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Bischof Marcello Semeraro Bischof Marcello Semeraro 

Kurienreform: Papst setzt im Reformprozess auf Synodalität

Der K9-Kardinalsrat will Papst Franziskus den Entwurf der neuen Kurienordnung noch dieses Jahr - im September - vorlegen. Damit liegt das letzte Urteil zur Nachfolgeordnung von „Pastor Bonus" schon bald beim Papst selbst. Im Gespräch mit uns gibt der Sekretär des Kardinalsrates, Marcello Semeraro, Einblick in den intensiven Arbeitsprozess, er berichtet vom besonnenen Stil des Papstes bei den Beratungen und lenkt das Augenmerk auf Bereiche der Reform, die bereits Früchte tragen.

Anne Preckel und Alessandro Gisotti - Vatikanstadt

Der Kardinalsrat hatte den Entwurf zur Kurienordnung mit dem Arbeitstitel  â€žPraedicate Evangelium" („Predigt das Evangelium") vor gut einer Woche verabschiedet. In den kommenden Monaten werde das Dokument noch geglättet und korrigiert, bevor es dann im September dem Papst vorgelegt werde, sagt der Sekretär des Kardinalsrates und Bischof von Albano, Marcello Semeraro, im Interview mit Pope. Der genaue Zeitpunkt für die Übergabe dürfte schon feststehen, denn das nächste Treffen des Kardinalsrates ist für den 10.-12. September angekündigt. 

Bischof Semeraro: Im September wird dem Papst ein in sich stimmiger Text übergeben werden. Dieser ist ja im Entwurf im Großen und Ganzen schon umrissen. Der Entwurf wird in den kommenden Monaten verfeinert und weiter verbessert, um dem Papst dann einen homogenen Text übergeben zu können, der ausgewogen sein soll, auch in sprachlicher Hinsicht. Und dann wird es, wie das auch bei Pastor Bonus der Fall war, Konsultationen des Papstes mit den jeweiligen Organismen geben, sicher mit den Dikasterien und allen anderen Einheiten der Römischen Kurie.

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Pope: Hat der Papst sich eigentlich zur Zukunft des Kardinalsrates geäußert?

Bischof Semeraro: Der Kardinalsrat ist vom Papst nicht vorrangig für die Kurienreform eingerichtet worden, sondern als Beratungsgremium, das ihn selbst bei der Leitung der Weltkirche unterstützen sollte. Aus den Begegnungen des Vorkonklaves hatte sich das Projekt ergeben, sich auch die Apostolische Konstitution neu anzusehen. Doch auch wenn der Rat jetzt dem Papst den neuen Konstitutionstext überreicht, wird er mit seinen bisherigen Aktivitäten weitermachen. Möglicherweise wird dieses Gremium, aber das weiß ich nicht genau, dem Papst vor allem als Unterscheidungsinstrument dienen, das er in Anspruch nimmt, wenn er das für nötig hält. 

„Langsamkeit bedeutet nicht Unlust an der Reform“

Pope: Es gibt Stimmen, die sagen, die Reform geht zu langsam voran. Wie sehen Sie das?

Bischof Semeraro: Was die Langsamkeit betrifft: der Arbeitsprozess zu Pastor Bonus hat ungefähr so lange gedauert wie die Arbeit am jetzigen Text, hier ist von 5 Jahren die Rede. Der Unterschied ist, dass der aktuelle Prozess stärker beobachtet wird und auch in regelmäßigen Briefings des Vatikanischen Pressesaals aufgegriffen wird. Die Arbeit der Reform ist also nicht geheim, sondern vollzieht sich unter den Augen aller, was möglicherweise den Eindruck von Langsamkeit erzeugt. Langsamkeit finde ich allerdings nicht schlimm, denn in einer schnellen, beschleunigten Zeit würde ich so was eher loben. Da bedeutet Langsamkeit bedeutet nicht Unlust an der Reform, sondern in diesem Fall Besonnenheit!

