„Die zwei Päpste“: Eine Kino-Kurzkritik
Gudrun Sailer: Es ist ein höchst unterhaltsamer Film, was man gar nicht meinen würde, wenn man weiß, dass das erzählerische Grundgerüst ausgerechnet ein langes Gespräch zwischen diesen beiden Päpsten ist, von denen der eine am Anfang noch Kardinal ist, Bergoglio von Buenos Aires. Es kommt also zu diesem langen Gespräch in der päpstlichen Sommerresidenz Castelgandolfo, das dann im Vatikan fortgesetzt wird und in der Sixtinischen Kapelle endet, Bergoglio will den Papst überreden, ihn als Erzbischof vorzeitig in Pension gehen zu lassen, weil ihm der Kurs der Kirche verknöchert vorkommt, und Papst Benedikt will Bergoglio auf keinen Fall gehen lassen.
Radio Vatikan: Also ein Streitgespräch?
Gudrun Sailer: Ein Streitgespräch, das ruppig und zugleich witzig daherkommt und dauernd aufgelockert wird von Einschüben aller Art. Benedikt spielt einen Zarah-Leander-Schlager am Klavier, Bergoglio schaut sich im Fernsehen Fußball an und beide zusammen schauen sie sich „Kommissar Rex“ an, sie fliegen gemeinsam mit dem Hubschrauber nach Rom, sie gehen miteinander oder eigentlich eher gegeneinander spazieren, sie nehmen einander die Beichte ab, sie essen miteinander Pizza in der Kammer der Tränen, das ist der kleine Raum neben der Sixtinischen Kapelle, wo sich der frischgewählte Papst weiß anzieht. Übrigens, es gibt in diesem Film vieles doppelt: zwei Papstwahlen, die von Benedikt und die von Franziskus, allein das ist meisterlich arrangiert, feierlich und leicht zugleich, mit Rhythmus, zweimal sehen wir, wie Bergoglio am Flughafen in Buenos Aires seine alten Schuhe in die Plastikbox legt zum Sicherheits-Check, zweimal sehen wir einen Hubschrauber fliegen – zwei Päpste.
Radio Vatikan: Und worüber sprechen die zwei Päpste?
Gudrun Sailer: Darüber, wie ihre Vorstellungen von der katholischen Kirche ihrer Zeit sind. Wir sehen anfangs einen frustrierten, angespannten Benedikt und einen auch frustrierten, aber sehr entspannten Bergoglio. Und dann entwickelt sich das in diesem witzigen, langen Streitgespräch und mündet in einer Absolution des einen für den anderen, es ist ein versöhnlicher und positiver Film. Nicht nur für Gläubige spannend, übrigens, es geht auch darum, wie wir als Menschen mit Schuld und Vergebung umgehen.
Radio Vatikan: Wie sind denn die beiden Päpste getroffen? Wie weit stimmen sie mit ihren Vorbildern im echten Leben überein?
Gudrun Sailer: Die Figur von Bergoglio bzw. Franziskus sieht dem Original in allem ähnlich: im Witz, im informellen Umgang, im ganzen Habitus, sogar im Gesichtsausdruck, das ist wirklich erstaunlich. Papst Benedikt, dargestellt von dem großartigen Anthony Hopkins, ist als Figur viel weniger originalgetreu, er wirkt zumindest anfangs herrisch und auch etwas kindisch, Dinge, die dem echten Papst Benedikt fremd sind. Auch das Deutsche des deutschen Papstes wird selbstverständlich genutzt und ironisch verbrämt. Also die Sympathien des Films liegen unverkennbar bei Papst Franziskus. Aber gut, ein jeder Film lebt von Spannung und Gegensätzen. Und wie das gelöst ist am Ende, ist schon ziemlich genial. Tango und Fußball. Aber genauer werde ich das nicht verraten…!
„Die zwei Päpste“ von Fernando Meirelles läuft derzeit im Kino und ist ab 20. Dezember bei Netflix zu sehen.
(vatican news)
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