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Ibrahima Lo und Papst Franziskus bei ihrer Begegnung in der Casa Santa Marta Ibrahima Lo und Papst Franziskus bei ihrer Begegnung in der Casa Santa Marta 

„Der Papst streichelte meine Narben“

Es war eine emotionale Begegnung, die der junge Senegalese Ibrahima Lo am letzten Dienstag mit Papst Franziskus in der Casa Santa Marta erlebt hat. Im Gespräch mit Radio Vatikan schildert er die unter anderem die Folter in libyschen Gefängnissen, die er während seiner Migration nach Europa erlebt hat.

Francesca Sabatinelli - Vatikanstadt

Der Papst strich über Ibrahimas Narben und versprach ihm, für diejenigen zu beten, die auf dem Meeresgrund ruhen, für die Männer, Frauen und Kinder, die immer noch in libyschen Lagern eingesperrt sind, und für diejenigen, die auf der Suche nach einem sicheren Ort die Sahara durchqueren. Er bete auch für die Armen weltweit, besonders für jene in Afrika, die oft kaum Zugang zu Wasser oder Nahrung haben, und für diejenigen, die unter Bombenangriffen sterben.

Ibrahima Lo, heute 23 Jahre alt, war erst 16, als er 2017 den Senegal in Richtung Europa verließ. Zusammen mit dem Gambier Ebrima Kuyateh konnte er am 2. Juli auf Franziskus treffen. Begleitet wurden sie unter anderem von Pater Mattia Ferrari, Kaplan von Mediterranea Saving Humans, und dem Gründer der NGO, Luca Casarini.

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Das Treffen mit Franziskus

„Ich war gerührt, als sie mich anriefen und sagten, der Papst uns sehen wollte. Ich war gerührt und aufgeregt“, berichtet Ibrahima. „Normalerweise sieht man ihn nur von weitem, umgeben von vielen Menschen. Doch stattdessen war ich mit ihm in einem Raum und konnte ihn berühren. Er sagte zu mir: 'Ibrahima, wie geht es dir? Wo wohnst du?' Ich übergab ihm mein Buch, erzählte ihm meine Geschichte und bat ihn, für die Leidenden zu beten, auch für meinen Freund, der in Libyen im Gefängnis davon träumte, nach Italien zu kommen und Fußballer zu werden. Doch er hat es nicht geschafft, er ertrank im Meer. Der Papst versprach, für ihn zu beten. Ich erklärte ihm auch, dass ich Muslim bin, aber ein Pfadfinder gewesen sei, weil ich an Geschwisterlichkeit glaube. Er sagte mir: 'Wir sind alle Geschwister, und Kinder Gottes'. Das hat mich sehr beeindruckt.“

Die Narben, die Kraft geben

Ibrahima lebt in Venedig und ist Autor von zwei Büchern. Sein neuestes Buch, das am 15. Juni erschien, trägt den Titel „New Journey - My Voice from the Shores of Africa to the Streets of Europe“. Sein erstes Buch „Bread and Water. Vom Senegal über Libyen nach Italien“ enthält die Zeugnisse von Männern, Frauen und Kindern, die es geschafft haben - und einigen, die es nicht geschafft haben.

Im Buch beschreibt er auch die Narben, die seine gefährliche Reise hinterlassen hat, und wie diese Narben ihm die Kraft geben, weiterzumachen und seine Erfahrungen mit anderen zu teilen. Ibrahima verbrachte von den sechs Monaten seiner Reise, nachdem er den Senegal verlassen hatte, nur drei Wochen in Freiheit. Den Rest der Zeit verbrachte er in libyschen Gefängnissen, wo er täglich geschlagen und gefoltert wurde.

„Einmal kamen diese Libyer in unsere Zelle und sagten uns, dass wir Geld zahlen müssten, um freizukommen, was wir allerdings nicht hatten. Sie befahlen uns, ihnen die Nummer von jemandem zu geben, der für uns zahlen könnte. Drei von uns, zwei Nigerianer und ein Gambier, hatten niemanden“, und die Libyer töteten sie vor Ibrahimas Augen. Die einzige Verteidigung des damals 16-jährigen Jungen gegen die Schläge seiner Peiniger waren seine Hände, die er hochhob, um „meinen Kopf zu schützen“. Heute tragen diese Hände die Narben, die der Papst berührte.

Moussa, Farah und die, die es nicht geschafft haben

Ibrahima hat im Senegal nur eine Tante. Die Entscheidung, nach Europa zu gehen, fiel ihm als Waise leicht. Er träumt davon, „Journalist zu werden, um den Stimmlosen eine Stimme zu geben“. Selbst auf einer so beschwerlichen Reise findet man Freunde, versichert er. „Aber nur wenige Menschen haben mir geantwortet, das heißt, viele haben es nicht geschafft“, bedauert er.

Eine für ihn unvergessliche Erinnerung ist seine Rettung und die der Menschen, die mit ihm auf dem Schlauchboot waren. „Es war die Angst, die wir hinter uns ließen. Wir hatten Angst, zu den Libyern zurückgebracht zu werden, und in diesem Moment wäre es besser gewesen, auf dem Meer zu sterben, als nach Libyen zurückzukehren und endloses Leid zu erfahren.“ Ibrahima erinnert sich, dass viele weitere Menschen, die mit ihm die Überfahrt angetreten hatten, in „schwarzen Säcken von Bord gingen“. Da sei ihm klargeworden, dass sie es nicht geschafft hatten. Zu ihnen gehörte Moussa, mein Freund, der davon träumte, Fußballer zu werden“.

Der Papst sprach mit Ibrahima und Pato über die Narben des Körpers und des Herzens, für die es, wie der junge Senegalese erklärte, „keine Medizin, keinen Arzt, nicht einmal ein Krankenhaus gibt“, denn es sind Krankheiten, die die vielen Ibrahimas immer mit sich tragen werden.

(vatican news – mg)

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05. Juli 2024, 13:40