Päpstliche Kinderklinik: Mehr Forschung, mehr Nächstenliebe
Anne Preckel – Vatikanstadt
Unheilbar, doch nicht hoffnungslos – für dieses Motto hatte das Kinderkrankenhaus des Heiligen Stuhles in den letzten Monaten immer wieder geworben. Über die tragischen Todesumstände der beiden britischen Kleinkinder Charlie Gard und Alfie Evans, die an unheilbaren Krankheiten litten, berichtete im Sommer 2017 und im Frühjahr 2018 internationale Medien. Die Vatikanklinik hatte damals eine Behandlung der Kinder angeboten, als die kleinen Patienten in ihrem Heimatland bereits aufgegeben worden waren.
Bestens vernetzt und Vorreiter in der Forschung
Gerade mit Blick auf seltene und schwer heilbare Krankheiten setzt das Bambino Gesu-Krankenhaus auf internationale Kooperation und auch Bewusstseinsbildung. Das zeigen die letzten Initiativen der Einrichtung, über die auch der vorliegende Bilanzbericht Aufschluss gibt. So sei das Bambino Gesu als Mitglied in 15 europäischen Netzwerken das am besten vernetzte Kinderkrankenhaus Europas, heißt es darin. Ziel sei hier, Wissen über seltene Krankheiten auszutauschen und entsprechende Therapien zu entwickeln. Nach den kontroversen Fällen Alfie und Charlie hatte das Kinderkrankenhaus zudem eine Debatte zwischen Ärzten, Politikern und Kirchenvertretern angeregt und über Möglichkeiten palliativer Behandlungen informiert.
Allein in Italien betreut die Klinik 13.203 Patienten mit seltenen Krankheiten. Das Bambino Gesu-Krankenhaus forscht auf diesem Feld an vorderster Front: so hätten Wissenschaftler der Einrichtung im vergangenen Jahr 16 neue seltene Krankheiten mithilfe einer Genom-Datenbank und Bioinformatik-Techniken identifizieren und den Betroffenen Gewissheit geben können, heißt es ub den jetzt veröffentlichten Bericht. Insgesamt habe man mehr als der Hälfte der betreuten Patienten Aufklärung über ihr Leiden geben können.
Enoc: Kinderhospiz in Rom geplant
International engagiert sich das Bambino Gesu in Form von Hilfsprojekten und als Ausbilder: „Unsere Klinik ist ein Krankenhaus, das sich entschieden hat, der Welt zu öffnen und seine Kompetenzen zu teilen“, brachte es die Präsidentin der Kinderklinik, Mariella Enoc, bei Vorstellung des Jahresberichtes am Mittwoch in Rom auf den Punkt. Dabei kooperiere man sowohl mit Konfliktländern als auch mit entwickelten Ländern wie China und Russland. „Ich denke, das ist das wichtigste, das wir beizutragen haben. Wir haben nicht gerade Geld, aber unser Wissen“, so Enoc gegenüber Pope.
Die Bambino Gesu-Präsidentin kündigte weiter an, die Kinderklinik des Heiligen Stuhles plane in Rom ein Kinderhospiz, einen Ort also, an dem sterbenskranke Kinder bis zu ihrem Tod umsorgt und begleitet werden. Die Einrichtung „Villa Luisa" werde ab Januar öffnen und sei „die erste Kinder-Palliativeinrichtung in Süditalien", so die Klinikleiterin.
Weiter kündigte Enoc einen Neubau am Zweitsitz des Krankenhauses in Palidoro unweit von Rom an, der Platz für 70 Patienten und ihre Familien biete. Auch wolle man zum Krankenhaus gehörende Flächen auf dem römischen Gianicolo-Hügel erneuern und sich dort platzmäßig vergrößern.
Lebensrettung und Organtransplantationen
Die Klinik habe ihre Forschungstätigkeit in den letzten fünf Jahren verdoppelt und sei im pädiatrischen Bereich in Italien heute das bedeutendste Forschungszentrum, was wissenschaftliche Veröffentlichungen angeht, hält der Jahresbericht weiter fest. Mehr als ein Drittel der Forschungsprojekte widme sich dabei der Krebsforschung und seltenen Krankheiten, Kooperationen bestünden insbesondere mit Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich und den USA.
