Synode: Kardinal Marx mahnt zu mehr Förderung von Frauen in der Kirche
Gudrun Sailer – Vatikanstadt
„Um der eigenen Glaubwürdigkeit willen“ müsse die Kirche Frauen „bis auf die Ebenen von Bistum, Bischofskonferenz und auch im Vatikan selbst, noch weitaus mehr an Führungsaufgaben beteiligen“, so Marx in seinem Redebeitrag, den die Deutsche Bischofskonferenz am Donnerstagabend verbreitete.
„Wir müssen das wirklich wollen und auch umsetzen“, mahnte der deutsche Kardinal, der als Angehöriger der K9-Gruppe zu den direkten Beratern von Papst Franziskus zählt. „Der Eindruck, dass die Kirche, wenn es um die Macht geht, letztlich eine Männerkirche ist, muss in der Weltkirche und auch hier im Vatikan überwunden werden“, andernfalls würden „die jungen Frauen bei uns keine wirkliche Gestaltungmöglichkeit finden“. Es sei „höchste Zeit“, mahnte Marx.
Frauen in kirchlichen Führungspositionen würden entscheidend dazu beitragen, „geschlossene klerikale Zirkel aufzubrechen“, so der deutsche Kardinal mit Blick auf die Missbrauchsdebatte. Im Übrigen hätten die deutschen Bischöfe sich bereits vor fünf Jahren dazu verpflichtet, die Teilhabe von Frauen an den Leitungsaufgaben der Kirche theologisch und pastoral weiter zu klären.
(Pope)
Dokument
Wir dokumentieren im Folgenden den gesamten Redebeitrag von Kardinal Reinhard Marx bei der Jugendsynode von diesem Donnerstag.
1. Das Instrumentum laboris kritisiert: „Die Wut junger Menschen angesichts von Korruption und zunehmender struktureller Ungleichheit, von Nichtachtung der Menschenwürde, Menschenrechtsverletzungen, Diskriminierung von Frauen [auch in der Kirche] und Minderheiten, organisierter Gewalt und Ungerechtigkeit scheint in den Antworten der BK [= Bischofskonferenzen] nicht genügend berücksichtigt.“ (IL 128)
2. Die deutschen Bischöfe haben sich 2013 in einer Erklärung dazu verpflichtet,
• den Anteil von Frauen an den Führungspositionen in der Kirche, die allen Laien zugänglich sind, deutlich zu erhöhen,
• die Teilhabe von Frauen (und Laien insgesamt) an den Leitungsaufgaben der Kirche theologisch und pastoral weiter zu klären,
• eine geschlechtersensible Pastoral in Theologie und Praxis zu fördern.
3. Zur Umsetzung dieser Erklärung wurden verschiedene Projekte angestoßen:
• Die deutschen Bischöfe haben sich theologisch in „Gemeinsam Kirche sein“ (2015) mit Fragen der Leitung auch von Frauen in der Kirche befasst.
• Ein Mentoring-Programm für Frauen in der Kirche (Hildegardis-Verein gemeinsam mit der Deutschen Bischofskonferenz) hat die Vielfalt an Leitungsaufgaben in der Kirche deutlich gemacht und fast 100 Frauen auf eine Führungsaufgabe in der Kirche vorbereitet.
• Bei einem Studientag haben sich die deutschen Bischöfe mit der Genderdebatte befasst und damit weiterreichende Fragen zur Anthropologie und Sexualmoral, zur Sakramenten- und Ämtertheologie und zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche jenseits traditioneller Geschlechterrollen und egalitärer Rollenmuster diskutiert.
4. Die umfangreiche Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ (2018) benennt vor allem „klerikale Strukturen und eine klerikale Amtsführung in der katholischen Kirche“, die zu solch massivem sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung in der Kirche beigetragen haben. Frauen in kirchlichen Führungspositionen tragen entscheidend dazu bei, geschlossene klerikale Zirkel aufzubrechen.
5. Wenn, wie es das Instrumentum laboris fordert, die Kirche die Würde der Frau unterstützen will (vgl. Nr. 158), dann reicht es nicht, die entsprechenden lehramtlichen Texte zu wiederholen. Wir müssen uns den oft unbequemen und ungeduldigen Fragen der jungen Menschen nach der Gleichberechtigung von Frauen auch in der Kirche stellen. Wir können uns nicht mehr einfach aus den Diskursen der Gegenwart heraushalten und müssen neu eine Streitkultur lernen, um uns argumentativ und orientierend in die gesellschaftlichen Debatten zu zentralen Grundfragen des Menschseins, wie der Sexualität, der Rollen von Frauen und Männern und der menschlichen Beziehungsgestaltung, einzubringen. Und wir müssen um der eigenen Glaubwürdigkeit willen, Frauen auf allen Ebenen der Kirche, von der Pfarrei bis auf die Ebenen von Bistum, Bischofskonferenz und auch im Vatikan selbst, noch weitaus mehr an Führungsaufgaben beteiligen. Wir müssen das wirklich wollen und auch umsetzen! Der Eindruck, dass die Kirche, wenn es um die Macht geht, letztlich eine Männerkirche ist, muss in der Weltkirche und auch hier im Vatikan überwunden werden. Sonst werden die jungen Frauen bei uns keine wirkliche Gestaltungmöglichkeit finden. Es ist höchste Zeit!
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