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Priester aus Deutschland beim Papst: Liudger Gottschlich (rechts) war auch dabei Priester aus Deutschland beim Papst: Liudger Gottschlich (rechts) war auch dabei 

Papst empfängt deutschsprachige Priester, die Opfer von Missbrauch wurden

Papst Franziskus hat an diesem Dienstagvormittag einige Priester aus dem deutschen Sprachraum empfangen, die in jungen Jahren Missbrauchsopfer waren. Bereits vor einiger Zeit hatte das katholische Kirchenoberhaupt eine Gruppe aus der Erzdiözese München und Freising bei einer Generalaudienz begrüßt. Auch diesmal sei es ein intensiver Austausch gewesen.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Liudger Gottschlich, ein Priester aus der Erzdiözese Paderborn, ist ein Betroffener von Missbrauch durch einen Priester im Alter von elf Jahren. Und heute arbeitet er unter anderem selbst als Seelsorger für Betroffene. Die Arbeit mache er schon seit über 30 Jahren, erläutert er gegenüber Radio Vatikan. In diesen 30 Jahren seien ihm viele Menschen begegnet, die Missbrauch auch gerade in der Kirche erlebt hätten.

Hier hören Sie das Interview mit Liudger Gottschlich

„Wir haben ihn als sehr interessiert, sehr offen, aber auch als sehr ermutigend und stärkend erlebt“

Das Treffen am Dienstagvormittag in der Casa Santa Marta, der Residenz des Papstes im Vatikan, fand in einer „besonderen Atmosphäre“ statt: „Wir sind als Priester, die selbst Missbrauch erlebt haben, in der Kirche in einer schwierigen Situation. Am liebsten sollten wir unsichtbar sein, denn wir erinnern die Kollegen immer wieder an dieses Thema. In Deutschland laufen die Menschen zu Zehntausenden aus der Kirche fort wegen dieses Themas. Und wir erinnern immer wieder daran, dass dieses Thema nicht erledigt ist“, erläutert Gottschlich im Gespräch mit Radio Vatikan. Und so erfahren sie generell in der Kirche oft keine große Unterstützung oder Rückendeckung, „sondern der Wunsch, dass wir unsichtbar sind“, so der Geistliche weiter und fügt dann an: „Das berichten auch die Mitbrüder, mit denen wir uns hier getroffen haben. Dieses Gespräch mit dem Papst heute war anders. Es war eine andere Ausnahme. Wir sind in seinem privaten Wohnzimmer gewesen. Es war ein sehr intimes Gespräch, ein sehr vertrautes Gespräch. Wir haben ihn als sehr interessiert, sehr offen, aber auch als sehr ermutigend und stärkend erlebt. Das ist etwas, was nicht überall in unseren Diözesen durch die Vorgesetzten geschieht. Es ist eine besondere Ausnahme gewesen heute.“

Was er vom Gespräch mit dem Papst mitnehmen wird

Was er von diesem Gespräch mit nach Deutschland nehme, sei folgende Bestärkung: „Das eine ist die Arbeit mit den betroffenen Menschen. Der Papst hat uns sehr stark ermutigt, die eigenen Wunden fruchtbar zu machen für die seelsorgliche Arbeit und zu versuchen, soweit das überhaupt möglich ist, heilend zu wirken. Darin hat er uns sehr stark ermutigt. Und zugleich hat dieses Treffen auch noch einmal gezeigt, dass es notwendig ist, nicht stumm zu werden, sich nicht wieder mundtot machen zu lassen, sondern dieses Thema in der Kirche wachzuhalten.“

Man sage immer, Missbrauch geschehe zum großen Teil in den Familien und in der Kirche seien es nur ein paar Prozent. Und dann kämen die Sportvereine und Ähnliches, doch das sei zu verkürzt: „Denn wenn ich theologisch denke, ist das falsch. Die Kirche, das sind alle Getauften und die, die missbraucht haben vor 20 oder 70 Jahren, waren ebenfalls alles Getaufte. Deshalb ist dieses Thema des Missbrauchs in der Kirche viel größer und wir können es nicht einfach aufteilen in Familien und andere Gesellschaftsteile. Und wir hätten dann nur einen kleinen Teil daran zu erinnern und auch an die Verantwortung ins Gedächtnis zu rufen, die wir als Kirche für diese vielen Menschen haben.“ Das nehme er von dem Gespräch mit Franziskus als Ermutigung ebenfalls mit, fügt er an.

Eine Bitte an alle

Was Gottschlich gerne einmal von seiner Seite gesagt haben will, ist Folgendes: „Habt keine Angst, auf Betroffene von Missbrauch zuzugehen. Ich glaube, das ist das größte Problem, dass Menschen, die sich öffnen und erzählen, dass sie missbraucht sind, Ängste auslösen. Wie geht man damit um? Was tut man? Verletzt man sie neu? Und die Folge ist, dass gerade die Betroffenen dann sehr alleine sind, sehr einsam sind und sich verlassen fühlen. Diese Angst möchte ich nehmen. Hingehen und fragen: Was brauchst du? Und dann werden die Opfer und die Betroffenen von Missbrauch schon selbst sagen, was man dann tun kann. Aber bitte, überwindet eure Angst!“(vatican news)

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25. Juni 2024, 13:59