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Christine von Schweden: Ihr Grabmal im Petersdom Christine von Schweden: Ihr Grabmal im Petersdom 

Vier tote Herrscherinnen im Petersdom

Der Petersdom ist die Grablege von 148 Päpsten – und vier Frauen. Über sie hat die Augsburger Historikerin Martha Schad ein Buch vorgelegt, das dieser Tage in Rom vorgestellt wurde. Ein Interview.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Pope: Als Autorin haben Sie immer wieder unbekannte, vergessene Frauenfiguren „ausgegraben“, ihnen Biografien gewidmet. Nun sind die vier im Petersdom begrabenen Frauen an der Reihe – vier königliche Frauen, wie Sie schreiben. Was war Ihr Anliegen dabei?

Schad: „Der Petersdom gilt ja als die Grablege der Päpste. Eine große Tafel weist auf 148 begrabene Päpste hin. Wenn man in den Dom hineingeht, grüßt ein wunderschönes Grabmal von einem Künstler, den ich sehr verehre, Bernini. Dabei handelt es sich um das Grabmal von Mathilde von Tuszien. Etwas um die Ecke liegt Christine von Schweden. Ich fragte mich, ob außer diesen beiden noch weitere Frauen im Petersdom liegen. Die Literatur, mit der ich mich daraufhin befasste, sprach mal von drei und mal von sechs Frauen. In einem guten Domführer findet man noch Maria Clementina Stuart und in der Unterkirche eine weitere Frau (Charlotte von Zypern aus dem 15. Jahrhundert). Das sind die vier königlichen Frauen, die ich in meinem Buch biografisch beschrieben habe.“

Pope: Was haben diese vier Frauen gemeinsam? Wie kommt es, dass ausgerechnet diese vier im Petersdom ruhen?

Schad: „Das hängt ganz bestimmt auch mit dem Rang dieser Frauen zusammen. Die erste Frau, die im Petersdom Aufnahme gefunden hat, war Charlotte von Zypern. Sie suchte, nachdem ihr Bruder ihr das Königreich weggenommen hatte, umherirrend Asyl, das sie schließlich in Rom fand. Nicht umsonst heißt mein Buch „Die Päpste liebten sie“. Immer wieder zeigten sich Päpste barmherzig, nahmen solche Frauen auf. Dass sie sie empfingen, war nicht alltäglich und hängt natürlich mit dem Rang dieser Frauen zusammen.“

Pope: Die zweite Frau im Petersdom, Markgräfin Mathilde von Canossa und Tuszien, lebte im 11. Jahrhundert und wurde erst 500 Jahre nach ihrem Tod im Petersdom beigesetzt. Sie hatte einen ganz entscheidenden Einfluss auf Rang und Ruf der Päpste.

Schad: „Ja, sie gilt als die große Kämpferin fürs Papsttum, war in meinen Augen auch eine richtige Kriegerin. Sie vermachte ihren ganzen Besitz dem Papst beziehungsweise den jeweiligen Päpsten – das ändert sich zwischendurch mal. 500 Jahre nach ihrem Tod entdeckte ein Papst von Rom, dass das Grab dieser Frau nicht im toskanischen Kloster, sondern im Petersdom sein muss, um zu zeigen, wie mächtig sie war, wie sehr sie für die Päpste gekämpft hat und dass sie ihr ganzes Gut den Päpsten vermacht hat.“

Pope: Vor allen Dingen hatte sie eine hochbedeutsame Rolle in einem wahren Sieg der Päpste über die weltliche Macht, wir erinnern uns an den Bußgang von Canossa. Mathilde war die Gastgeberin dieser historischen Begegnung zwischen Papst Gregor VII. und König Heinrich IV., der sozusagen beim Papst zu Kreuze kroch, um wieder in die Kirche aufgenommen zu werden.

Schad: „Ja, da spielte sie die entscheidende Rolle. Es ist unglaublich spannend. Man muss dazu sagen, sie hatte auch eine mächtige Mutter, Markgräfin Beatrix, die auch eine Vorzeige-Kämpferin fürs Papsttum war.“

Pope: Die nächste Frau war ebenfalls eine ausgesprochene Kämpferin. Mit vielen Päpsten hatte sie zu tun, nicht alle haben sie geliebt: Christine von Schweden, die berühmteste Konvertitin des 17. Jahrhunderts.

Schad: „Eine erstaunliche Frau, über die sehr viel geschrieben wurde, Romane und mehr. Sie hatte nicht nur einen sehr schwierigen Charakter und war optisch keine Schönheit, sondern wendete sich auch ausgerechnet ihrem Vater ab, ein großer Mann, der für den Protestantismus gekämpft hat. Sie beschloss, heimlich, still und leise – wahrscheinlich unter Mithilfe der Jesuiten – in die einzig wahre Kirche zurückzukehren.“

Pope: Einen Großteil ihres restlichen Lebens brachte Christine von Schweden in Rom zu, wobei sie die Päpste zum Teil außerordentlich unterstützte, zum Teil aber auch unterschwellig bekämpfte.