Pope: Der Kardinalsrat hat über 100 offizielle Sitzungen gehabt – wie haben sich die Arbeiten innerhalb dieses fünfjährigen Prozesses entwickelt?

„Einige Reformen wurden bereits Wirklichkeit“

Bischof Semeraro: Die betreffenden Reformbereiche wurden konsultiert, also die Dikasterien-Chefs und Verantwortlichen der verschiedenen Büros der Römischen Kurie. Das ist bereits geschehen, wenn sich auch die öffentliche Aufmerksamkeit eher auf einige administrative Aspekte konzentriert hat. Ich möchte dagegen etwa auf die Einrichtung der Dritten Sektion im Staatssekretariat hinweisen oder auf die Übersetzung und Anpassung der liturgischen Texte, was die Gottesdienst-Kongregation betrifft. In diesen Aspekten ist der Reformprozess nicht langwierig, sondern ein Prozess, der bereits Wirklichkeit wird bei wichtigen Fragen, die aber vielleicht nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wie etwa wirtschaftliche Fragen. Ich denke dagegen, das das Bereiche sind, die recht wichtig sind für das kirchliche Leben.

„Der Papst wollte direkt zuhören“

Pope: Wie würden Sie die Teilnahme des Papstes an diesem Prozess beschreiben, wie haben Sie ihn erlebt bei den Sitzungen des Kardinalsrates, was liegt ihm besonders am Herzen?

Bischof Semeraro: Der Papst hat in einer wichtigen Rede (zur 50-Jahr-Feier der Bischofskongregation) gesagt: Synodalität beginnt mit dem Zuhören, und er präzisierte dann: dem gegenseitigen Zuhören. Der Stil des Papstes bei diesen Treffen ist Folgender: Er hat nicht einmal zu Beginn der Arbeiten des Kardinalsrates eine offizielle Rede gehalten, sondern wollte direkt zuhören und wissen, was für Ideen die Kardinäle in diesem ersten Sommer bei ihren Beratungen gesammelt hatten. Ich erinnere mich daran, dass es in dieser Zeit über 100 Dossiers gab, die ich untersuchen und ordnen musste für das Archiv. Der Papst hört also zu. Er schaltet sich auch manches Mal taktvoll in die Gespräche ein und antwortet, wenn um seine Einschätzung gebeten wird. Ein Kennzeichen ist seine Zurückhaltung, es ist jene Tugend der Umsicht eines Regierenden, von der auch der heilige Thomas von Aquin spricht.

„Unterscheidung beginnt nicht mit bereits getroffenen Entscheidungen“

Pope: Also Zuhören, um dann einen Prozess der Unterscheidung zu beginnen…

Bischof Semeraro: Ja, die Unterscheidung beginnt nicht mit bereits getroffenen Entscheidungen – man begibt sich in einen Dialog und versucht, sich in die Perspektive des anderen zu begeben. Das verlangt natürlich viel mehr Anstrengungen als einfach eine Mehrheits- oder Minderheitenentscheidung zu erwägen und zu treffen. Der Kardinalsrat macht normalerweise eine Abstimmung zu den verschiedenen Punkten. Da, wo man keine klare Einstimmigkeit erreicht, etwa acht zu neun Stimmen, da entscheidet der Rat, erneut über die jeweilige Frage nachzudenken.

Pope: Sie haben die Gespräche begleitet, was hat Sie bei den intensiven Arbeiten am meisten beeindruckt?

Bischof Semeraro: Was mich immer positiv beeindruckt hat, war die volle Bereitschaft der Mitglieder des Kardinalsrates, dem Wunsch des Papstes nachzukommen und diesen Reformprozess der Kurie auf den Weg zu bringen. Auch wenn ich hier präzisieren möchte, dass sich die Kurie als Instrument des Dienstes immer in einem Reformprozess befindet, einem Prozess der Anpassung, um immer dem Bedürfnis der Kirche zu entsprechen.

Die Fragen stellte Alessandro Gisotti von Pope; das Gespräch wurde auf Italienisch geführt. 

(vatican news)

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22. Juni 2018, 16:04