. 62-93). Das Thema betrifft alle Glieder des Volkes Gottes: die Kleriker, die Gottgeweihten und die Laien. Den Bestrebungen, das Amt des Pfarrers einem Team aus Priestern und Laien anzuvertrauen, widerspricht die Instruktion deutlich. Bezeichnungen wie Leitungsteam, Leitungsequipe, Pfarreivorstand und andere, die eine kollegiale Leitung der Pfarrei zum Ausdruck bringen könnten, sind daher unzulässig. Der notwendigen Zusammenarbeit des Pfarrers mit geschultem Personal gemäß kanonischen Vorgaben, beispielsweise in den Bereichen Vermögensverwaltung, Gemeindekatechese oder Caritas, steht nichts im Wege. Angesichts der gegenwärtigen Personalsituation in den Bistümern und der Komplexität des Lebens, wird diese immer nötiger.
Über die Stellung und die Aufgabe der ständigen Diakone in der Kirche bietet das gegenwärtige päpstliche Lehramt richtungsweisende Hilfen, auf die die Instruktion verweist. 2 Die Übertragung der pfarrlichen Hirtensorge gemäß can. 517 § 2 CIC im Falle des Priestermangels stellt eine außerordentliche Form der Beteiligung an der Seelsorge dar, die lediglich Übergangscharakter haben kann und zeitlich begrenzt sein muss. Die Mitarbeit der Laien am Dienst der Priester ist im Rahmen der partikular- und universalkirchlicher Normen, unter anderem durch die erwähnte Interdikasterielle Instruktion Ecclesiae de mysterio (1997), geregelt, die, ausgestattet mit päpstlicher Approbation in forma specifica, gegenteilige Normen, Gewohnheiten und Befugnisse widerrufen hat. Um legitim zu sein, darf die Mitwirkung der Laien in der Seelsorge den Rahmen normierter Beauftragung und Sendung nicht überschreiten.
Wahl der Terminologie
In diesem Zusammenhang spielt nicht zuletzt die Wahl der Terminologie eine Rolle, die den Unterschied zwischen dem gemeinsamen und dem besonderen Priestertum schützen muss. Titel wie „Pfarrer“, „Ko-Pfarrer“, „Pastor“, „Kaplan“, „Moderator“, „Pfarrverantwortlicher“ oder ähnliche Begriffe, die das Recht den Priestern vorbehält, weil sie einen direkten Bezug zu deren Beteiligung an der Hirtensorge des Bischofs auf Grund der Weihe haben, können daher Laien nicht verliehen werden. Eine rein funktionale Betrachtungsweise des pastoralen Dienstes wird der Notwendigkeit einer präzisen und eindeutigen Terminologie wenig abgewinnen können. Sie bedarf der unentbehrlichen Ergänzung durch ein wirklich sakramentales Verständnis des Priestertums.
Um das Thema der Zusammenarbeit in der Pfarrei abzurunden, widmet sich die Instruktion über die pastorale Umkehr den Organen kirchlicher Mitverantwortung, unter anderem dem Vermögensverwaltungsrat (vgl. Nrn. 101-107) und dem Pastoralrat der Pfarrei (Nrn. 108- 114), deren Bedeutung Papst Franziskus hervorgehoben hat. Unbeschadet legitimer regionaler Regelungen wird festgehalten, dass beide Räte Beratungsgremien sind, die den Pfarrer, der den Vorsitz innehat, in der Leitung der Pfarrei maßgeblich unterstützen.
Die Rolle des Pastoralrates
Im Rahmen einer pastoralen Einheit kann es auch nur einen Pastoralrat für alle Pfarrgemeinden des Zusammenschlusses geben. Dieser Rat stellt einen spezifischen Bereich dar, «in dem die Gläubigen ihr Recht wahrnehmen und ihrer Pflicht nachkommen, ihre Meinung hinsichtlich des Wohls der Pfarrgemeinde den Hirten und auch den anderen Gläubigen mitzuteilen» (Nr. 112). Seine Hauptaufgabe besteht darin, «in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Diözese praktische Lösungen für die pastoralen und karitativen Initiativen der Pfarrei zu suchen und zu beurteilen» (Nr. 112). «Der Pfarrer muss seine Vorschläge wohlwollend im Hinblick auf ihre Umsetzung prüfen» (Nr. 113).
«Über die Betonung der Dringlichkeit einer […] Erneuerung hinaus, legt […] das vorliegende Dokument eine Anwendungsweise der kanonischen Normen vor, die die Möglichkeiten, die Grenzen, die Rechte und die Pflichten der Hirten und der Laien festlegt, damit die Pfarrei sich selbst wieder als grundlegenden Ort der Verkündigung des Evangeliums, der Feier der Eucharistie, als Raum der Geschwisterlichkeit und der Caritas entdeckt, von dem aus das Zeugnis des christlichen Glaubens in die Welt ausstrahlt» (Nr. 123).
(vatican news)
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