Schad: „Ihr ganzer Lebensstil war ungewöhnlich: auf der einen Seite die gebildete Frau, die in Schweden französische Lehrer hatte und dann in Rom ein Theater gründete. Nach kaum vier Wochen in Rom fiel ihr ein, dass sie eigentlich doch wieder Regentin werden wollte und sie zog gen Frankreich. In Frankreich gab es ein solches Desaster mit ihr, dass der Papst in Rom sagte, er wolle sie nicht mehr zurückhaben.“

Pope: Was damit zu tun hatte, dass sie – ganz öffentlich -  jemanden umbringen ließ.

Schad: „Sie ließ einen Mann töten, der angeblich ihr Geliebter war und ihre Pläne verraten hatte. Sie beharrte darauf, nach wie vor eine souveräne Person zu sein und so etwas anordnen zu können.“

Pope: Also eine skandalumwitterte Person und gleichzeitig der Figur des Papstes treu, auf eine Art und Weise, die uns heute überrascht, oder die wir eigentlich fast nur in einem Konvertiten zugestehen können.

Schad: „Davon, dass der Papst sie in ihrem Haus, im Palazzo Corsini besuchte - weil sie ja immer noch den Rang einer Fürstin innehatte – war sie sehr angetan und erfreut. Bei der nächsten Messe konnte sie durch ihr schlechtes Benehmen wieder fürchterlich stören. Sie war also wirklich sehr, sehr schwierig.“

Pope: Aber der Papst kam nicht umhin, Christine von Schweden mit allen Ehren im Petersdom beizusetzen.

Schad: „Ja, obwohl sie das gar nicht wollte. Sie hatte sich das nicht gewünscht, aber der Papst befahl es. Es war ein großartiges Begräbnis. Sie war übrigens auch gegen die Ausstellung ihres Leichnams, worüber man sich ebenfalls hinweggesetzt hat. Wie das Grabmal, auf dessen unterem Teil der Fußfall des Kaisers dargestellt ist, war auch das Begräbnis sehr beeindruckend.“

Pope: Die vierte und letzte, die im Gegensatz zu den anderen Frauen mit ihrer Familie im Petersdom bestattet wurde, ist Maria Clementina Stuart, die letzte katholische Königin von England (18. Jahrhundert).

Schad: „Sie hat England nie gesehen, entstammte der berühmten polnischen Familie Sobieski. Schon die Brautfahrt von Polen nach Italien war unglaublich spannend. Bei mehreren der Frauen fand eine sogenannte Prokurativtrauung statt, der Bräutigam war also gar nicht dabei. Manchmal brauchten die angehenden Ehemänner ziemlich lang, bis sie diese schönen Frauen in Empfang nahmen. Die Ehe von Maria Clementina war sehr traurig. Zwar haben sie zwei Söhne gehabt, waren aber von Anfang bis Ende unglücklich miteinander. Maria Clementina floh sehr oft in ein kleines Kloster und starb bereits im Alter von 33 Jahren.“

Pope: Die Hälfte ihres Lebens brachte sie in Polen zu, die andere Hälfte in Rom. Spannende finde ich, dass die Stuart-Familie tatsächlich einen kleinen englischen Königshof in Rom unterhielt, immer bedroht von Geldnöten.

Schad: „Die Päpste waren immer sehr freundlich, haben immer nachgeholfen. Mich hat dieses Grab so angerührt, weil es im Petersdom nicht auf Anhieb zu sehen ist. Wenn man hineinkommt, befindet es sich auf der linken Seite. Maria Clementina ist dargestellt auf einem sehr hoch angebrachten kleinen Medaillon, und blickt sozusagen auf die Grabmäler ihrer beiden Söhne und ihres Mannes herab. Das hat mich sehr fasziniert.“

Pope: Die Grablege der vier Frauen im Petersdom hatte in jedem einzelnen Fall einen anderen kirchenpolitischen Grund. Insgesamt betrug der Zeitraum, in der sie in Sankt Peter bestattet wurden, etwa 350 Jahre, mit der letzten Bestattung, der von Maria Clementina Stuart, im 18. Jahrhundert. Was müsste passieren, damit heute noch eine Frau im Petersdom bestattet würde?

Schad: „Es müsste sich um eine Heilige oder Selige handeln. Eine Frau, die nicht zu den Altären erhoben wurde, würde heute sicherlich nicht mehr darin bestattet werden.“

Pope: Welche große Heilige würde das verdienen?

Schad: „Auf Anhieb fällt mir Edith Stein ein. Es wäre sehr ehrenvoll, wenn sie dort einen Platz bekäme.“

 

Martha Schad: Die Päpste liebten sie. Die königlichen Frauen von St. Peter in Rom. Langenmüller, 22 Euro.

 

(vatican news)

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12. April 2019, 15:25