Herausragende Leistungen erbringt das päpstliche Kinderkrankenhaus nach wie vor bei den Organtransplantation: das Bambino Gesu sei in Europa das einzige Krankenhaus, das jede Form von heute möglichen Transplantation für Kinder anbietet, heißt es in dem Bericht. 2017 seien 138 Knochenmarkstransplantationen, 31 Lebertransplantationen, 27 Hornhauttransplantationen und 28 Nierentransplantationen vorgenommen worden. Acht Mal sei ein echtes, zehn Mal ein künstliches Herz eingesetzt, 46 Herzklappen seien repariert worden. Insgesamt habe man im vergangenen Jahr 321 Organe beziehungsweise Gewebe verpflanzt, damit sei ein Drittel aller pädiatrischer Transplantationen in Italien im Bambino Gesu durchgeführt worden.
Eine Neuheit sei die Einrichtung eines Kreißsaals für Risikoschwangere im Jahr 2017 gewesen. Auf diese Weise könne man die Überlebenschancen von Ungeborenen mit schweren Beeinträchtigungen erhöhen, weil diesen der gefährliche Transport nach der Geburt erspart wird. 19 solcher Kinder seien 2017 im Bambino Gesu-Krankenhaus zur Welt gekommen und dort betreut worden.
Infektionsrisiko gesenkt
Anders als andere Krankenhäuser habe die Klinik bei der Behandlung komplexer Fälle das Infektionsrisiko in den letzten Jahren senken können, heißt es weiter. Krankenhausinfektionen stellen eine der häufigsten und schwerwiegendsten Komplikationen im Gesundheitsbereich dar. Die Infektionsrate der römischen Einrichtung sei im letzten Jahr weiter gesenkt worden und liege heute entschieden unter dem europäischen Mittelwert.
In punkto Wirtschaftlichkeit und soziale Nachhaltigkeit stellt sich die Bilanz der Kinderklinik den Angaben nach positiv dar. So habe man trotz der steigender Kosten durch mehr medizinische Eingriffe und ambulante Behandlungen im Jahr 2017 keine Verluste gemacht, nachhaltig gewirtschaftet und könne sogar mehrere Millionen Euro Mehreinnahmen vorweisen. Diese seien zu mehr als 50 Prozent dem Personal zugutegekommen, auch die Dienstleistungs- und Forschungspartner des Krankenhauses hätten davon profitiert.
Sozialdienste am Stadtrand und humanitäre Projekte
Teil der Therapie im Bambino Gesu ist die Einbeziehung der Familien der behandelten Kinder. Die Struktur stellt täglich ungefähr 200 Zimmer für Angehörige kostenlos zur Verfügung. Das Angebot richtet sich vor allem an auswärtige Familien, möglich werde es durch ein Solidaritätsnetzwerk aus Familienhäusern, Non-Profit-Strukturen und Hoteliers-Vereinen. Im Jahr 2017 habe man auf diese Weise 3.520 Familien untergebracht.
Über die Sozialdienste der Klinik hätten im selben Jahr 2.046 Familien versorgt werden können. Dabei habe das Krankenhaus ausländischen Patienten und deren Familien in 45 Sprachen geholfen. Mobile Einheiten der Klinik kümmern sich zudem um arme Kinder aus schwierigen Verhältnissen an den Stadträndern Roms, etwa in den Lagern der Sinti und Roma. Allein 2017 hätten fast 1.500 Besuche stattgefunden. Die Initiative wurde im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit, das Papst Franziskus ausgerufen hatte, aufgenommen.
Auch die humanitären Einsätze und Ausbildungsprojekte des Bambino Gesu gehen weiter, so ist die Klinik in Krisenländern wie Zentralafrika, Äthiopien, Jordanien, Syrien, Palästina und Kambodscha aktiv und unterstützt die Ausbildung medizinischen Personals in Russland, Georgien und China. 55 Patienten aus Konfliktländern wurden 2017 in dem Krankenhaus in Rom gratis behandelt.
(bambino gesu/vatican news – pr)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.