Algerien: Seligsprechung als Signal gegen Terrorismus
Der Papst hat einen Brief an Kardinal Angelo Becciu geschrieben, der sein Sondergesandter in Oran für die bevorstehende Seligsprechung von Bischof Pierre Claverie (1938-1996) und seinen Begleitern, den Märtyrern aus Algerien, ist. Claverie war Bischof von Oran. Der Dominikaner wurde wenige Wochen nach den Märtyrer-Mönche von Tibhirine bei einem Bombenattentat zusammen mit seinem muslimischen Chauffeur vor seinem Bischofshaus getötet.
In seinem Brief schreibt der Papst auf Lateinisch: „Derselbe Jesus, Sohn Gottes, der unverschuldet Verfolgung und grausamen Tod am Kreuz erlitten hat, hatte seinen Jüngern vorhergesagt: ,Kein Diener ist größer als sein Herr. Wenn ich verfolgt werde, wirst auch du verfolgt werden.´ (Joh 15,20).“ Diese Worte, erklärt der Papst, werden nach wie vor in verschiedenen Regionen und Wegen bestätigt und zeigten uns, dass „Verfolgungen keine Realität der Vergangenheit sind, denn auch heute erleiden wir sie, ob blutig, wie so viele zeitgenössische Märtyrer, oder subtiler, durch Verleumdungen und Lügen“.
Enführung während des Bürgerkriegs
Die französischen Trappisten des 1938 gegründeten Klosters Notre-Dame de l'Atlas im Norden Algeriens wurden im März 1996 während des Bürgerkriegs entführt. Zu der Tat bekannte sich eine terroristische Splittergruppe, die die Freilassung eines ihrer Anführer verlangte. Gut zwei Monate später, Ende Mai, wurden die abgetrennten Köpfe der Mönche gefunden; die Körper blieben bis heute verschwunden.
Und bis heute ist auch unklar, ob die sieben Trappisten tatsächlich von ihren Entführern oder aber vom algerischen Militär und Geheimdienst getötet wurden. Der französische Regisseur Xavier Beauvois griff die Ereignisse in seinem vielfach preisgekrönten Film „Von Menschen und Göttern“ (2010) auf und machte ihr Schicksal damit einem breiteren Publikum bekannt.
Diese Seligsprechung biete jedoch die Möglichkeit, die Geschwisterlichkeit und das Verständnis zwischen Christen und Muslimen in einem von vielen Vorurteilen und Gewalt geprägten Klima zu stärken. Das betont im Gespräch mit Pope Kardinal Becciu. Er bezeichnet das Beispiel der Mönche von Tibhirine als eine Besonderheit auch für den aktuellen Stand des interreligiösen Dialogs, insbesondere in Europa.
Auch vier Weiße Väter unter den Märtyrern
Unter den 19 Märtyrern Algeriens befinden sich vier Missionare Afrikas, auch bekannt als Weiße Väter. Der derzeitige europäische Provinzial der Missionare Afrikas kannte die gemarterten Priester, deren Zeugnis für die Kirche und Algerien nach wie vor von Bedeutung ist. Pater Gérard Chabanon ist der europäische Provinzial der Missionare Afrikas. Er kannte die vier Priester, die am 8. Dezember selig gesprochen werden, und erinnert sich an seine Treffen.
Die Ordensmänner lebten in ihrem Kloster im Atlasgebirge im Einvernehmen mit der lokalen muslimischen Bevölkerung, von der sie für ihre Dienste etwa zur medizinischen Versorgung der Menschen allseits geachtet wurden. Die bedrohten Mönche von Tibhirine hätten nicht ausgeharrt, um ihre christliche Gemeinschaft zu verteidigen, sagte Kurienkardinal Becciu in einem Interview mit dem Portal „cath.ch“.
Der frühere Erzbischof von Algier, Henri Antoine Marie Teissier, betonte im Vorfeld der Seligsprechung, dass das abgeschlossene Verfahren „Pierre Claverie und 18 Gefährten“ tatsächlich allen Opfern – auch den muslimischen – der damaligen islamistischen Gewalt gewidmet sei. Nach Angaben des heute 89-jährigen Erzbischofs Teissier entstand der Wunsch nach einer Seligsprechung der algerischen Märtyrer bei einer Pilgerfahrt nach Rom im Heiligen Jahr 2000. Papst Johannes Paul II. habe damals bei einer Gedenkfeier im Kolosseum für die Märtyrer des 20. Jahrhunderts auch die Trappisten von Tibhirine erwähnt.
Allerdings, so Erzbischof Teissier, habe es zu Beginn keineswegs Einstimmigkeit in der Frage gegeben. Andere Ordensgemeinschaften, etwa die Weißen Väter, verwiesen darauf, dass es in anderen Ländern Afrikas ebenfalls Opfer gegeben habe, so im Kongo oder in Ruanda – warum also die Algerier hervorheben? Und die Kleinen Schwestern vom Heiligsten Herzen Jesu hätten geltend gemacht, dass es nicht ihre Berufung sei, „sich in den Vordergrund zu setzen“. Es habe Jahre gebraucht, bis das Verfahren schließlich 2007 tatsächlich aufgenommen wurde.
Das es nun so schnell geht, hält der Erzbischof allerdings für wenig erstaunlich: Das Glaubenszeugnis der algerischen Märtyrer sei „von großer Aktualität“; siehe auch die Ermordung des französischen Priesters Jacques Hamel durch Islamisten im Juli 2016. Hamel, ein früherer Algerien-Soldat, hatte eine starke geistliche Bindung zu den Mönchen von Tibhirine. Und der Postulator der „19 algerischen Märtyrer“, der Trappist Thomas Georgeon, sagte zuletzt, deren Seligsprechung könne auch eine neue geistliche Dynamik für den islamisch-christlichen Dialog bringen.
(kna/vatican news – mg)
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